Seit dem 1. März hat der 1. FC Kaiserslautern mit Marcel Klos wieder einen Sportdirektor. Der 36-Jährige ist bei den Roten Teufeln hauptverantwortlich für alle sportlichen Belange. In den vergangenen fünf Jahren arbeitete er in derselben Funktion beim CFC Genua.
„Es war ein tolles Treffen mit Löw“
Vor dem Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf (Topspiel der 2. Bundesliga: Samstag ab 19.30 Uhr LIVE auf SPORT1) hat er SPORT1 exklusiv ein Interview gegeben - und dabei auch über Ralf Rangnick und die WM 2014 gesprochen.
SPORT1: Herr Klos, seit Anfang März sind Sie nun Sportdirektor beim FCK. Wie waren Ihre ersten dreieinhalb Wochen im Amt?
Klos: Ich wurde extrem gut aufgenommen und habe mich sofort sehr wohlgefühlt. Es war einfach, anzukommen, und ich habe direkt Einblick in alle Abteilungen bekommen. Die drei Wochen waren sehr intensiv. Insgesamt bin ich positiv überrascht. Ich will beim FCK richtig etwas bewegen. Es ist meine erste Station als Sportdirektor in Deutschland – eine richtungsweisende Entscheidung für mich.
SPORT1: Was war konkret so intensiv?
Klos: Die Intensität ergab sich daraus, dass ich mitten in den laufenden Spielbetrieb gekommen bin. Das war natürlich eine Herausforderung. Ich musste mich in bestehende Prozesse einfinden, viel beobachten und viele Gespräche mit den Mitarbeitern führen. Es wurde viel an mich herangetragen – das kenne ich bereits aus meiner Zeit in Genua, wo ich im Februar eingestiegen bin. Schon früh kreisten erste Überlegungen und Ideen zur Optimierung des Kaders.
SPORT1: Die Stimmung unter dem ehemaligen Technischen Direktor Enis Hajri war nicht die beste. Trainer Friedhelm Funkel verbannte ihn sogar von der Bank auf die Tribüne. Gibt es unter Ihnen jetzt ein harmonisches Miteinander?
Klos: Ich kenne Enis gut, er hat hier in seiner Zeit bereits gute Strukturen geschaffen. Ich bin mir sicher, dass er sein Bestes für den FCK gegeben hat. Ich lege großen Wert auf eine transparente, offene und ehrliche Kommunikation mit allen Mitarbeitern – das verspreche ich. Ich will starke, mündige Mitarbeiter, die eigenständig Entscheidungen treffen und uns gemeinsam voranbringen. Ich will keine One-Man-Show. Der gesamte Verein soll wissen, dass wir alle den FCK nach vorne bringen wollen. Alleingänge mag ich nicht.
Klos sitzt lieber auf der Bank als auf der Tribüne
SPORT1: Sie sitzen auf der Trainerbank.
Klos: Ja, das ist wichtig für mich. Es gibt auch das Modell, bei dem der Sportdirektor auf der Tribüne sitzt und die Vogelperspektive einnimmt. Ich habe einen guten Draht zu Markus Anfang und möchte auf der Bank emotionale Strömungen aufnehmen und gegebenenfalls steuern. Außerdem bin ich auch dafür da, den Trainer zu schützen.
SPORT1: Sie sprechen fließend Polnisch, Italienisch und Englisch. Das hilft Ihnen sicher bei Transfers und im Austausch mit Spielern…
Klos: Absolut. In den Niederlanden konnte ich mich auf Deutsch oder Englisch verständigen, aber durch meine Zeit in Italien und meinen polnischen Hintergrund habe ich gerade bei Transfers oder in meinem Netzwerk klare Vorteile. Das erleichtert mir die Arbeit auf internationalen Märkten enorm. Wenn ich mit einem Berater oder Sportdirektor auf Italienisch spreche, ist das Eis schnell gebrochen. Das kann dem FCK langfristig helfen.
Ein „kleiner Beitrag“ zum WM-Titel 2014
SPORT1: Sie sollen der deutschen Nationalmannschaft 2014 zum WM-Titel verholfen haben. Können Sie verraten, inwiefern?
Klos: Das war während meiner Studienzeit an der Sporthochschule Köln. Ich war Teil des „Köln-Projekts“ 2014, als das DFB-Team Weltmeister wurde. Wir begleiteten das DFB-Team wissenschaftlich, bereiteten Analysen auf und schnitten Videos. Unsere Aufgabe war es, Urs Siegenthaler und Jogi Löw vor jedem Spiel mit taktischen Informationen zu versorgen – sowohl mannschaftstaktisch als auch individualtaktisch. Wir analysierten jeden möglichen Gegner des Turniers, bündelten die Erkenntnisse und versuchten, Siegenthaler und Löw bestmöglich zu informieren. So konnte ich einen kleinen Beitrag zum WM-Sieg leisten.
SPORT1: Wie war Ihr persönlicher Kontakt zu Jogi Löw?
