Mit Kehrtwenden kennt sich Marvin Schwäbe aus. Nach dem Abstieg im Sommer wollte die Kölner Nummer eins eigentlich eine neue Herausforderung suchen. Doch ein Wechsel platzte und der 29-Jährige rückte in der Keeper-Rangfolge in die zweite Reihe hinter Jonas Urbig.
Urbig? „War nicht einfach für mich“
Aufgeben? Fehlanzeige! Schwäbe gab weiter Vollgas. Dieser Einsatz sollte belohnt werden. Ab dem elften Spieltag vertraute FC-Coach Gerhard Struber wieder auf die alte neue Nummer eins. Die Folge: Sieben Spiele in Folge blieb der „Effzeh“ ungeschlagen (sechs Siege) und kassierte nur vier Gegentore. Schwäbe hat zweifelsohne einen maßgeblichen Anteil daran, dass die Kölner wieder in der Spitzengruppe mitmischen.
Mit SPORT1 spricht der Torhüter über das enge Aufstiegsrennen in Liga zwei, seine schwierige Zeit als Nummer zwei und über die Chancen auf einen Verbleib beim FC über die Saison hinaus.
Duell mit KSC auf SPORT1
SPORT1: Marvin Schwäbe, was erwartet Sie gegen den KSC? Das 4:4 im Hinspiel war ja mehr ziemlich turbulent …
Marvin Schwäbe: Das wird wieder eine Herausforderung. Sie haben am vergangenen Wochenende gegen Magdeburg (3:1; Anm. d. Red.) schon sehr gut gespielt. Der KSC hat auf jeden Fall hohe Qualität. Im Hinspiel haben wir gesehen, wie schnell es gehen kann, wenn wir nicht aufmerksam sind. Wir müssen auch diesmal alles reinwerfen.
SPORT1: Die 2. Liga ist wahnsinnig eng. Zwischen dem zweiten Platz, auf dem ihr steht, und den Tabellensechsten liegen gerade einmal drei Punkte. Woran liegt das?
Schwäbe: Ich glaube, dass die Fans eine große Rolle spielen. Zu Hause zu spielen, ist für jede Mannschaft ein Vorteil. Zudem ist die Qualität sehr ausgeglichen. Und es gibt natürlich zwei, drei Teams mit enorm hoher Qualität…
SPORT1: Wie Köln.
Schwäbe: Natürlich ist das auch unser Anspruch. Trotzdem: Gerade gegen vermeintlich „kleinere“ Mannschaften, ist es, vor allem auswärts, wahnsinnig schwer. Wie müssen jedes Wochenende an unser Limit gehen – egal gegen wen. Sonst geht das auch schnell mal nach hinten los. Weniger als 100 Prozent kannst und darfst du in dieser 2. Liga nicht geben.
Nur Remis im Derby gegen Düsseldorf
SPORT1: Am Wochenende haben Sie im Derby gegen Düsseldorf, genauso wie in der Hinrunde auch, in letzter Minute den Ausgleich kassiert. Warum bringt Köln diese Spiele nicht über die Zeit?
Schwäbe: Unser Problem war, dass wir aufgehört haben, Fußball zu spielen. Gerade nach der Führung. Das darf uns in Zukunft nicht mehr passieren. Wir dürfen uns auf keinen Fall hinten reindrücken lassen. Am Ende war es aber auch eine höchst unglückliche Aktion.
SPORT1: Mit Ihnen zwischen den Pfosten ist es dem FC gelungen, nach Startschwierigkeiten, wieder ganz oben mitzumischen. Ist es da egal, dass ihr häufig nicht mehr so attraktiven Fußball spielt, wie noch zu Beginn der Spielzeit?
Schwäbe: So eng wie alles ist, ist das völlig egal. Es stimmt: Es sieht nicht immer schön aus. Aber von Schönspielerei kannst du dir nichts kaufen. Wenn wir am Ende mit drei Punkten dastehen, sind wir zufrieden.
SPORT1: Welchen Anteil hat der Trainer an diesem Umschwung?
Schwäbe: Mit seiner ruhigen und besonnen Art hat er einen großen Anteil daran. Er kann zwar auch lauter werden, dennoch ist immer bei sich geblieben. Er hat auf unsere Qualitäten vertraut.
