Nicole Kalemba ist überzeugt: „Wenn man wachsen möchte, wenn man lernen möchte, dann muss man sich Herausforderungen stellen.“
Die große Hoffnung auf die Bayern
Seit 2024 tut sie genau das – als Geschäftsführerin der SpVgg Bayreuth, einem Viertligisten mit großer Tradition, aber auch großen Herausforderungen. Als bislang einzige Frau in vergleichbarer Position im Männerfußball geht sie voran – mit Haltung, Teamgeist und einem klaren Ziel: Bis spätestens 2030 möchte man in Bayreuth wieder im Profibereich spielen.
Dabei sieht Kalemba ihre Rolle im Männerfußball nicht als Ausnahme, sondern als Ermutigung für andere: „Ich bin mir sicher, dass wir auf einem sehr, sehr guten Weg sind, dass sich das ändern wird in der nahen Zukunft“, sagt sie mit Blick auf die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen im Fußball.
Ihr Appell an junge Frauen: „Macht einfach, traut euch, ihr braucht da keine Angst haben.“
Kalemba auch als Unternehmerin tätig
Dass ihr Weg kein typischer war, sieht sie als Stärke. „Ich habe nicht diesen typischen Weg hinter mir“, sagt sie. „Ich habe Tourismusmanagement studiert, Finanz- und Bankmanagement, dann promoviert, aber für mich war der Fußball immer meine Leidenschaft und ein wichtiger Teil meines Lebens.“
Die Verbindung zum Fußball blieb – erst als Spielerin, später als Organisatorin im Jugendturnierbereich, dann in der Medienabteilung des FC Ingolstadt oder des spanischen Zweitligisten Castellon.
Heute führt sie parallel zu ihrer Aufgabe in Bayreuth ein Team für ein Unternehmen in Ingolstadt an drei Standorten. „Wenn ich da nicht strukturiert wäre und organisiert wäre, dann wäre das, glaube ich, auch alles nicht möglich.“
Die Hürden der Regionalliga
In Bayreuth begann sie 2024 mit offenen Gesprächen – mit Mitarbeitenden, Fans, Sponsoren und Spielern: „Es ist mir wichtig, die Menschen zu verstehen, die einfach schon mehrere Jahre mit dabei sind.“
Auf Basis dieser Gespräche entstand ihr Plan „Vision 2030 – Tradition bewahren, Zukunft gestalten“. Kalemba erklärt: „Ich wollte nicht herkommen und alles komplett über Bord werfen. Aber klar hat man sich Gedanken gemacht: Wo wollen wir hin?“
Die Realität in der Regionalliga ist komplex: keine TV-Gelder, hohe Spieltagskosten, eine angespannte Sponsorenlage.
„Wir haben eigentlich einen Break-even von 4.000 Zuschauern. Wenn ich vorher gesagt habe, wir haben einen Durchschnitt von 2.700, dann ist es einfach schwierig.“
Großer Wunsch: Ein Benefizspiel gegen Bayern
Deshalb denkt sie über neue Wege nach – etwa ein Crowdinvesting-Modell, das breite Unterstützung ermöglichen soll. „Mir war wichtig, den Fans die Möglichkeit zu geben, zu investieren.“ Immerhin: „Wir sind jetzt ungefähr bei 100.000 Euro angelangt.“
Auch eine Idee: ein Benefizspiel mit dem FC Bayern. „Das wäre ein wahnsinniger Trampolinsprung – und das kann den Verein retten“, sagt Kalemba offen. Ihr Wunsch geht direkt an die Säbener Straße: „Lieber Uli Hoeneß, wir würden uns ja freuen über ein Benefizspiel.“
Im Vereinsalltag setzt sie auf eine moderne, empathische Führung: „Ich bin jetzt keine autoritäre Person, sondern ich möchte gerne Führungskraft auf Augenhöhe sein.“
Wichtig ist ihr, dass auch die Spieler wissen, woran sie sind: „Ich stelle mich auch gerne vor die Mannschaft, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Dann versuche ich, beides irgendwo zu sein – mal die strenge Geschäftsführerin, aber auch irgendwo die Person, die Ansprechpartnerin ist.“
Kalemba erhielt ein Stipendium
Dabei spricht sie offen über Fehler: „Ich glaube an eine Fehlerkultur. Wenn du dem Spieler mitgibst: ‘Hey, es ist blöd gelaufen heute, aber gib einfach wieder alles im Training’ – dann kommt da auch wieder was zurück.“
Ihr Führungsverständnis zieht sie auch aus der Zeit in Spanien, wo sie zwölf Jahre gelebt, studiert und gearbeitet hat.
„Die Mentalität ist einfach anders in Spanien. Man ist vielleicht ein bisschen offener.“ Was sie besonders mitgenommen hat: „Ich sehe gerne das große Ganze – und ich glaube schon, dass man dadurch einfach seinen Horizont sehr erweitert“, so Kalemba, die fünf Sprachen spricht.
Heute ist sie bestens vernetzt – unter anderem im DFB-Ausschuss, der 3. Liga und im Management-Zertifikatskurs von DFB und DFL.
„Das hat mir sehr viel gegeben, auch viel Selbstvertrauen. Ich habe so viele inspirierende Menschen auf diesem Weg kennenlernen dürfen.“
Kalemba ist eine von nur zwei Frauen im Kurs – und erhielt eines der beiden Stipendien.
Ihr Fazit: „Ich bin, wie ich bin. Ich mache mein Ding.“ Und sie weiß: Führung braucht Ausdauer.
„Ich bin Steinbock. Ich bin leicht sturköpfig. Und ich finde: Wenn man sich ein Ziel in den Kopf setzt, dann muss man dieses Ziel auch verfolgen.“
Mounir Zitouni (54) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Führungskräfte und Teams in puncto Leadership, Kommunikation und Teamentwicklung. Der ehemalige Profifußballer hat die Autobiographie von Dieter Müller geschrieben und im Buch „Teams erfolgreich führen“ (Metropolitan-Verlag, 2024) die Erkenntnisse aus den Gesprächen im Podcast LEADERTALK zum Thema Leadership zusammengefasst.