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"Das sollte hinter verschlossener Tür stattfinden"

Kind? „Ich sehe das absolut positiv“

Marcus Mann ist den Weg vom Fußballprofi zum Funktionär konsequent gegangen – und hat sich bei Hannover 96 bereits gut eingelebt. Im SPORT1-Podcast Leadertalk spricht Mann über seinen Weg und was es bedeutet, schwierige Entscheidungen zu treffen.
Christian Titz möchte gerne mit seinem neuen Verein Hannover 96 zurück in die Bundesliga kehren.
Marcus Mann ist den Weg vom Fußballprofi zum Funktionär konsequent gegangen – und hat sich bei Hannover 96 bereits gut eingelebt. Im SPORT1-Podcast Leadertalk spricht Mann über seinen Weg und was es bedeutet, schwierige Entscheidungen zu treffen.

Marcus Mann spricht ruhig, aber mit Nachdruck über das, was ihn antreibt: Verantwortung zu übernehmen, auch wenn sie schwer wiegt.

„Mir hat das immer Spaß gemacht, Verantwortung zu übernehmen. Und der Druck oder die Verantwortung war für mich jetzt nie eine Belastung gewesen“, sagt der Geschäftsführer Sport von Hannover 96. Wenn der Moment gekommen ist, eine Entscheidung zu treffen, verlässt er sich auf seine innere Klarheit: „Sobald ich das Gefühl habe, dass der Zeitpunkt gekommen ist, dann funktioniere ich eigentlich.“

Dabei ist ihm bewusst, dass Führung immer auch Irrtum bedeutet. „Man trifft dann auch nicht immer die richtige Entscheidung. Manchmal stellt es sich auch als die falsche nachher heraus – gehört dazu.“ Trotzdem bleibt er handlungsfähig, denn für ihn gilt: „Aber dann, ab einem gewissen Punkt, muss man einfach funktionieren.“

Mann bringt Ruhe zu Hannover 96

Diese Haltung prägt auch seinen Stil in Hannover, einem Verein, der über Jahre durch interne Konflikte und öffentliche Debatten geprägt war. Mann, der seinen Posten im März diesen Jahres antrat, weiß um die Sensibilität des Umfelds und setzt bewusst auf Ruhe: „Ich bin trotzdem der Meinung, dass es einfach wichtig ist, besonders in solchen Vereinen dann eine gewisse Ruhe auszustrahlen und ja, und auch etwas Ruhe in den Verein reinzubringen.“

Dabei geht er mit gutem Beispiel voran. „Zuallererst versuche ich natürlich mal als Vorbild zu dienen, einfach einen gewissen Fleiß mitzubringen“, sagt er. Fleiß und Ehrlichkeit sind für ihn Grundpfeiler im Umgang mit Mitarbeitenden: „Der Fleiß ist mir extrem wichtig, Ehrlichkeit […] Dass die Dinge, die man macht, im Sinne des Vereins gemacht werden.“ Konflikte gehören für ihn zum Alltag – entscheidend sei, wie man sie führt: „Unangenehme Themen gehören natürlich dazu, aber die müssen dann besprochen werden und auch klar angesprochen werden. Aber das sollte hinter verschlossener Tür stattfinden und dann auch nicht nach außen dringen.“

Sein Ziel ist es, die Energie auf das Wesentliche zu lenken. „Ich glaube, wir müssen schon so ehrlich sein, dass Hannover 96 bundesweit oft mit Streit in Verbindung gebracht wurde, mit den internen Differenzen in Verbindung gebracht worden ist“, sagt Mann. Heute jedoch spürt er eine andere Atmosphäre: „Mit der Ernennung der neuen Geschäftsführung haben wir seit März eine gewisse Ruhe im Verein, konnten jetzt mit dem Saisonstart mit den Neuzugängen wieder eine gewisse Freude entfachen – und ich glaube, jetzt ist es die Aufgabe von uns allen, das einfach aufrechtzuerhalten.“ Dass sich diese Entwicklung auch auf die Fans überträgt, freut ihn besonders. „Wir haben jetzt, glaube ich, am Sonntag das dritte Mal in vier Heimspielen ausverkauft mit 49.000 Zuschauern. Darüber kann ich mich extrem freuen“, sagte er mit Blick auf das Heimspiel Ende September gegen Arminia Bielefeld (3:1).

