Am Ende seines Meilensteins kämpfte Martin Schindler mit den Tränen - vor Stolz auf seine Leistung und vielleicht auch vor Überraschung über sich selbst. Der 28-Jährige gewann am Sonntagabend die Austrian Darts Open in Graz. Sein dritter Sieg auf der European Tour, sein vierter Turniererfolg bei einem PDC-Event. Es war ein in vielerlei Hinsicht besonderer Coup, wie auch SPORT1-Experte Robert Marijanovic findet.
„Nächstes Ziel - ein Major-Titel!“
“Man hat an seiner Reaktion gemerkt, dass es für Martin immer noch nicht selbstverständlich ist, einen solchen Titel zu gewinnen, auch wenn es schon sein vierter auf der PDC-Tour ist”, sagte Marijanovic bei SPORT1: “Das nimmt ihn extrem mit. Vielleicht liegt es auch daran, dass er auf dem Weg dorthin viele schwere Matches zu bestreiten hatte - da fällt einem Spieler umso mehr Last von den Schultern”.
Schindler hatte sich in Österreich zunächst mit Siegen über Matthew Dennant, Kevin Doets, Chris Dobey und Josh Rock in einem dramatischen Halbfinale (7:6 nach 4:6-Rückstand) bis ins Endspiel vorgekämpft. Im Finale der Austrian Open setzte er sich schließlich souverän mit 8:4 gegen den Engländer Ross Smith durch und kassierte rund 35.000 Euro Preisgeld.
Ein Triumph, der für den Dartsport in Deutschland gar historische Ausmaße annahm.
„Ein wichtiger Schritt, aber noch nicht der letzte”
Denn durch seinen Erfolg kletterte der gebürtige Strausberger in der Weltrangliste, der Order of Merit, auf Platz 18 - so hoch stand noch nie ein Deutscher.
Schindler sei nun angekommen - als “Dartsspieler und als Mensch”, stellte Marijanovic fest. “Um ihn herum ist viel passiert. Er ist Vater geworden, er hat geheiratet, er ist umgezogen, von seiner Heimat Brandenburg nach Hessen. Ich glaube, er ist in vielerlei Hinsicht erwachsen geworden. Und wenn man privat mit sich im Reinen ist, hilft das auch sportlich sehr."
Bislang hatte Gabriel Clemens mit Platz 19 die beste Platzierung inne. Für Schindler soll das aber noch nicht das Ende der Karriereleiter sein.
“Das klare Ziel sind natürlich die Top 16, die er aller Voraussicht nach erreichen wird. Wenn es für ihn jetzt so weitergeht, könnte er bei der Weltmeisterschaft sogar an Position zehn gesetzt sein. Das wäre ein wichtiger Schritt, aber noch nicht der letzte”, so Marijanovic weiter.
Wo es für Schindler, der in den vergangenen Jahren immer wieder seine Form suchte, in Zukunft noch hingehen kann? “Wir haben in diesem und im letzten Jahr gesehen, dass viel möglich ist”, schilderte Marijanovic und fügte hoffnungsvoll hinzu: „Die Top Acht würde ich nicht ausschließen. Unabhängig von der Ranglisten-Platzierung würde ich sagen: Nächstes Ziel - ein Major-Titel!”
WM? “Vom Können her wäre das Finale definitiv drin”
Das bisher beste deutsche WM-Ergebnis hält ebenfalls Clemens, der 2023 im legendären Londoner Ally Pally das Halbfinale erreichte.
Marijanovic traut Schindler einen solchen Coup grundsätzlich auch zu: “Bei einer Weltmeisterschaft ins Halbfinale zu kommen, ist brutal schwer - allein schon wegen der Länge des Turniers”, sagte er. “Man ist bis zum vorletzten Tag dabei, es passiert so viel, es gibt so viele gute Gegner, so viele Spiele.”
„Martin kann es von der Leistung her auf jeden Fall schaffen. Ob dann alle anderen Faktoren wie das Spielglück mitspielen, ist eine andere Frage. Aber vom Können her wäre das Finale definitiv drin”, legt sich Marijanovic fest.