Clemens Tönnies schweigt. Was in unruhigen Zeiten auf Schalke eigentlich eine Seltenheit ist.
Schalke läuft aus dem Ruder
Denn der Aufsichtsratsboss hat in der Vergangenheit gerne mal öffentlich auf den Tisch gehauen. Doch Tönnies hält sich aktuell zurück, gibt sich bedeckt.
Strunz fordert Eingreifen von Tönnies
Dabei wäre es der 59-Jährige, der etwas Ruhe in das immer hektischer werdende Umfeld auf Schalke bringen könnte. Deeskalierend einwirken, entgegensteuern, die Brände zumindest zum Teil löschen. Ein Zeichen setzen.
Doch stattdessen entwickelt sich auf Schalke mal wieder eine gefährliche Eigendynamik, die Diskussionen um die Zukunft von Trainer Andre Breitenreiter haben sich längst verselbständigt, sämtlichen Spekulationen werden Tür und Tor geöffnet.
Ein Bekenntnis von Tönnies zu dem 42-Jährigen? Fehlanzeige.
SPORT1-Experte Thomas Strunz wird im Volkswagen Doppelpass deutlich: "Alles wird schön geredet. Ich habe das Gefühl, dass alle wollen, dass die Saison vorbei ist. Aber die Saison ist noch nicht vorbei. Jetzt müsste Clemens Tönnies sich einbringen, um zu verdeutlichen, was hier auf dem Spiel steht. Sie können ja noch ins internationale Geschäft."
Klar ist: Sollte Tönnies den neuen Manager Christian Heidel mit dem Versprechen eines Neuanfangs mit neuem Trainer gelockt haben, wird der Schalke-Boss natürlich den Teufel tun, Breitenreiter öffentlich zu stärken.
Vor allem, weil er am 26. Juni auf der Jahreshauptversammlung zur Wahl steht. Es also auch um seine eigene Zukunft geht.
Dafür giftet derzeit Noch-Manager Horst Heldt gegen Bald-Manager Heidel, Heldt und Breitenreiter gegen das ganze Umfeld, vor allem gegen die Medien. Und die Gerüchte, Augsburg-Coach Markus Weinzierl stünde bereits so gut wie sicher als Nachfolger fest.
Nebenkriegsschauplätze wie der angebliche Derby-Steinwurf von Klaas-Jan Huntelaars Bruder oder der Unfall von Leroy Sané sind da nur noch das negative Tüpfelchen auf dem I.
Wutrede von Heldt
Heldt, der, seitdem sein Ende im Sommer feststeht, eigentlich auf eine witzig-selbstironische Art und Weise in sich selbst ruht, brachte das ganze Bohei endgültig auf die Palme.
"Ich habe letztens gehört, dass Christian Heidel gesagt hat, dass er ab 16. Mai voll und ganz für Schalke zuständig ist. Mit mir hat noch keiner gesprochen, und ich habe einen Vertrag bis zum 30. Juni. Es ist nicht in Ordnung, dass Leute, die noch nicht auf Schalke sind, über Schalke reden“, sagte Heldt und erbot sich "Ruhe für den Endspurt. Störfeuer von außen helfen keinem".
Wer diese Diskussionen über den Trainer führe, "sollte die Klappe halten".
Auch Torhüter Ralf Fährmann, der seit Monaten fast flehentlich darum bittet, die Mannschaft und den Neuaufbau mit Geduld zu begleiten, kann das Thema nicht mehr hören: "Immer wieder wird ein neuer Brandherd gesetzt. Es nervt einfach bloß." Und das nicht nur auf Schalke, sondern auch in Augsburg.
Augsburg genervt von Weinzierl-Gerüchten
"Das interessiert mich mittlerweile gar nicht mehr. Wir beschäftigen uns wirklich nur mit dem nächsten Gegner, dem nächsten Spiel", stellte Manager Stefan Reuter bei SPORT1 klar: "Das ist ein Thema, das wir aus den Medien nicht mehr herausbekommen, das sich für uns aber aktuell überhaupt nicht stellt."
Breitenreiter selbst reibt sich allerdings in den Grabenkämpfen immer mehr auf, strahlt immer weniger Souveränität aus und gibt ein, freundlich ausgedrückt, unglückliches Bild ab.
Er betonte zwar, er sei gelassener geworden. Doch genau das widerlegt er mit seinem Auftreten umgehend.
Wenige Tage vor dem Spiel beim FC Bayern wetterte er gegen die Berichterstattung ("Wenn Sie ehrlich sind, berichten Sie seit zehn Jahren immer über den gleichen Mist und geben dem auch keine Chance, etwas kontinuierlich aufzubauen"), unmittelbar vor dem 0:3 drohte er schließlich, ein TV-Interview abzubrechen.
Sportlich hat sich in den vergangenen Wochen eine Skepsis Breitenreiters Arbeit gegenüber manifestiert, die seine Mannschaft auf dem Platz nicht widerlegt.
In München setzte Breitenreiter auf ein defensives Bollwerk, Schalke ließ sich nicht anmerken, unbedingt etwas mitnehmen zu wollen. Sowieso sehen viele Kritiker keine wirkliche Weiterentwicklung, und das auf vielen Ebenen.
Stattdessen ist der Klub auch noch auf einem guten Weg, das Saisonziel komplett zu verspielen.
Auch wenn das zwar nicht öffentlich gesagt wurde, sind das natürlich die europäischen Plätze. Und dabei mindestens die Europa League.
Reichlich Zündstoff
Das Restprogramm birgt auf jeden Fall genügend Zündstoff. Darunter Auftritte in Hannover und Hoffenheim. Dazwischen das Heimspiel ausgerechnet gegen den FC Augsburg.
Zuerst steht aber am kommenden Samstag das direkte Duell mit dem Dritten Leverkusen an.
"Ist doch super, wenn wir zu Hause den direkten Konkurrenten besiegen können", sagte Breitenreiter. Falls nicht, könnte es richtig ungemütlich werden.