Struber? „Die Mischung tut uns gut“
SPORT1: Das heißt, er wurde auch häufiger in der Kabine laut?
Schwäbe: Vor dem Spiel motiviert er uns natürlich immer – auch mal lautstark. Nach dem Spiel ist er eher besonnen. Da ist aber ohnehin jeder auch ein Stück weit mit sich selbst beschäftigt. Am Tag danach geht dann in eine sachliche Analyse. Die Mischung tut uns gut.
SPORT1: Auch aufgrund der auferlegten Transfersperre gab es zuletzt sehr wenig personelle Veränderungen im Kader. Wie haben Sie das als Spieler wahrgenommen?
Schwäbe: Das Wichtigste war, dass wir als Mannschaft eng zusammengeblieben sind. Wir haben uns nicht davon beeinflussen lassen. Es bringt dir auch nichts, in so einer Situation zu meckern.
Konkurrenzkampf mit Urbig „nicht einfach“
SPORT1: Haben Sie eigentlich an ihre zweite Chance, die sie hier bekommen haben, noch geglaubt? Es sah ja so aus, als würden Sie nach ihrem geplatzten Wechsel im Sommer nicht mehr an Jonas Urbig vorbeikommen …
Schwäbe: Natürlich war es nicht einfach für mich. Aber als Sportler weiß man auch, dass es in diesem Geschäft auch sehr schnell in die andere Richtung gehen kann. Mir war immer klar, dass ich irgendwann wieder in der Kiste stehen kann. Ich habe mich zwar erstmal hinten angestellt, war aber immer bereit und habe Gas gegeben.
SPORT1: Als Sie dann Nummer eins wurden - gab es da auch intensiveren Austausch mit ihrem knapp neun Jahre jüngeren Kollegen Urbig?
Schwäbe: Natürlich will jeder spielen und auf dem Platz stehen. Wir beide sind damit professionell umgegangen. Jeder hat an sich gearbeitet.
SPORT1: Sie werden in diesem Jahr 30 Jahre alt. Bei Feldspielern geht die Karriere häufig nicht so lange wie bei Keepern. Wie lange trauen Sie sich dieses Niveau noch zu?
Schwäbe: Viele Keeper spielen, bis sie 40 Jahre alt sind und darüber hinaus. Wenn die Knochen halten und ich mich nicht verletze, warum soll ich das nicht auch schaffen? Ich habe jeden Tag Bock, auf dem Platz zu stehen und Gas zu geben. Wenn das so weitergeht, kann ich auch bis 50 spielen (lacht).
„Wir fühlen uns hier pudelwohl“
SPORT1: Seit knapp vier Jahren spielen Sie schon in Köln, gehören eindeutig zu den Publikumslieblingen. Einige Fans befürchten, vor allem wegen des geplatzten Wechsels im Sommer, dass Sie den Verein nach dieser Saison verlassen könnten. Können Sie ihnen diese Angst nehmen?
Schwäbe: Solange ich spiele und wir uns als Familie hier wohlfühlen, werden wir nicht über einen Wechsel nachdenken. Wir fühlen uns pudelwohl hier und deshalb wird erstmal alles so bleiben.
SPORT1: Der Aufstieg in die Bundesliga wäre aber mit Sicherheit ein schlagkräftiges Argument, definitiv hier zu bleiben, oder?
Schwäbe: Jeder, der im Profisport aktiv ist, strebt nach dem Maximum. Ich glaube, dass ich da für jeden aus der Mannschaft spreche. Um das zu erreichen, müssen wir aber einen Schritt nach dem anderen machen. Der nächste ist am Samstag gegen Karlsruhe.
Kölner Karneval steht an
SPORT1: Sie haben schon betont, wie wohl Sie sich hier fühlen. Die Karnevalhochburg Köln befindet sich aktuell im Ausnahmezustand. Was haben Sie noch geplant?
Schwäbe: Bislang habe ich nur das Spiel im Kopf, deshalb haben wir noch nicht allzu viel geplant. Am Sonntag werden wir aber mit Sicherheit als Familie etwas unternehmen und am Montag ist ja der Rosenmontagszug. Da wollen wir auch dabei sein – das ist Tradition.