Ein großer Schritt in Richtung Bundesliga wäre möglich gewesen. Hätte der Hamburger SV am Sonntagmittag gegen den Karlsruher SC gewonnen, wäre ihnen der Aufstieg wohl fast sicher gewesen. Stattdessen verloren die Hamburger völlig verdient mit 1:2.
Aufstiegs-Flatter und Zoff beim HSV
„Wir haben es nicht geschafft, diese Chance zu nutzen. Es war alles angerichtet“, sagte ein frustrierter HSV-Stürmer Davie Selke: „Wir sind enttäuscht. Diese Enttäuschung muss man zulassen und erst einmal sacken lassen.“
Bekommt der HSV im Saisonendspurt erneut das Aufstiegs-Flattern? „Natürlich spielt der Kopf eine entscheidende Rolle“, gab Torwart Daniel Heuer Fernandes bei SPORT1 zu. „Du musst klar bleiben. Du darfst nicht zu viel von außen reininterpretieren lassen. Wir müssen die Sachen analysieren und die Inhalte für das nächste Spiel vorbereiten. Dann bin ich guter Dinge, dass wir erfolgreich sein werden.“ Momentan sind sie dies nicht!
HSV hat Heimstärke verloren
Die Hamburger waren eigentlich heimstark und verloren keines der ersten 14 Heimspiele dieser Saison. Nun allerdings setzte es mit dem 2:4 gegen Eintracht Braunschweig und dem 1:2 gegen Karlsruhe zwei Heim-Pleiten in Folge.
Insgesamt sind die Norddeutschen seit drei Spielen sieglos und haben in dieser Zeit lediglich einen Punkt geholt. Erst einmal in dieser Spielzeit durchlitten die Hamburger eine solche Durststrecke. Das war allerdings noch unter Ex-Trainer Steffen Baumgart, der Ende November nach dem vierten sieglosen Spiel in Serie freigestellt wurde. Merlin Polzin übernahm dessen Part.
Dem Trainer war nach der Pleite gegen den KSC selbst bewusst, „dass wir einfach kein gutes Spiel gemacht haben.“ Dennoch möchte er sich die Gesamtsituation nicht schlechtreden lassen: „Wir müssen uns nicht dafür entschuldigen, dass wir dort stehen, wo wir stehen. Und das ist im Moment ein direkter Aufstiegsplatz.“
Tatsache ist aber auch: Nur weil die Konkurrenten wie Magdeburg, Paderborn oder Elversberg ebenfalls nicht gewinnen, steht der HSV noch auf Rang zwei.
Der letzte Schritt ist kein leichter Schritt
Warum sich die Hamburger gerade jetzt so schwertun? „Es ist der letzte schwere Schritt, das Ding endlich zuzumachen“, sagte Robert Glatzel über die Herausforderung. „Man sieht das in der Liga. Köln hat auch verloren. Die anderen Konkurrenten haben ebenfalls Punkte liegen lassen. Der Endspurt ist der letzte schwere Schritt – und das ist kein leichter Schritt.“
Bereits nach wenigen Minuten war festzustellen, dass der HSV sich gegen Karlsruhe schwertun würde. Deren hohes Pressing bereitete ihnen große Schwierigkeiten. Ballsicherheit, Tempo und Spielverlagerungen fehlten.
Was es stattdessen gab? Ungewohnt viele Fehlpässe. Das einzige Tor des HSV resultierte aus einem (glücklichen) Foulelfmeter von Selke. „Es war nicht das Selbstverständnis da, das wir schon einmal hatten“, gab Glatzel zu. „Die Leichtigkeit hat heute gefehlt.“
Was dem HSV Mut macht
Dennoch versuchte der Stürmer, „das Positive“ in den Fokus zu stellen: „Wir haben es noch immer in der eigenen Hand. Ich glaube, das hatten wir zu diesem Zeitpunkt nie.“
Nur in der Spielzeit 2019/20 stand der HSV nach 31 Spieltagen auf einem direkten Aufstiegsplatz – und landete schlussendlich auf Platz vier. Allerdings hatten sie damals nicht drei Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz drei sowie ein besseres Torverhältnis. Diesmal schon!
Was Glatzel ansonsten noch optimistisch stimmt? „Wir haben einen super Kader, eine super Mannschaft, intern stimmt es auch. Das Trainerteam stellt uns immer sehr gut ein. Auch der Vorsprung (auf Platz drei, Anm. d. Red.) macht mir Hoffnung. Und die Fans waren heute wieder unglaublich“, antwortete er. Letzteres ist nur die halbe Wahrheit.
Fans greifen Verein an: „Ihr skrupellosen Gauner“
Die Fans sorgten zwar mit 57.000 verkauften Tickets erneut für ein ausverkauftes Volksparkstadion, waren allerdings zurückhaltender als sonst. Grund dafür ist eine Protestaktion wegen der Ticketpreise.
„Fußball muss bezahlbar sein – für alle“, riefen die Fans auf der Nordtribüne immer wieder. Auf einem der vielen Spruchbänder stand: „Hier stehen diejenigen, die immer da waren, die immer da sein werden, die Seele des Vereins! Oder in Euren Worten: Kunden! Ihr skrupellosen Gauner!“
Als Glatzel von SPORT1 darauf angesprochen wurde, antwortete er: „Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass die Fans ihre Frustration kundgeben wollen. Aber trotzdem war die Nordtribüne voll da und hat uns unterstützt.“ Dass es bereits zur Halbzeit und auch im Verlaufe des Spiels nach misslungenen Aktionen Pfiffe von den Rängen gab, ließ er unerwähnt.
Grund für den Fan-Ärger sind insbesondere die Ticketpreise für das letzte Heimspiel der Saison am 33. Spieltag gegen den SSV Ulm. Stolze 96 Euro müssen die Anhänger bezahlen, möchten sie auf der Geraden oder Gegengeraden nahe am Spielfeld sitzen. Ausverkauft ist der Heimbereich dennoch.
Warum die Tickets so teuer sind? Ein möglicher Hintergedanke der Vereinsführung könnte gewesen sein, dass dann der Aufstieg gefeiert wird. Dieser Plan gerät nun in Gefahr.