Mit einem Fehlglauben über Schiris würde Katrin Rafalski gern aufräumen. Die weit verbreitete Annahme, diese seien Einzelkämpfer*innen, kann die Hessin nicht bestätigen, vielmehr sagt sie über den eigenen Weg in diese Profession: „Der Spaß kam dann immer mehr mit dem Sport und mit der Gemeinschaft.“ Und: „Dann habe ich da meine neue Berufung gefunden.“
Pfeifen, winken, funken als Berufung
Angefangen hat Rafalski, wie viele Schiris, als Fußballerin. Ihre Positionen? Torhüterin und Linksaußen. „Merkst du was?“, fragt sie angesichts zweier Posten, über die im Zusammenhang mit dem Video Assistant Referee (VAR) viel diskutiert wird – und lacht herzlich. Denn längst ist auch das Video-Assist-Center in Köln, umgangssprachlich Kölner Keller, ihr Arbeitsgebiet.
Auf ihrem Weg als Schiedsrichterin habe sich ein Schritt nach dem anderen ergeben, schaut die 43-Jährige zurück. Sie sei deswegen nie überwältigt gewesen von einer neuen Aufgabe, alles kam sozusagen für sie zur richtigen Zeit.
Von der Zweiten Liga ins WM-Finale
Ab 2006 leitet die 1982 geborene Hessin Spiele in der 2. Liga (F), ein Jahr später auch in Liga 1, assistiert 2009 im DFB-Pokalfinale und schafft es 2010 in die Riege der FIFA-Schiris.
Mit der U20-WM und der WM 2011, beide im eigenen Land, ist sie als Assistentin im Team von Bibiana Steinhaus direkt bei den ersten großen Turnieren dabei. Bei den Olympischen Spielen 2012 schafft sie es im Team mit Steinhaus und Marina Wozniak bis ins Finale. Rafalski kann diese Meilensteine alle ohne nachzudenken benennen.
Über sich selbst sagt die röntgentechnische Assistentin, die in einer Klinik arbeitet: „Ich bin absolut ehrgeizig. Und ich bin so ein Zahlenfreak. Wenn ich einen Halbmarathon laufe, möchte ich beim nächsten mindestens eine Sekunde schneller sein. Ich habe an mich selbst einen ganz, ganz hohen Anspruch.“ Was ihr hingegen nichts bedeute, sei, in der Öffentlichkeit oder aber im Mittelpunkt zu stehen. Interviews mit Rafalski sind deshalb selten.
„Ich wollte nie besonders sein“
„Ich glaube, ich bin so eine gute Zuarbeiterin“, sagt sie über ihre Rolle als Assistentin. Es sei ihr nie wichtig gewesen, Chefin zu sein, wohl aber wollte sie immer über sich sagen können, dass sie alles getan habe, um eingesetzt zu werden. Unabhängig davon, in welcher Rolle.
Über das Thema Frauen im Schiri-Wesen sagt die Hessin: „Ich wollte nie besonders sein. Ich wollte, dass man mich einfach behandelt, wie jeden anderen auch.“ Fördermaßnahmen des DFB für Schiedsrichterinnen hebt sie positiv hervor. Sexistische und diskriminierende Vorfälle freilich verhindert das nicht; die kommen nicht immer platt und eindeutig daher, oft verstecken sie sich auch in Strukturen. Denn noch sind Schiedsrichterinnen als Ausnahme auffällig.
Nachwuchsarbeit ist Katrin Rafalski, die bei der EM in der Schweiz im Sommer am VAR-Pult sitzen wird, eine Herzensangelegenheit – und eine Möglichkeit, um etwas zurückzugeben. Auch deshalb engagiert sie sich bei „Profi sucht Pate“ und verbringt gerne und viel Zeit auf Amateur*innen-Plätzen. Die jungen Leute sollen sehen, sie ist da, ist ansprechbar. Denn der Job als Schiri ist schließlich: Teamarbeit.