Sie ist eine der besten und erfolgreichsten deutschen Eishockey-Spielerinnen. Laura Kluge hat mehrmals die Deutsche Meisterschaft gewonnen, war wertvollste Spielerin (MVP) der Playoffs und ist unverzichtbare Leistungsträgerin in der Nationalmannschaft. Dennoch musste die Berlinerin 28 Jahre alt werden und den Kontinent wechseln, um vom Eishockey leben zu können.
Unter den Besten der Welt
Kluge spielt seit Februar für die Toronto Sceptres in Nordamerikas Professional Women’s Hockey League, PWHL - der weltweit einzigen, professionellen Eishockey-Liga für Frauen. „Es ist natürlich super cool, dass man sein Hobby zum Beruf machen kann und dass man hier die Möglichkeit hat, seinen Sport wirklich ausleben zu können”, sagt Kluge nach Torontos 0:4-Niederlage bei Boston Fleet im Gespräch mit SPORT1. Allerdings betont sie auch, es sei schade, dass es „erst jetzt” passiere.
Kluge überzeugt auf Anhieb als deutsche Eishockey-Botschafterin
Die Stürmerin ist neben Nationaltorhüterin Sandra Abstreiter die einzige Deutsche in der PWHL. Im Gegensatz zu Abstreiter, die bei Montreal Victoire die Nummer drei ist und in den bisherigen 28 Saisonspielen noch nicht zum Einsatz kam, stand Kluge bei allen elf Toronto-Partien seit ihrem Wechsel von den Eisbären Berlin Mitte Februar auf dem Eis. Sie ist somit Deutschlands Eishockey-Botschafterin und sieht es als „eine Ehre” an, ihr Heimatland in der PWHL zu repräsentieren.
Eine Liga, die am 1. Januar 2024 mit sechs Teams (Toronto, Montreal, Ottawa, Boston, New York, Minnesota) ihren Spielbetrieb aufnahm und in der alle Stars der beiden dominierenden Nationen, USA und Kanada, wie Hillary Knight, Marie-Philip Poulin oder auch Kendall Coyne Schofield zu finden sind. Vor allem aber ist die PWHL eine Liga, in der die Frauen vor bis zu 21.000 Zuschauern nicht nur die Show und das Spektakel liefern, sondern auch fest zugesicherte Rechte haben.
So garantiert ihnen der acht Jahre geltende Arbeitstarifvertrag Krankenversicherung, finanzielle Unterstützung bei der Unterkunft, Altersvorsorge, Mutterschutz und Elternzeit sowie Gehälter zwischen 35.000 und 80.000 Dollar pro Saison. „Es ist sehr schön, wenn man sich wirklich nur auf den Sport konzentrieren kann und sich um nichts weiter kümmern muss”, betont Kluge.
Tennis-Ikone haucht Frauen-Eishockey neues Leben ein
Einen großen Anteil an den sozialen Komponenten hat Billie Jean King. Die ehemalige Tennis-Spielerin und Ikone im Kampf für Gleichberechtigung von Frauen hatte 1970 bereits eine führende Rolle bei der Gründung der Vereinigung der professionellen Tennis-Spielerinnen, WTA, gehabt. King war im März 2019 mit ihrer Ehefrau, Ilana Kloss, bei einem Basketballspiel der Los Angeles Lakers gewesen, als ihr Telefon klingelte. Der Anruf kam von Kendall Coyne Schofield - und war ein Hilfeschrei.
Die kanadische Liga CWHL hatte gerade ihren Betrieb wegen mangelnder Rentabilität eingestellt. Die Bezahlung war ohnehin schon schlecht gewesen und eine soziale Absicherung wie Krankenversicherung hatte es nicht gegeben. Doch nun sahen die besten Spielerinnen der Welt wie Coyne Schofield (mehrmalige Weltmeisterin und Olympiasiegerin 2018 mit den USA) ihren Traum vom Profisport endgültig zerstört.
King empfahl ihnen, als Erstes eine Gewerkschaft zu gründen, ließ ihre Kontakte spielen und fand mit Milliardär Mark Walter einen Investor. Walter ist Eigentümer der Los Angeles Dodgers aus der Major League Baseball, Mitbesitzer des FC Chelsea - und hat seit Sommer 2024 nun auch die PWHL mit ihren sechs Teams in seinem Portfolio. Investoren wie Walter seien „extrem wichtig”, unterstreicht Kluge.
In der Deutschen Frauen-Eishockey-Liga (DFEL) war sie als Sportsoldatin und habe sich deshalb „voll auf den Sport fokussieren” können, hebt Kluge hervor. Doch sie war eine Ausnahme. Ihre Mit- und Gegenspielerinnen hatten Bürojobs oder waren Studentinnen und seien „eher hobbymäßig unterwegs” gewesen. In der PWHL sind alle Profis. Profis, die, natürlich auch aufgrund der weitaus größeren Entfernungen, meistens mit dem Flieger unterwegs sind. In Deutschland, so Kluge, habe sie bei Auswärtsfahrten „immer im Bus gesessen.”
Kluge nimmt Meistertitel ins Visier
Das erste Saisonziel, sich mit Toronto für die Playoffs der besten vier Teams zu qualifizieren, hat sie schon mal erreicht. Nun gehe es darum, Meister zu werden, sagt die Berlinerin. Dass sie aus Deutschland komme, spiele im Team keine Rolle. Solange man gut Eishockey spielen könne, ergänzt sie, „hat man hier ein zu Hause.”
Ob womöglich bald noch weitere Deutsche in der PWHL arbeiten könnten? Nun, Kluge ist gerade von der Weltmeisterschaft aus Tschechien zurückgekehrt, wo sie mit Deutschland das Viertelfinale erreicht hatte. Während des Turniers hatte sie reichlich Zeit, mit ihren Mitspielerinnen über Nordamerikas Profiliga zu sprechen. Am 24. Juni trägt die PWHL in Ottawa ihren Draft aus. Das ist eine Art Talentebasar, auf dem die Spielerinnen auf die Vereine verteilt werden.
Sie wisse, sagt Kluge, wer sich von den Deutschen für den Draft angemeldet habe. Mehr wolle sie noch nicht verraten. Doch ihr Lächeln bei diesen Worten lässt vermuten, dass sie bald nicht mehr die einzige deutsche Feldspielerin in der PWHL sein wird.