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2. Bundesliga: "Dann wird es beim HSV wieder gefährlich"

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HSV? „Trainer-Entscheidung Gold wert“

Bernd Wehmeyer spricht im Interview mit SPORT1 über den sportlichen Aufschwung des HSV und gibt eine Anekdote aus seiner Zeit bei den Rothosen zum Besten.
Mit einer spektakulären Choreografie heizen die HSV-Fans ihrer Mannschaft für das Topspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern ein - und insbesondere Davie Selke spielt wie angezündet.
Bernd Wehmeyer spricht im Interview mit SPORT1 über den sportlichen Aufschwung des HSV und gibt eine Anekdote aus seiner Zeit bei den Rothosen zum Besten.

Es war ein Wochenende ganz nach dem Geschmack eines HSV-Fans: Die Hamburger gewannen am vergangenen Freitag ihr Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 3:0, während alle anderen Vereine bis Platz neun Punkte liegen ließen. Die Rothosen übernahmen die Tabellenspitze – sehr zur Freude von Bernd Wehmeyer, der 1983 mit dem HSV den Europapokal der Landesmeister gewann.

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Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der 72-Jährige, aktuell Vizepräsident des HSV e.V., über das große Ziel Aufstieg, Trainer Merlin Polzin und HSV-Boss Stefan Kuntz.

SPORT1: Herr Wehmeyer, wie viel Freude macht Ihnen gerade Ihr HSV?

Bernd Wehmeyer: Ich bin total glücklich und freue mich, dass wir gegen Kaiserslautern wieder ein Fußballfest im Volksparkstadion feiern konnten. Der Sieg gegen den FCK war eindrucksvoll. Aber wir sind noch nicht auf der Zielgeraden – es ist noch ein steiniger Weg. Beim Blick auf die Tabelle sieht man ja, wie eng das alles ist. Die Zweite Liga ist super spannend. Wir sind beim HSV insgesamt auf einem sehr guten Weg und ich hoffe, dass wir dann die Kirsche auf die Sahne obendrauf legen werden. Wir wollen die tolle Entwicklung krönen.

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„Der HSV muss weiter hellwach bleiben“

SPORT1: Jetzt strahlen die Rothosen von Platz eins. Alle anderen Teams vorne haben Federn gelassen.

Wehmeyer: Das vergangene Wochenende lief natürlich sehr gut für uns. Aber an der Herangehensweise darf sich weiterhin nichts ändern. Es war ein wichtiger Schritt, aber nur ein Schritt – noch kein Quantensprung. Jeder Sieg tut gut für die kommenden Wochen. Der HSV muss weiter hellwach bleiben, das müssen wir einfach beherzigen.

SPORT1: Es ist so ruhig wie lange nicht mehr im Verein. Woran liegt das?

Wehmeyer: Du musst als Einheit auftreten. Wir zeigen uns auch in diesem Punkt sehr positiv. Die Gremien streiten sich nicht, wie es früher schon mal der Fall war, die Fans sind euphorisch und das ganze Umfeld ist wieder ganz nah beim HSV. Die Zusammenarbeit zwischen dem Gesamtverein und der Fußballabteilung funktioniert sehr gut. Jeder weiß, dass so ein großes Ziel nur gemeinsam erreicht werden kann. Der Aufstieg ist der Wunsch von jedem HSVer.

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SPORT1: Ist Stefan Kuntz ein Glücksfall für den HSV?

Wehmeyer: Es sieht zumindest so aus. Stefan hat im Fußball alles erlebt – als Spieler, als Trainer und als Funktionär. Er war in Kaiserslautern schon mal Vorstandsvorsitzender in einer ganz schwierigen Zeit. Es gibt wenige, die im Fußballgeschäft so viel mitgemacht haben wie er. Das kann man schon als Glücksfall für den HSV bezeichnen. Keine Facette ist ihm fremd.

Wehmeyer lobt Huwer und Boldt

SPORT1: Hat so einer dem Verein in der Vergangenheit gefehlt?

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Wehmeyer: Das will ich nicht sagen. Eric Huwer macht seit Jahren sehr gute Arbeit. Auch Jonas Boldt (Vorgänger von Stefan Kuntz, Anm. d. Red.) muss man ein Lob zollen. Auch da wurde in Summe schon gute Arbeit geleistet, aber der letzte Schritt hat immer gefehlt. Der Verein wurde auf einen guten Weg gebracht, auch was die Kennzahlen des Klubs im nicht-sportlichen Bereich angeht. Euphorie war immer da. Auf gewisse Punkte konnte und kann Stefan aufbauen.

Topspiel der 2. Bundesliga: Samstag ab 19.30 Uhr LIVE auf SPORT1

SPORT1: Das Ziel Aufstieg ist klar kommuniziert, die Vorfreude ist da, aber sie hemmt nicht, sondern befreit eher. So hat es den Anschein, oder?

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Wehmeyer: Die Vorfreude war in den vergangenen Jahren auch schon groß. Der Frust hinterher war entsprechend. Aber wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Jeder Spieler schleppt keinen Rucksack mit sich herum, der Druck ausübt, sondern nutzt die geballte Erfahrung. Stefan hat auch frisches Blut mitgebracht, Transfers haben sich ausgezahlt, junge Leute aus dem Nachwuchs des Vereins kamen dazu und die Trainer-Entscheidung war Gold wert. Einige Spieler sind unbelastet an die Sache rangegangen. Ich hoffe, dass Stefan und sein Team weiter so ein glückliches Händchen haben.

