Gewohnt deutliche Worte vom Klub-Granden: In der bayerischen Provinz hat Uli Hoeneß zu einem weltpolitischen Rundumschlag ausgeholt.
„Der Orban ist völlig überschätzt!“
Als Stargast anlässlich des 75-jährigen Vereinsbestehens des SV Seligenporten (Landkreis Neumarkt) machte der Ehrenpräsident und langjährige Strippenzieher des FC Bayern sowohl die EU als auch den US-Wahlkampf zwischen Joe Biden und Donald Trump zum Thema - und bezog klar Position.
„Der Orban wird völlig überschätzt“
„Jeden Morgen, wenn ich am Tegernsee aufwache (Hoeneß' Wohnsitz, Anm. d. Red.) und meine Zähne putze, bin ich froh, in Deutschland zu leben. Stellen Sie sich mal vor, Sie leben in den USA und Trump ist der Präsident“, hielt Hoeneß fest. Aus deutscher Sicht müsse man sich diese Alternative vor Augen halten und wertschätzen, was man habe: „Die Stimmung im Land ist nicht gut, sie ist schlecht. Diese ewige Klagerei und der Pessimismus bringt nichts.“
Ärger äußerte Hoeneß auch über den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat und immer wieder wegen seiner autoritären Politik in der Kritik steht - zuletzt unter anderem wegen seines eigenmächtigen, als „Friedensmission“ beworbenen Besuchs bei Russlands Präsident Wladimir Putin, zu dem ihm eine zu große Nähe vorgeworfen wird.
„Der Orban wird völlig überschätzt“, schimpfte Hoeneß in Seligenporten: „Ungarn ist ein Land mit acht Millionen Einwohnern - und er führt sich auf, als hätte er 200. Ich hätte den schon längst aus der EU rausgeschmissen.“
Diskussion um Biden macht Hoeneß nachdenklich
Die deutsche Politik lobte Hoeneß derweil für die Sicherheitsmaßnahmen rund um die EM: „Gott sei Dank gab es keine Anschläge. Da hatte ich eine panische Angst. Ich muss sagen, unser Innenministerium und die Polizei haben einen wahnsinnig guten Job gemacht, auch wenn es manchmal genervt hat. Aber Sicherheit geht über alles. Deswegen werden wir in Zukunft da noch mehr akzeptieren müssen.“
Spannend wurde es auch, als Hoeneß den DFB-Rücktritt von Thomas Müller und die Zukunft von Manuel Neuer bewertete (“Muss das selber entscheiden. So sehe ich das auch“). Der 72-Jährige kam dann von sich aus auf US-Präsident Biden zu sprechen und die Diskussion, ob dieser sich aufgrund seiner Alterserscheinungen aus dem Präsidentschaftsrennen zurückziehen sollte.
„Ich mache mir auch persönlich meine Gedanken, wenn ich da die Geschichte in Amerika mit Biden erlebe“, meinte Hoeneß: „Da habe ich heute einen guten Satz gelesen. Es gehört auch Größe dazu, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören zu finden. Das gilt für alle.“
Auch Hainer mit politischem Statement
Zum Thema Politik äußerte sich am Wochenende auch ein weiterer Funktionär des deutschen Rekordmeisters: Herbert Hainer, Hoeneß' Nachfolger im Präsidentenamt.
In der Jubiläumsausgabe des FC Bayern Podcast meinte der 70 Jahre alte Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass sich ein Fußballverein aus der Politik heraushalten sollte. Aber am Ende des Tages besteht ein Fußballverein auch aus einzelnen Menschen. Einzelne Menschen sollten, nach meinem Dafürhalten, schon politisch sein.“
Hainer betonte: „Wir haben in Deutschland das große Glück, dass wir in einer Demokratie leben und seit 80 Jahren in Frieden gelebt haben. Wenn ich mir jetzt die Entwicklung der Politik in Deutschland oder auch in Europa anschaue, dann bin ich schon der Meinung, dass man als einzelne Person aber auch als Verein aufstehen und sagen kann, dass wir der Meinung sind, dass es in die falsche Richtung geht.“