2. Bundesliga>

"Ich habe gesagt: 'Uli, ich kann jetzt nicht' - ein Fehler"

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Legende bereut Absage an Hoeneß

Trainerlegende Winfried Schäfer hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Im Exklusiv-Interview mit SPORT1 spricht der 75-Jährige über seine Stationen, eine große Katastrophe und Uli Hoeneß.
Trainerlegende und KSC-Ikone Winfried Schäfer hat einen Wunsch: Der Karlsruher SC soll aufsteigen!
Trainerlegende Winfried Schäfer hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Im Exklusiv-Interview mit SPORT1 spricht der 75-Jährige über seine Stationen, eine große Katastrophe und Uli Hoeneß.

Winfried Schäfer zählt zu den großen Trainerpersönlichkeiten des deutschen Fußballs – und darüber hinaus. Als Spieler lief er für Borussia Mönchengladbach auf, unsterblich machte er sich jedoch an der Seitenlinie: Mit dem Karlsruher SC schrieb er in den 1990er-Jahren Geschichte, das legendäre 7:0 gegen den FC Valencia im UEFA-Cup bleibt unvergessen.

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Später gewann er mit Kamerun den Afrika-Cup und erlebte als Nationaltrainer spannende Kapitel in Thailand, Jamaika und Ghana.

Schäfer ist ein Mann voller Leidenschaft, Anekdoten und Geschichten – im SPORT1-Interview blickt er auf sie zurück. Am Ort, wo seine größte Trainerära begann: im alten Wildparkstadion des KSC.

SPORT1: Herr Schäfer, der Wildpark, so wie Sie ihn kannten, ist nicht mehr derselbe, aber hier ist trotzdem ein schönes Stadion entstanden. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie zurückkommen?

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Winfried Schäfer: Es ist ein besonderes Gefühl. Der nackte Mann (Denkmal mit einem steinernen Leichtathleten am Stadion, d. Red.) steht immer noch da. Ich kenne das Stadion noch von früher, da war ich 18 – 1968. Für mich war es damals ein tolles Stadion. Ich kam aus Mayen, da hatten wir nur einen Fußballplatz. Später als Trainer war es etwas Besonderes, zumal ich hier auch als Spieler war. Mein Ziel war klar: Aufstieg in die Bundesliga. Als ich das damals sagte, wurde ich belächelt - aber wir haben es geschafft. Die Fans haben unheimlich viel beigetragen. Ein bisschen KSC bleibt ewig in mir. Der Abschluss war allerdings eine Katastrophe.

SPORT1: Was meinen Sie mit Katastrophe?

Schäfer: Meine Entlassung. Zehn Jahre habe ich hier gearbeitet, den Verein in Europa bekannt gemacht und schuldenfrei hinterlassen. Als man mich vor dem Training im Auto anrief, wusste ich sofort, was kommt. Mein Anwalt sagte später: „Eigentlich wollten sie dir noch ein Spiel geben.“ Aber es war vorbei. Auf dem Heimweg begegnete mir Jörg Berger, der neue Trainer – ausgerechnet am „nackten Mann“. Er entschuldigte sich später, aber er konnte nichts dafür. Das war das Schlimmste, was einem Trainer passieren kann. Ich brauche keine Dankbarkeit, nur Respekt.

SPORT1: Wenn Sie zurückblicken: Was waren die prägendsten Momente?

Schäfer: Die Aufstiegsrunde. Viele sagten: „2. Liga? Im Schatten kann man auch braun werden.“ Aber ich brachte den Spielern das Gladbacher Motto bei: „Wir wollen nicht verlieren? Nein - wir wollen gewinnen!“ Damit haben wir aus einem Fahrstuhlverein einen stabilen Klub gemacht. Prägend war auch das Spiel gegen Frankfurt. Eigentlich waren wir schon in der Relegation - dann kam das Tor von Arno Glesius. Plötzlich blieben wir drin. Da wussten wir: „Jetzt geht’s los!“ Und natürlich: das 7:0 gegen Valencia. Einer der größten Abende. Und die vielen Siege gegen Bayern waren immer schön.