SPORT1: Aus welchen Fehlern hat man am meisten gelernt?

Wehmeyer: Insgesamt wirkt alles sportlich noch konzentrierter. Früher haben wir einige Punkte unnötig liegen gelassen, jetzt ist das Bewusstsein noch mehr da, wie schwierig es ist, wieder hochzukommen. Alle wirken noch fokussierter als früher. Keiner will einen Zentimeter nachgeben. Das hat man gegen den FCK gespürt – die Mannschaft wollte unbedingt gewinnen und wurde mit einem goldenen Wochenende belohnt.

SPORT1: Wie sehen Sie Merlin Polzin?

Wehmeyer: Merlin und seine beiden Co-Trainer sind junge Fußballlehrer und alle sind Hamburger. Da passt vieles zusammen. Man hat ein rundum gutes Gefühl. Wie die drei das anpacken, ist wirklich großartig. Der HSV hat sich auf die Fahne geschrieben, mehr auf die Jugend zu setzen und die Durchlässigkeit von unten nach oben zu erhöhen. Da finde ich es nur konsequent und logisch, den Weg mit jungen Trainern zu gehen, die aus dem Nachwuchs kommen. Der HSV hat es in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Trainertypen versucht und ist gescheitert – wenn auch immer nur knapp. Wir waren all die Jahre bis zum Schluss im Rennen um den Aufstieg. Merlin leistet mit seinem Trainerteam hervorragende Arbeit. Das ist eine tolle Geschichte und ein Aufstieg mit einem Hamburger wäre die Krönung für uns als HSV.

„Leistungen von Uwe Seeler sind außergewöhnlich“

SPORT1: Hinter der Nordkurve steht die Büste mit dem Fuß von Uwe Seeler. Sollte man da einen kleinen Platz für Polzin freilassen? Er kann sich unsterblich machen.

Wehmeyer: (lacht) Noch ist nichts erreicht. Und die Leistungen von Uwe Seeler für den HSV und ganz Fußball-Deutschland sind außergewöhnlich. Es wäre vermessen, das mit den bisher zehn Pflichtspielen von Merlin als Chef-Trainer zu vergleichen.

SPORT1: Hätte eine Niederlage im Spitzenspiel gegen den FCK einen Knacks gegeben?

Wehmeyer: Nein. Wir sind inzwischen so stabil, dass wir das wegstecken könnten. Aber die Vergangenheit hat gezeigt: Du darfst dir keine großen Fehltritte erlauben. Früher hatten wir Phasen, in denen wir drei, vier Spiele nicht gewonnen haben – das kannst du dir nicht leisten. Dann wird es beim HSV wieder gefährlich. Die Liga ist einfach zu ausgeglichen. Nicht ein Spiel wirft dich aus der Bahn, aber eine kleine Serie mit negativen Auftritten schon, da muss man immer aufpassen.

SPORT1: Was war für Sie immer das Besondere am HSV?

Wehmeyer: Diese einzigartige Strahlkraft beeindruckt jeden. Es ist immer wieder ein Erlebnis, ein Heimspiel des HSV im Volksparkstadion zu erleben. Die Kernzelle ist natürlich Hamburg und Norddeutschland, aber HSV-Fans kommen aus der ganzen Welt. Neulich habe ich eine Nachricht aus Manila bekommen – dort wurde ein Fanclub gegründet. Das ist erstaunlich und erfreulich zugleich. Und immer wieder fallen Namen wie Uwe Seeler, Kevin Keegan, Felix Magath. Das ist begründet in dieser einzigartigen Historie.

„Haben im Biergarten eine Trainingseinheit abgehalten“

SPORT1: Können Sie eine Anekdote aus Ihrer HSV-Zeit als Spieler zum Besten geben?

Wehmeyer: Da gibt es tatsächlich eine (grinst). Heute spricht jeder von Internationalisierung – das haben wir mit dem HSV schon Ende der 1970er-Jahre praktiziert. 1979 waren wir in der Sommervorbereitung mit Trainer Branko Zebec auf einer Tour durch Südkorea. Drei Spiele in unterschiedlichen Städten standen auf dem Programm. Heutzutage sind solche Reisen minutiös geplant, damals war das anders. Wir hatten keinen Trainingsplatz und haben dann in einem Biergarten eine Trainingseinheit abgehalten (lacht). Es wurde ein Parcours aufgebaut, und wir haben Zirkeltraining gemacht. Das war so kurios, dass ich heute noch schmunzeln muss. Das war die Meistermannschaft von 1979. Heute wäre das undenkbar.

SPORT1: Im Hintergrund sehen wir Ernst Happel. Funktionieren heute nur noch junge Trainer wie Polzin, Nagelsmann oder Hürzeler?

Wehmeyer: Das sehe ich nicht so. Es freut mich, dass junge Trainer wie Merlin oder Fabian Hürzeler so toll funktionieren. Aber auch erfahrene Trainer sind erfolgreich – Carlo Ancelotti bei Real Madrid oder Christian Titz in Magdeburg. Ich hatte das Glück, in einer Ära zu spielen, in der Günter Netzer als Manager wusste, dass der HSV einen starken Trainer braucht. Branko Zebec und Ernst Happel wären heute auch noch Top-Trainer.

SPORT1: Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Der HSV steigt auf, weil …

Wehmeyer: … es nicht das verflixte siebte Jahr ist, sondern das beste siebte Jahr.