Pep Guardiola gilt zweifelsohne als einer der besten Fußballtrainer aller Zeiten. Ob beim FC Barcelona, dem FC Bayern oder aktuell bei Manchester City - seine Mannschaften blühen auf.
Guardiola-Lehrlinge erobern Trainerwelt
Drei Triumphe in der Champions League, sechs in der Premier League, drei in der Bundesliga, drei in La Liga - die Liste seiner Titel ließe sich noch länger aufführen. Wo er auch angetreten ist, der Spanier hat quasi alles gewonnen - auch wenn ihm der Gewinn der Königsklasse mit den Bayern verwehrt blieb. Gleichzeitig sorgt Guardiola dafür, dass ihm die Konkurrenz nicht ausgeht.
Der aktuellste Name ist Vincent Kompany. Der Belgier spielte von 2016 bis 2019 unter Guardiola bei Manchester City und wird jetzt neuer Bayern-Trainer. Gemeinsam gewannen sie zweimal den Titel in der Premier League. Unvergessen ist das Herzschlagfinale gegen Liverpool 2019, als sich der Belgier seinem Trainer widersetzte.
Am vorletzten Spieltag stand es noch 0:0 gegen Leicester City, als sich Kompany ein Herz fasste und aus rund 25 Metern den Ball auf das Tor knallte. „Nein, Vinnie, schieß nicht. Schieß nicht!“, brüllte Guardiola vorher von der Seitenlinie.
Neuer Bayern-Coach galt als Guardiolas verlängerter Arm
Doch der Ball ging perfekt in den Winkel, am Ende gewann City die Liga. Anschließend verließ Kompany Manchester, nach einer Station bei Anderlecht wechselte er dort dann auf den Trainerstuhl. Zuletzt stieg er mit Burnley in die Premier League auf, stieg in dieser Saison aber auch direkt wieder ab.
Dass die beiden ehemaligen Fußballer aber mal so geteilter Meinung waren, kam nicht häufig vor. Stattdessen galt Kompany schon damals als verlängerter Arm seines Trainers. „Fußballtaktik. Raumlehre. Die Nutzung des Raums und dessen Auswirkung auf das Gesamtspiel. Das Managen des Raums ist das Größte, was ich von Pep gelernt habe“, erklärte Kompany schon vor einiger Zeit dem Guardian.
Deswegen hat der Bayern-Vorstand vor der Verpflichtung von Kompany mal bei Guardiola durchgeklingelt, um sich über den Kandidaten zu erkundigen. Der Spanier lobte seinen Ex-Schützling anscheinend sehr, denn nur wenige Tage später wurde dieser bereits in München vorgestellt.
Der Spielstil des Spaniers sieht vor allem sehr viel Ballbesitz vor. Die Gegenspieler werden so lange verrückt gespielt, bis sich irgendwann eine Lücke auftut.
Von Vergleichen mit Guardiola möchte der neue Bayern-Coach aber nichts hören: „Ich habe in meiner Karriere auf dem höchsten Niveau gespielt, das möchte ich nun an meine Spieler weitergeben. Ich würde mich niemals mit Pep Guardiola vergleichen“, sagte er während seiner Vorstellungs-Konferenz.
Treffen von Guardiola und Tuchel ist kult
Trotzdem sitzt er bald auf dem Platz, auf dem Guardiola selbst vor acht Jahren saß. Zwischendurch bekleideten acht andere Trainer den Posten beim deutschen Rekordmeister, zuletzt Thomas Tuchel. Auch er lernte einst von Guardiola. Zehn Jahre ist es her, als Mainz 05 mit Tuchel als Trainer ein Trainingslager in Barcelona machte.
Direkt neben dem Camp Nou bereitete sich der Bundesligist auf die Rückrunde vor. Guardiola stand zwar nicht mit auf dem Platz, auf dem Trainingsgelände hatte der FC Barcelona aber selbst viele Jahre lang unter dem Spanier trainiert. Mit der Maßnahme sollte die Philosophie und der Geist der zu dieser Zeit schier unschlagbaren Mannschaft inhaliert werden.