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„Uli Hoeneß kam siebenmal mit dem ICE“

SPORT1: Viele Talente sind damals weggekauft worden. Wie sind Sie damit umgegangen?

Schäfer: Schwer. Scholl, Sternkopf, Kahn, Kreuzer - alle weg. Wir konnten sie nicht halten. Aber wir handelten klug: Für Kreuzer, der zu Bayern ging, holten wir Dirk Schuster und Burkhard Reich - zwei für einen. Nur Kahn, Fink und Tarnat waren nicht zu ersetzen. Uli Hoeneß war damals oft hier, um frech unsere Spieler wegzukaufen - siebenmal kam er mit dem ICE nach Karlsruhe. Und als ich den Verein verließ, hatten wir sogar einen Überschuss von 20 Millionen D-Mark. Als ich anfing, gab es nicht einmal warme Duschen.

SPORT1: Gab es Spieler, bei denen Sie sofort wussten: Glücksgriff?

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Schäfer: Ja, Kiki. Sergej Kirjakow. In Schweden sah ich ihn schon beim Warmmachen. Am Bus stand er später mit Cola-Dose und grinste mich an - da wusste ich: „Den nehme ich!“ Ein Top-Stürmer, der auch bei Real oder Barça hätte spielen können.

SPORT1: Gab es Fehlgriffe von Uli Hoeneß?

Schäfer: Ja, Michael Sternkopf. Uli Hoeneß wollte ihn unbedingt, weil Leverkusen Andreas Thom geholt hatte. Ich sagte: „Uli, es ist zu früh.“ Aber er stand unter Druck. Sterni ging zu Bayern - und konnte sich nicht durchsetzen. Uli wusste später selbst, dass das ein Fehler war.

SPORT1: Und Mehmet Scholl?

Schäfer: Der sagte mir mal: „Ich gehe nach Frankfurt.“ Ich meinte nur: „Nein, du gehst nicht dahin, die zahlen weniger Ablöse als die Bayern!“ (lacht)

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„Bei uns war Rock‘n‘Roll angesagt“

SPORT1: Gab es Anekdoten aus der Kabine?

Schäfer: Viele. Einmal schrieb ich Platz 6 als Ziel an die Tafel. Nichts passierte. Ein Jahr später spielten wir 2:2 im Testspiel gegen Real Madrid - danach habe ich den Jungs gesagt sie sollen sich eine UEFA-Pokalprämie aushandeln. Plötzlich sagte Manni Bender: „Trainer, das haben wir doch längst gemacht.“ Oder Edgar „Euro-Eddy“ Schmidt: Kam er zu spät, stand er mit Kaffee und Croissant da: „Moin Jungs!“ Das lockerte alles auf. Und nach dem Valencia-Sieg schrieb unser Präsident 5000 Mark Prämie an die Tafel. Die Spieler wischten es weg und setzten immer eine Summe drauf, bis da am Ende 15.000 DM als Prämie stand. Wolfgang Rolff war da die treibende Kraft. Bei uns war Rock‘n‘Roll angesagt. Die Kommentatoren haben sich darum gerissen, bei uns die Spiele zu begleiten.

SPORT1: Wenn Sie Ihre Philosophie in einem Satz beschreiben müssten?

Schäfer: Einer für alle, alle für einen. Ich habe Spieler nie öffentlich kritisiert. Teamgeist, Disziplin, Respekt - das ist die Basis. Und Humor darf nie fehlen. Eine Kabine ohne Lachen ist wie ein Spiel ohne Spannung.

SPORT1: Später hatten Sie großen Erfolg in Kamerun. Was machte diese Zeit so besonders?