Klos: Sehr spannend. Ich war Anfang 20, und nach dem Turnier gab es ein Treffen mit Löw und der Mannschaft. Das war eine besondere Erfahrung. Ich durfte sogar den WM-Pokal anfassen – ein außergewöhnlicher Moment. Es war ein tolles Treffen mit Löw.
SPORT1: Auch Ralf Rangnick kennen Sie.
Klos: In Leipzig durfte ich auch unter Ralf Rangnick arbeiten. Und ich sage bewusst „durfte“.
Rangnick? „Absolute Professionalität“
SPORT1: Was haben Sie aus der Zeit unter Rangnick mitnehmen können, das Ihnen jetzt beim FCK hilft?
Klos: Absolute Professionalität – 24/7. Das habe ich von Rangnick gelernt. Für ihn steht immer die Sache und der Verein an erster Stelle, alles andere wird hinten angestellt. Diese Konsequenz hatte ich so zuvor noch nicht erlebt. Man hat immer gespürt, dass er der Beste sein wollte – und das zog sich durch alle Abteilungen. Genau das ist auch mein Anspruch: Ich will der Beste sein und stets professionell arbeiten.
SPORT1: Sie wollen verstärkt auf junge Spieler setzen. Wie sieht Ihr konkreter Plan dafür aus?
Klos: Das ist mir sehr, sehr wichtig. Unser NLZ und die jungen Spieler, die von dort in die erste Mannschaft aufrücken, sind das größte Gut, das der FCK hat. Es liegt mir wirklich am Herzen, intern Spieler zu fördern und weiterzuentwickeln. Das habe ich während meiner Ausbildung auch gemerkt. Bei Leipzig war ich für die Toptalente in der U16 international sowie für die eigenen Talente zuständig. Am Ende müssen wir aber über eine Kaderplanung sprechen, die zum Verein passt. Wir können gerne viele junge Spieler in die Kaderplanung integrieren, aber es muss zum Trainer, zum Umfeld und zum gesamten Klub passen.
SPORT1: Was würden Sie machen, wenn Sie einen Spieler unbedingt zum FCK holen möchten, Thomas Hengen aber nicht überzeugt wäre?
Klos: Das ist immer eine offene Diskussion, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich bin da ganz transparent gegenüber Thomas. In so einem Fall müssen wir gemeinsam diskutieren. Dann werde ich schon auch mal klar sagen: „Ich möchte das durchdrücken.“ Vielleicht kenne ich den Spieler schon länger oder habe mehr Erfahrungswerte. Es kann aber genauso gut passieren, dass Thomas oder der Cheftrainer mich überzeugen.
Ache? „Es gibt eine Schmerzgrenze“
SPORT1: Sie würden also durchaus für einen Spieler kämpfen?
Klos: Definitiv. Immer. Wenn ich von einem Spieler überzeugt bin, dann kämpfe ich für ihn.
SPORT1: Wie sehr werden Sie darum kämpfen, dass Ragnar Ache über den Sommer hinaus in Kaiserslautern bleibt?
Klos: Sehr gute Frage. Noch ist Ragnar nicht weg. Es stehen noch acht Spiele an, und er hat bereits 15 Tore erzielt. Wir können froh sein, dass er uns im Winter nicht verlassen hat. Jetzt freuen wir uns auf die nächsten Spiele mit ihm. Wenn man einen besonderen Spieler in den eigenen Reihen hat – wie Ragnar, der auch auf dem internationalen Markt gefragt ist – dann werde ich natürlich alles daransetzen, ihn zu halten. Aber wir beim FCK wissen, wo wir herkommen. Unsere Transferpolitik erfordert es, Einnahmen zu generieren. Irgendwo gibt es bei Ragnar eine Schmerzgrenze. Wenn die richtigen Zahlen auf den Tisch kommen, muss man darüber sprechen.
SPORT1: Das klingt aber nicht nach viel Hoffnung auf einen Verbleib.
Klos: Die Hoffnung stirbt zuletzt. (lacht) Wie gesagt, ich kämpfe immer für unsere Spieler, weil ich die höchste Qualität im Kader haben will. Bei Ragnar liegt es aber nicht allein in unserer Hand.
SPORT1: Marlon Ritter wäre bereit, langfristig beim FCK zu bleiben. Ist er für den Verein so wichtig wie Joshua Kimmich für den FC Bayern?
Klos: Ja. Marlon ist ein extrem wichtiger Spieler für den FCK, das sieht man gerade in der Rückrunde. Ich habe natürlich mit ihm gesprochen – er ist unser Capitano, und wir haben einen sehr guten Austausch. Er hat einen hohen Stellenwert in der Mannschaft und ist für uns absolut essenziell.
FCK steigt auf, weil „wir ein unfassbares Umfeld haben“
SPORT1: Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Der FCK steigt auf, weil …
Klos: … wir ein unfassbares Umfeld haben, das uns bis zum Schluss pushen wird. Aber natürlich sind die Fans auch nur ein Faktor von vielen im Saisonendspurt. Aktuell ist die Situation in der Liga nach wie vor sehr eng, wir zählen nicht zu den Favoriten. Wir fokussieren uns auf uns und unsere Entwicklung – und dann schauen wir, wo wir am Ende stehen.