Allein das Ergebnis, über das Benfica Lissabon am 2. Mai 1962 jubelte, hätte nicht besser sein können. Mit 5:3 gewannen die Portugiesen ein spektakuläres Finale im Europapokal der Landesmeister gegen Real Madrid und setzten sich damit zum zweiten Mal in Folge die Krone dieses Wettbewerbs auf.
Als ein Verein verflucht wurde
Doch was am Abend danach geschah, hatte Folgen, die niemand kommen sah - und auch kaum zu glauben sind.
Denn an jenem Tag vor 63 Jahren, als die langjährige Vorherrschaft der Königlichen aus Madrid gerade gebrochen war, “verfluchte” der damalige Trainer Béla Guttmann den ganzen Verein.
Anfangs wurde der Ungar, ein in Budapest geborener Jude, von dem bis heute nicht bekannt ist, wie er den Holocaust überlebte, dafür noch belächelt. Doch das Lachen ist den Benfica-Fans längst vergangen.
Dem „Fluch” vorausgegangen war ein Streit zwischen der Klubführung und Guttmann. Unmittelbar nach dem Endspiel suchte er die Vereinsspitze von Benfica in der Ehrenloge des Amsterdamer Olympiastadions auf. Dort sollen ihm die Verantwortlichen jedoch eine Gehaltserhöhung oder bereits zugesagte Prämien verweigert haben.
Wutentbrannt ging er - und ließ seine berühmten Abschiedsworte folgen.
“100 Jahre keinen Europapokal!”
„Nem em 100 anos o Benfica sera campeao europeu novamente“ - in 100 Jahren werde Benfica keinen Europapokal mehr gewinnen, polterte Guttmann, dessen wohl größter Coup die Entdeckung eines gewissen Eusébio war.
Mit ihm formte er Benfica Lissabon zu einer Mannschaft, die die europäische Fußballwelt aufmischte. Die Portugiesen nahmen seine Worte auch deshalb zunächst nicht ernst und reagierten mit Humor.
Allerdings ging es schon bald bergab. Mit Guttmann, der es als Cheftrainer in Uruguay, Griechenland, Österreich und Portugal noch einmal versuchte und scheiterte. Aber auch mit Benfica, was die Ergebnisse auf der internationalen Bühne betraf.
1963 schaffte es der Klub erneut bis ins Finale des Landesmeister-Pokals, hatte dann aber nicht mehr das Glück auf seiner Seite. 1965 und 1969 folgten zwei weitere Niederlagen in Endspielen des gleichen Wettbewerbs. Aus Freude wurde rasch Verzweiflung.
Hatte die Trainerikone seinen Ex-Verein tatsächlich verhext? Fast schien es so. Wie es in Gutmanns Verwünschung hieß, gewann Benfica international plötzlich nichts mehr. Und so wollten alle den Fluch brechen.
Auch Eusébio, der 1990 zum Finale der Landesmeister nach Wien reiste. Am Vorabend ging er auf den jüdischen Friedhof, kniete vor dem Grab seines Entdeckers nieder und sagte: „Trainer, lass es gut sein. Für mich. Für Benfica“.
Acht Endspielpleiten in Folge
Es half nichts, die AC Mailand holte sich den Titel. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Benfica das Europapokalfinale gegen die PSV Eindhoven mit 6:5 nach Elfmeterschießen verloren, 2023 unterlagen sie im Finale der Europa League dem FC Chelsea mit 1:2.
Den Siegtreffer erzielte Branislav Ivanovic in der dritten Minute der Nachspielzeit. Nur eine Saison später erreichte Lissabon erneut das Finale der Europa League - und hatte wieder einen speziellen Plan im Gepäck.
Im heimischen Estádio da Luz wurde vor dem Finale eine Bronzestatue des ehemaligen Erfolgstrainers Guttmann in Lebensgröße mit den beiden Europapokalen im Arm aufgestellt, um den Fluch endlich zu besiegen. Doch auch das gelang nicht.
Kurz darauf verlor Benfica sein bislang letztes Europapokalfinale gegen den FC Sevilla. Inzwischen hat der Klub aus Lissabon acht internationale Endspiele in Folge verloren.
Nur Juventus Turin war mit zehn Finalpleiten noch öfter unterlegen. Den Rekord der aufeinanderfolgenden Finalniederlagen ohne Triumph hält allerdings Benfica.
Bis heute ist Guttmanns Fluch allgegenwärtig - und wird es wohl auch noch eine Weile bleiben, denn es fehlen noch 37 Jahre bis zu den 100 Jahren.