Passend dazu gibt es eine Anekdote der beiden Champions-League-Sieger: Demnach hatte ihr erstes Treffen in einem Restaurant stattgefunden. Dort diskutierten sie ganz aufgeregt über Fußball und nutzen Gläser, Salz- und Pfefferstreuer, um ihre Gedanken zu veranschaulichen. Das Treffen gilt mittlerweile als Kult.
Einige Jahre später haben Tuchel, der zwischendurch mit dem FC Chelsea die Champions League gewann, diese Maßnahmen aber nichts gebracht. Stattdessen holte Bayer Leverkusen die Meisterschale - mit Trainer Xabi, einem weiteren Guardiola-Lehrling.
Ehemaliger Guardiola-Schützling stürzt den Rekordmeister
Die beiden waren ausgerechnet beim FC Bayern aufeinandergetroffen - Xabi Alonso als Spieler, Guardiola als Trainer. Von 2014 bis 2016 gewannen die beiden dreimal die Meisterschaft und zweimal den DFB-Pokal.
„Pep ist seiner Zeit voraus. Er fordert sich und uns alles ab. Das lernst du, sobald du mit seiner Herangehensweise in Berührung gerätst. Er mag es, das Heft in der Hand zu halten, weil er denkt, es ist der beste Weg, um zu gewinnen“, sagte Alonso während seiner Bayern-Zeit gegenüber Goal.
Alonso hat offenbar bestens von Guardiola gelernt. Erstmals seit 13 Jahren schaffte er es, die Bayern vom Meister-Thron zu stoßen und schaffte das Novum, erstmals in einer Bundesliga-Saison ungeschlagen zu bleiben. Neben dem DFB-Pokal-Erfolg schaffte er es mit Leverkusen zudem ins Finale der Europa League, musste sich dort gegen Atalanta Bergamo aber das einzige Mal in dieser Saison geschlagen geben.
Alonsos Wirken ließ sogar Guardiola staunen. „Ganz ehrlich, wow!“, sagte er auf einer Pressekonferenz im Februar über Alonso. Leverkusen qualifizierte sich durch den Bundesliga-Titel nebenbei für die Champions League, wodurch die beiden Trainer bereits in der kommenden Saison aufeinandertreffen könnten.
Guardiola meisterte bitteren Kampf mit Ex-Co-Trainer
Doch nicht nur die ehemaligen Spieler von Guardiola schaffen es aktuell auf die großen Trainerstühle, sondern auch frühere Zöglinge. Von 2016 bis 2019 lernte Mikel Arteta als Co-Trainer vom 53-Jährigen. Anschließend übernahm er den FC Arsenal und formte dort innerhalb kürzester Zeit eine Top-Mannschaft.
In der gerade erst abgelaufenen Saison war Arteta bereits kurz davor, seinen ehemaligen Mentor zu schlagen. In der Premier League lieferten sich die beiden ein enges Duell um die Meisterschaft, am Ende holte City aber zwei Punkte mehr. Unter diesem Druck litt aber auch die Freundschaft, die die beiden Spanier eigentlich miteinander pflegen.
Dennoch hat Arteta nach wie vor unglaublich viel Hochachtung für seinen Landsmann: „Meine Bewunderung und das, was ich für ihn empfinde, hat sich sicherlich nicht geändert. Meiner Meinung nach ist er der mit Abstand beste Trainer der Welt und er ist einer der nettesten Menschen, die ich im Fußball getroffen habe.“
Ten Hag lernte in München von Guardiola
Arsenal ist nicht der einzige große Klub, der einen Guardiola-Schützling an der Seitenlinie hat. Auch Erik ten Hag, noch Trainer bei Manchester United, arbeitete regelmäßig mit ihm zusammen, als er Trainer von Bayern Münchens zweiter Mannschaft war. Wenige Meter voneinander entfernt trainierten die Profis und die Amateure damals nebeneinander, selbstverständlich schaute sich ten Hag dort auch etwas ab.
