Deutschland hat schon seit längerer Zeit ein Stürmer-Problem. Ein U17-Nationalspieler könnte in Zukunft aber die Lösung sein: Max Moerstedt. Der Stürmer der TSG Hoffenheim ist ein elementarer Teil des WM-Märchens, das die deutsche U17 gerade schreibt.
Löst er das deutsche Sturm-Problem?
In fünf von sechs Spielen stand der Angreifer in der Startelf des DFB-Teams. Dabei erzielte er bereits vier Tore - im Halbfinale am Dienstag traf er beim Stand von 2:2 zur zwischenzeitlichen 3:2-Führung für Deutschland.
Beim anschließenden Elfmeterschießen trat der 17-jährige Mannheimer nicht an, jedoch gewann Deutschland das Spiel trotzdem mit 7:5. Am kommenden Samstag könnte Moerstedt sein Team im Finale gegen Frankreich mit weiteren Toren sogar zum WM-Titel schießen.
Deutschland sucht einen neuen Super-Stürmer
Die Sehnsucht nach einem Goalgetter der Marke Miroslav Klose oder Mario Gómez ist groß in einem Land, in dem Sturm-Legenden wie Gerd Müller, Jürgen Klinsmann oder Rudi Völler auf Torejagd gingen. Es ist die schwierige Suche nach einem neuen Super-Stürmer.
Niclas Füllkrug performte vor seinem Wechsel von Werder Bremen zu Borussia Dortmund zweifelsohne auf einem sehr ordentlichen Niveau und war auch bei der WM in Katar eine Überraschung. Allerdings ist der bullige Stürmer 30 Jahre alt und somit keine zukunftsträchtige Lösung.
Hoffnungsträger Jonathan Burkardt (23) erlebte nach seiner Knieverletzung 2022 ein Seuchenjahr - erst am vergangenen Wochenende kehrte er nach insgesamt 378 Tagen Leidenszeit zurück auf den Platz.
Youssoufa Moukoko war lange auf einem guten Weg, ist aber zu schwankend in seinen Leistungen und beim BVB maximal Einwechselspieler. Timo Werner hat zwar Vollstrecker-Qualitäten, ist aber kein typischer Strafraumstürmer und steckt bei RB Leipzig ebenfalls im Leistungsloch.
Es gibt sie nicht wie Sand am Meer, die deutschen Neuner auf hohem Niveau.
Im Hoffenheimer Talenteschuppen kickt Moerstedt
Der Blick richtet sich deshalb in den U-Bereich.
Moerstedt stach in der U17 der TSG Hoffenheim mit 22 Toren und zehn Vorlagen in 28 Partien hervor. Für die U17-Nationalmannschaft erzielte der Angreifer mittlerweile zehn Treffer in 22 Partien.
Die Kraichgauer zogen den 17-Jährigen inzwischen schon in die U19 hoch - und auch dort glänzt er mit seinen Leistungen. In 20 Spielen erzielte er 20 Tore und bereitete fünf weitere Tore vor.
Moerstedt kam am 15. Januar 2006 in Mannheim auf die Welt. Er kickte zunächst fünf Jahre beim Karlsruher SC, wo er zwischenzeitlich als Achter agierte und ein hohes Spielverständnis entwickelte.
In der U13 stach Moerstedt dann aber als Stürmer hervor, jubelte 64 Mal! Gegen Borussia Dortmund gelang ihm sogar ein Kunststück der Marke „Tor des Monats“, er traf von der Mittellinie.
Klose überzeugt Moerstedt vom Schritt nach München
Wer frühzeitig heraussticht, der landet folgerichtig auch auf dem Zettel des FC Bayern München.
Max Legath war damals Scout am Campus des deutschen Rekordmeisters. Legath erkannte das große Potenzial, das in Moerstedt schlummert. Weltmeister Klose saß mit am Tisch und überzeugte ihn vom Schritt nach München.
Zunächst lief alles wie erhofft, doch dann kam das Frühjahr 2020. Die Corona-Pandemie brach aus und veränderte die (Fußball-)Welt auf einen Schlag.
Während der Profibereich nach einer rund zweimonatigen Pause wieder weitermachen durfte und der Betrieb nicht mehr unterbrochen wurde, traf es die Jugendfußballer knallhart. Keine Spiele, kaum Mannschaftstraining, viel Isolation, wenig Rasen - Weiterentwicklung war so nicht möglich.
Corona bremst Entwicklung - Rückkehr in die Heimat
Dabei fühlte sich Moerstedt wohl beim FC Bayern, im Internat wohnte er auf einer Etage mit weiteren großen Talenten wie Paul Wanner und Arijon Ibrahimovic (feierte im Februar sein Bundesligadebüt).
Im schier endlosen Lockdown wurde es für den zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alten Moerstedt ohne Familie in München allerdings immer schwieriger.
Gemeinsam mit dem FC Bayern haben beide Seiten in enger Abstimmung eine gute Lösung erarbeitet. Moerstedt wechselte nach Hoffenheim, also wieder zurück in seine Region - und damit deutlich näher an seine Heimat und Familie.
Kann er nun das Sturmproblem in Deutschland lösen?
Tipp des „Tigers“ Gerland: Klose als Vorbild nehmen
Hermann Gerland hat beim FC Bayern München viele Talente geschliffen und Karrieren gefördert. Seit 2021 ist der „Tiger“ beim DFB für die Jugend mitverantwortlich. Gerland schnappte sich Moerstedt auch schon zu einer individuellen Trainingseinheit.
Klose sei ein Vorbild, sein Kopfballspiel war jahrelang das Maß aller Dinge. Moerstedt, so der Tipp des „Tigers“, solle regelmäßig am Kopfballpendel arbeiten, damit er seine Körpergröße von 1,94 Metern optimal einsetzen könne.
Er bringt allerdings nicht nur Länge, sondern auch Tempo mit. Wenn Moerstedt anzieht, dann kommt er auf eine Geschwindigkeit von 3,95 Sekunden auf 30 Metern - ein starker Wert.
Seine Schnelligkeit hilft ihm im Strafraum, ein guter Antritt gepaart mit einem kraftvollen Körper sind wertvolle Eigenschaften für den Traum vom Profifußball.
Gomez und Klose waren per Kopf äußerst erfolgreich
Und: Moerstedt wusste schon früh, wohin sein Weg führen soll. Bei einem Italien-Urlaub mit seinen Eltern traf der achtjährige Moerstedt zufällig Mario Gómez vor einem Auswärtsspiel mit Florenz im Hotel.
Er machte ein gemeinsames Foto mit dem ehemaligen Nationalstürmer. Gómez fragte Moerstedt, was er denn mal werden wolle. Dessen Antwort lautete kurz und knapp: „Stürmer!“
Mit Köpfchen nach ganz oben? Moerstedt hat von Gerland Tipps erhalten, wie es gehen kann. Klose und Gómez jedenfalls waren sehr erfolgreich, wenn die Flanke in die Mitte segelte und es sich durchzusetzen galt. 50 Mal nickte Gómez ein, Klose gar 59 Mal.
Möglicherweise stillt Moerstedt zukünftig die deutsche Sehnsucht nach einem Super-Stürmer ...