Die russische Propagandamaschine läuft seit dem Krieg in der Ukraine auf Hochtouren. Das eigene Volk erhält gezielte Fehlinformationen. Wer sich gegen das Regime stellt, wird verhaftet.
„Putin hat uns alles genommen“
Für die russische Nationalspielerin Nadeschda Karpowa ist Schweigen hingegen keine Option mehr. Mutig erklärt die 27-Jährige im Gespräch mit der BBC, dass sie nicht mehr „diese Unmenschlichkeit ansehen kann“.
Putin-Anhänger „sind Geiseln der Propaganda“
Karpowa, die für den spanischen Zweitligisten Espanyol Barcelona auf Torejagd geht, hat es sich zum Ziel gemacht, ihre Landsleute auf den Krieg aufmerksam zu machen: „Diese Leute, die den Krieg rechtfertigen, sind Geiseln der Propaganda. Sie tun mir leid, und ich denke, wir müssen alles tun, um sie davon zu befreien.“
Mit ihren Worten ist sie die erste russische Nationalspielerin, die ihre Stimme gegen den Krieg erhebt. Ein Vorgehen, das Wirkung zeigen könnte, allein auf Instagram hat die Russin 144.000 Follower.
Ein soziales Netzwerk, dass der russische Präsident Wladimir Putin in seinem Land bereits verbieten ließ. Auch für den Staatsführer findet Karpowa klare Worte. Der 69-Jährige „hat uns alles genommen, er hat unsere Zukunft genommen!“
Nationalmannschaft von EM ausgeschlossen
Karpowa, die sich nach ihrem Wechsel aus der Heimat nach Spanien öffentlich als homosexuell geoutet hat, fühlt „eine besondere Verantwortung, meine Stimme zu erheben.“
Verständlich, denn auch sie ist von den vielen Sanktionen, die gegen ihr Land verhängt worden sind, betroffen. Die russischen Fußballerinnen hatten sich für die anstehende Europameisterschaft in England qualifiziert, dürfen nun aber nicht teilnehmen.
Das Interview in der BBC ist als klares, starkes und wichtiges Statement zu verzeichnen. Dennoch könnte es in ihrem Heimatland persönliche Folgen für sie haben. Der russische Präsident ist nicht gerade bekannt dafür, Meinungsverschiedenheiten auf einem diplomatischen Weg zu lösen. Auch deshalb kommt eine Reise in die Heimat für sie derzeit nicht infrage.
Karpowa hofft auf Unterstützung
Nadeschda Karpowa hofft nur auf Frieden in der Ukraine und appelliert an weitere Sportlerinnen und Sportlern, „damit andere, die gegen den Krieg sind, sich nicht mehr in der Minderheit fühlen“.
Sie macht es dem ukrainischen Nationalspieler Andriy Yarmolenko gleich, der bereits kurz nach Beginn des Krieges die russischen Nationalspieler aufforderte, sich gegen den Krieg auszusprechen. Daraufhin reagierte Russlands Kapitän Artem Dzyuba indem er den Krieg als „schreckliche Sache“ bezeichnete.
Seither äußerte sich jedoch kein Fußballer mehr. Für Karpowa jedenfalls soll „die Zeit des Schweigens nun vorbei sein.“