Schäfer: Das war die „Golden Generation“ mit Eto’o, M’Boma, Geremi. Ich wusste über jeden Spieler Bescheid - wer verheiratet war, wie viele Kinder er hatte. Das hat sie beeindruckt. Sie merkten: Der Trainer interessiert sich für uns als Menschen. Alle sagten mir: „Wir brauchen Disziplin.“ Also: Wer nicht arbeitete, fuhr nach Hause. So entstand ein unglaublicher Zusammenhalt.

SPORT1: Gibt es hier Anekdoten?

Schäfer: Oh ja. Bei Eto’o stellte ich absichtlich einen niedrigen Stuhl hin, damit er zu uns hochschauen musste: „Wenn du so weitermachst, kennt dich in drei Jahren niemand mehr.“ Am nächsten Tag war er wie ausgewechselt - und traf gleich. Oder die Voodoo-Episode beim Afrika-Cup: Polizisten wollten uns einschüchtern, behaupteten, der Platz sei verhext. Ich sagte zur Mannschaft: „Man hat die Ehre Kameruns mit Füßen getreten.“ Danach waren sie positiv aggressiv - und wir gewannen.

„Uli, ich kann jetzt nicht“

SPORT1: Uli Hoeneß wollte Sie einmal als Bayern-Trainer.

Schäfer: Ja, kurz vor dem UEFA-Pokal-Halbfinale. Er rief zu Hause an. Meine Frau: „Da ist ein Uli Hoeneß dran.“ (lacht) Ich sagte: „Uli, wir haben Halbfinale, ich kann jetzt nicht.“ Im Nachhinein ein Fehler. Arsène Wenger sagte mal zu mir: „Du bist ein Romantiker.“ Er hatte recht.

SPORT1: War das Engagement in Stuttgart wenige Monate nach dem Aus beim KSC Ihr größter Fehler?

Schäfer: Ja. Ich saß im Flieger zum Spiel Südafrika - Deutschland Mayer-Vorfelder saß neben mir und redete dauernd auf mich ein, später auch am Telefon. Ich dachte, es könnte klappen. Aber schnell war klar: Es geht schief.

SPORT1: Auf Ihre ganze Karriere bezogen: Was bleibt besonders in Erinnerung?

Schäfer: Wenn Spieler wachsen: Siege gegen Valencia, ein Titel mit Kamerun, ein Talent, das strahlt. Das sind unbezahlbare Momente. Erfolg ist schön - aber der Weg dorthin, mit allen Höhen und Tiefen, macht es wertvoll.

Eichner der neue Schäfer? „Ein bisschen schon“

SPORT1: Christian Eichner ist inzwischen seit fünf Jahren KSC-Coach. Sehen Sie ihn als neuen Winnie Schäfer?

Schäfer: Ein bisschen schon. Der KSC muss wieder Talente groß machen, sich klare Ziele setzen. Eichner kann das packen - wenn alle mitmachen. Ich hoffe, dass es so weitergeht wie gegen Braunschweig. Eichner darf keine Kopie sein, er muss bei sich selbst bleiben.

SPORT1: Was war Ihr bester Vertrag?

Schäfer: Beim KSC hatte ich 9.000 Mark, nach dem Aufstieg 11.000. Später in Katar war’s natürlich besser (lacht).

SPORT1: Sie sind im Januar 75 geworden. Ist das Trainerleben für Sie endgültig vorbei?

Schäfer: Nein. Ich bin noch heiß, berate aktuell Otto Addo in Ghana. Sie waren in einer schlechten Situation, bevor ich kam. Sie haben die Quali für den Afrika-Cup nicht geschafft. Wir haben aber die Wende zum Guten geschafft. Aber selbst nochmal Trainer zu sein: Das wäre ein Traum.

SPORT1: Abschließend gefragt: Was raten Sie jungen Trainern?

Schäfer: Vertraue nur den Menschen, die du wirklich kennst. Habe Geduld und Empathie. Fußball ist mehr als Taktik - es ist Leidenschaft, Motivation und Vertrauen. Wer das verinnerlicht, wird langfristig erfolgreich sein.