Als Michael van Gerwen am Montagabend in München die Doppel-16 zum 8:5-Finalsieg gegen Gian van Veen traf, fiel von dem Niederländer eine große Last ab: Der Treffer bedeutete zwar aus sportlicher Sicht den Turniersieg beim German Darts Grand Prix und 30.000 Pfund Preisgeld, doch auf der persönlichen Seite hatte er einen ungleich höheren Stellenwert.
„Ich bin auch nur ein Mensch“
Er jubelte euphorisch, ballte seine Fäuste und wurde daraufhin emotional. Dem 35-Jährigen kamen noch auf der Bühne während der Siegerehrung die Tränen, wie er im anschließenden SPORT1-Interview bestätigte: „Zu 100 Prozent. Die Leute können sehen, was das Spiel noch immer mit mir macht. Ich bin auch nur ein Mensch, das bedeutet mir die Welt.“ Die Nummer drei der Welt fügte hinzu: „Ich bin überglücklich und schwebe auf Wolke sieben.“
Die rund dreitausend Fans in der Münchener Veranstaltungshalle Zenith honorierten sein ehrliches und offenes Auftreten auf der Bühne mit lautem Applaus sowie Sprechchören. Dem Niederländer war anzumerken, dass sein 38. Turniersieg auf der European Tour nicht einer von vielen war, sondern ihm persönlich in der aktuellen Lage seiner Karriere sehr hilft.
Van Gerwen offen wie selten
Der 35-Jährige hat sich in den vergangenen Monaten sehr schwergetan, Turniere für sich entscheiden zu können. Er kam zwar bis in Finale der Weltmeisterschaft, aber der letzte Schritt zum Titel gelang auch im Ally Pally nicht. So stammte bis Montagabend sein letzter Turniererfolg aus dem vergangenen September, als er die Hungarian Darts Trophy gewinnen konnte.
„Es war an der Zeit, dass ich mal wieder so spiele, aber ich weiß, woher ich komme, denn ich hatte eine schwierige Phase. So einen Turniersieg feiern zu können, gibt mir sehr viel Selbstbewusstsein“, sagte er überglücklich.
Mit dem Triumph habe er sich ein schönes Ostergeschenk gemacht: „Ich habe ein fantastisches Finale gespielt, aber es war nicht nur das eine Spiel, sondern über das gesamte Turnier hinweg habe ich sehr gut gespielt.“
Fast ausgeschieden, dann der erste 9-Darter
Dabei wäre van Gerwen beinahe gar nicht so weit gekommen, denn bereits in seiner ersten Partie gegen den Belgier Kim Huybrechts überstand er drei Matchdarts und zog mit einem dramatischen 6:5 in die nächste Runde ein. Es folgte danach ein klares 6:1 gegen Ryan Searle, ein 6:4 über Ryan Joyce sowie ein souveräner Halbfinalsieg gegen Josh Rock (7:2).
In München sorgte MvG für das große Highlight der drei Tage: Im Achtelfinale gegen Searle warf er einen 9-Darter und ließ die Halle ausrasten. Spätestens nach diesem Kunststück hatte der 35-Jährige die Zuschauer auf seiner Seite. Es war zugleich das erste perfekte Leg der Turnierhistorie von München. Van Gerwen betrachtete dies allerdings nüchtern: „Ein 9-Darter ist cool, aber am Ende auch nur ein Leg. Ich freue mich mehr darüber, Spiele und Turniere zu gewinnen.“
9-Darter seien zwar für die Zuschauer ein Riesenspektakel und er wisse, dass er der Erste in München war, „aber ich bin in vielen Dingen derjenige, der es als erstes geschafft hat. Deswegen ist mir das egal.“
Van Gerwen betonte, dass für ihn immer nur der Sieg zähle, denn „sie werden sich nur an Gewinner erinnern und nicht an Verlierer“.
MvG-Wecker klingelte schon um 4.30 Uhr
Für ihn persönlich ging es am Montagabend schnell zurück ins Hotel, denn: Am Dienstag klingelt sein Wecker bereits um 4.30 Uhr, weil sein Heimflug nach Amsterdam um 7 Uhr abhob. „Ich bin dann einen Tag zu Hause und am Mittwoch reise ich wieder nach England für die Premier League. Es sind stressige Tage, aber das ist etwas Gutes für mich, denn dann kann ich mein Spiel vom Wochenende weiter festigen und noch stabiler werden.“
In der Premier League geht es am Donnerstagabend (LIVE auf SPORT1) in Liverpool weiter. Dort steht MvG nach elf Spieltagen außerhalb der Playoff-Ränge und trifft in seinem Viertelfinale auf den Spitzenreiter Luke Littler, der in München den Einzug ins Endspiel aufgrund der Halbfinalniederlage gegen van Veen verpasste.
„Ich kämpfe für alles, gebe immer 100 Prozent und wenn sich das dann endlich wieder auszahlt, bin ich superglücklich“, erklärte van Gerwen.