„Wenn der Ball verloren ging, musste er innerhalb von Sekunden zurückerobert werden. Darin ist er kompromisslos“, schreibt ten Hag in seiner eigenen Biografie „Der moderne Trainer“.
Tobias Schweinsteiger, damals noch Spieler unter ten Hag bei Bayern II, sagte vor einiger Zeit gegenüber The Athletic: „Ich würde sagen, dass Pep und er sich in ihren Ideen und Persönlichkeiten ziemlich ähnlich sind, sie sind eher Fußball-Nerds als Menschenfänger, was nicht heißt, dass sie darin nicht auch gut sind.“ Mittlerweile ist Schweinsteiger selbst Trainer, stieg unter anderem im vergangenen Jahr mit Osnabrück in die zweite Bundesliga auf.
Guardiolas ehemaliger Co-Trainer bald Chelsea-Coach?
In Enzo Maresca ist ein weiterer ehemaliger Kollege von Guardiola in der Premier League aktiv.
Der Italiener war beim historischen Triple-Erfolg in der Saison 2022/23 Co-Trainer von Guardiola und wechselte anschließend zu Leicester City. Dort stieg er in der abgelaufenen Saison von der Championship in die Premier League auf und trifft damit nächste Saison ebenfalls auf seinen Mentor.
Noch ist allerdings noch nicht sicher, mit welcher Mannschaft das geschehen wird. Aktuell gibt es Gerüchte darüber, dass der FC Chelsea bei Maresca angeklopft hat. Die Londoner haben Mauricio Pochettino nach einer enttäuschenden Saison entlassen und suchennach einem neuen Trainer.
Guardiola-Armee erstreckt sich über ganz Europa
Auch außerhalb von England hinterlässt Guardiola seine Spuren. Cesc Fàbregas, der in Barcelona unter Guardiola spielte, stieg vor kurzem als Co-Trainer mit Como 1907 in die Serie A auf. Dort ist er in ein spannendes Projekt integriert. Thierry Henry, der ebenfalls unter Guardiola gekickt hat, ist dort Anteilseigner.
Langfristig möchte aber auch Fàbregas Chef-Trainer werden. „Ich gehe im Moment meinen eigenen Weg. Mein hundertprozentiges Ziel ist es, eines Tages einen Spitzenklub in der Premier League oder der Champions League zu trainieren“, verriet der Spanier der englischen Tageszeitung Evening Standard.
Während seiner Barca-Zeit trainierte Guardiola noch zahlreiche weitere Spieler, die heutzutage an die Seitenlinie gewechselt sind. Xavi hatte erst vor zweieinhalb Jahren den Sprung zum FC Barcelona geschafft, wurde dort aber vor kurzem rausgeworfen. Sein Nachfolger wird Ex-Bundes- und Bayern-Trainer Hansi Flick. Ausnahmsweise hat dieser bisher noch nicht mit Guardiola zusammengearbeitet.
Yaya Touré ist aktuell Co-Trainer in Saudi-Arabien, Javier Mascherano übernimmt die Verantwortung für Argentiniens Olympia-Kader in diesem Sommer. Auch Henry wird an dem Turnier teilnehmen, er trainiert Frankreichs Auswahl.
Neben der Liste von Guardiolas Erfolgen könnte auch die Liste seiner Schützlinge noch fortgesetzt werden. Wie es für ihn langfristig aussieht, steht aktuell noch nicht fest. „Die Realität ist, dass ich näher dran bin, zu gehen, als zu bleiben. Ich habe bereits mit dem Verein gesprochen und ihm gesagt, dass ich vorerst bleiben möchte. Ich werde nächste Saison hier sein, dann werden wir reden, aber ich bin schon seit acht oder neun Jahren hier … wir werden sehen“, sagte er kurz vor dem Gewinn seines sechsten Premier-League-Titels.
Für immer wird er den Job aber sicher nicht machen. Und wer weiß - vielleicht wird ja ein ehemaliger Schützling sein Nachfolger.