Mann blickt kritisch auf eigene Trainer-Entscheidung

Trotz aller Fortschritte blickt Mann selbstkritisch auf die vergangenen Monate zurück – insbesondere auf die Wechsel auf der Trainerbank. Nach den Entlassungen von Stefan Leitl und André Breitenreiter sei ihm klar geworden, wie wichtig Kontinuität und Vertrauen sind. „Ich bin grundsätzlich kein Freund von Trainerwechsel und mich ärgert das im Nachhinein definitiv, dass wir da jetzt in der Rückrunde so ein bisschen ins Rotieren gekommen sind“, sagt er offen. Die Verpflichtung von Christian Titz sieht er als Neustart und bewusstes Bekenntnis zu Beständigkeit: „Die Wahrscheinlichkeit ist definitiv höher, mit Kontinuität zum Erfolg zu kommen, als alle drei Monate irgendwelche größeren Wechsel vorzunehmen.“

Neben Haltung und Klarheit spielt für ihn auch Entwicklung eine zentrale Rolle. Hannover 96 müsse sich, so Mann, strategisch und technologisch weiterentwickeln. „Man kann sich nicht mehr vor Daten verschließen“, sagt er. „Wir haben auch diesen Sommer einige Spieler im ersten Moment erst mal über Daten entdeckt und haben sie dann im zweiten Blick im Stadion beobachtet.“

Sein Verständnis von Führung zeigt sich auch in seiner Sicht auf Kritik. Für Mann bedeutet Stärke, sich selbst zu hinterfragen und den offenen Diskurs zuzulassen: „Ich glaube, ein Zusammenhalt mit einer gesunden Streitkultur, um sich einfach auch Meinungen sagen zu können, ohne dass der Gegenüber beleidigt ist, ist extrem wichtig.“ Entscheidend sei, dass man nach innen zusammenstehe: „Wenn es darauf ankommt, dass man zusammensteht, dass es nach außen nachher auch nicht heißt, das war aber seine Entscheidung und das war meine Entscheidung, sondern dass man die Entscheidung dann auch zusammenträgt.“

Martin Kind für Mann ein wichtiger Anker

Ein wichtiger Anker für Mann ist dabei auch Martin Kind. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung betont Mann, dass er die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Vereinschef als positiv erlebt. „Ich sehe das absolut positiv […] weil aus meiner Sicht kann man extrem viel von ihnen lernen“, sagt er über Kind und andere prägende Persönlichkeiten. „Am Ende muss man aber auch sagen, muss man trotzdem seine eigenen Entscheidungen treffen.“

Es ist genau diese Balance – zwischen eigenem Gestaltungswillen und Respekt vor Erfahrung –, die ihn auszeichnet. Geprägt hat ihn vor allem sein früherer Trainer Dieter Ferner beim 1. FC Saarbrücken – ein Vorbild, das „jede Entscheidung im Sinne des Vereins getroffen“ habe und damit Maßstäbe für Manns heutiges Führungsverständnis setzte.

Mounir Zitouni (55) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Führungskräfte. Klubs und Unternehmen in punkto Leadership, Kommunikation und Teamentwicklung. Der ehemalige Profifußballer hat die Autobiographie von Dieter Müller geschrieben und im Buch „Teams erfolgreich führen“ (Metropolitan-Verlag, 2024) die Erkenntnisse aus den Gesprächen im Podcast LEADERTALK zum Thema Leadership zusammengefasst.