Seit knapp einem Jahr steht Sacha Boey beim FC Bayern unter Vertrag - und die bayerischen Gepflogenheiten beherrscht er inzwischen bestens: Mit einem freundlichen „Servus“ begrüßt er SPORT1 in Paris zum Interview.
Bayern-Star: „Ich warte sehnsüchtig“
Das Gespräch am Rande eines Termins seines Ausrüsters Under Armour findet dann zwar auf Französisch statt, aber der 24-Jährige verrät, dass er sich auch aufgrund seines regelmäßigen Deutschunterrichts in München immer besser zurechtfindet.
Dabei war er sportlich bisher vom Pech verfolgt: Aufgrund diverser Verletzungen kommt Boey seit Februar bislang auf gerade einmal vier Pflichtspieleinsätze für die Bayern, zuletzt setzte ihn seit Mitte September ein Meniskusriss im linken Knie außer Gefecht.
Jetzt aber hat der Rechtsverteidiger sein Comeback fest im Blick. Im SPORT1-Interview verrät er, was ihn beim deutschen Rekordmeister besonders beeindruckt, spricht über sein besonderes Verhältnis zu Vincent Kompany und gibt auch persönliche Einblicke.
SPORT1: Sacha, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen nach Ihrer Verletzung?
Sacha Boey: Es geht mir gut, ich fühle mich körperlich sehr gut! Mein Ziel ist es, für das Spiel gegen Augsburg, also im nächsten Bundesliga-Spiel, in den Kader zurückzukehren.
SPORT1: Sie sind jetzt seit fast einem Jahr in München. Wie gefällt es Ihnen - und haben Sie das Gefühl, schon richtig angekommen zu sein?
Boey: Ich fühle mich absolut wohl in München. Ich habe etwas Anlaufzeit gebraucht, weil ich immer sehr viel analysiere und hinterfrage. Ich spreche viel mit den Leuten und es wird einem hier leichtgemacht, sich zu öffnen. Inzwischen komme ich mit der Sprache immer besser klar, was mir das alltägliche Leben deutlich leichter macht. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der Entwicklung - und ich hoffe, dass es stetig besser wird.
„Kompany wollte mich nach Burnley in die Premier League holen“
SPORT1: Was hat Sie bisher beim FC Bayern am meisten beeindruckt?
Boey: Was am meisten heraussticht, ist die Professionalität. Egal, ob beim Training, rund ums Spiel oder auch bei so etwas wie den Auswärtsreisen: Es ist alles immer top geregelt.
SPORT1: In Ihrem ersten halben Jahr haben Sie unter Thomas Tuchel trainiert. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Boey: Ich hatte eine sehr gute Beziehung zu ihm, er war ein wirklich guter Trainer für mich. Jetzt haben wir in Vincent Kompany einen neuen Trainer und es läuft wirklich gut.
SPORT1: Sie sprechen Vincent Kompany an: Er wollte Sie einst schon zum FC Burnley holen, jetzt sind Sie gemeinsam beim FC Bayern. Wie sieht Ihr Verhältnis zu ihm aus?
Boey: Wir haben eine sehr gute Beziehung, und dass wir dieselbe Sprache sprechen, macht den Austausch leichter. Und wie Sie gesagt haben: Er wollte mich nach Burnley in die Premier League holen, hat schon seit langem Interesse an mir gezeigt. Wie man so schön sagt: Nichts im Leben passiert zufällig. Jetzt sind wir in München zusammengekommen - und das ist schön.
SPORT1: Und Sie sprechen Französisch miteinander?
Boey: Ja, wir sprechen meistens Französisch. Aber manchmal will er mich ärgern, dann redet er Englisch mit mir. (lacht)
„Die Fans von Galatasaray sind wirklich außergewöhnlich“
SPORT1: Wie würden Sie die Art und Weise beschreiben, wie Kompany Fußball spielen lässt?
Boey: Beim Stil, den er versucht, uns einzuimpfen, kommt es oft zu Eins-gegen-Eins-Situationen über den gesamten Platz - und dann ist es ein schnelles Umschalten nach vorne.
SPORT1: Das klingt relativ simpel.
Boey: Ja, am Ende ist es das wirklich. (lacht)
SPORT1: Bevor Sie nach München gekommen sind, haben Sie bei Galatasaray gespielt. Die Fans dort gelten als sehr leidenschaftlich und fußballverrückt. Wie haben Sie das erlebt und was ist Ihre schönste Erinnerung an Ihre Zeit in Istanbul?
Boey: Die Fans von Galatasaray sind wirklich außergewöhnlich! Mein schönster Moment war sicherlich, als wir gemeinsam die Meisterschaft gewonnen haben. Wenn du dann aus der Türkei weggehst, kann dir Druck nichts mehr anhaben: Dort hast du so viel Druck, dass du hinterher überall spielen kannst. Wenn ich zum Beispiel jetzt in Deutschland in vollen Stadien spiele, bin ich darauf bestens vorbereitet, weil ich das alles in der Türkei erlebt habe. Ich weiß, was es bedeutet, vor großen Kulissen zu spielen.
SPORT1: Sie warten noch auf Ihre erste Nominierung für die französische Nationalmannschaft. Was würde es Ihnen bedeuten, für die Équipe Tricolore spielen zu dürfen?
Boey: Das wäre natürlich eine große Freude - und dafür arbeite ich hart im Verein. Mein Ziel ist es, bei meinem Klub die bestmöglichen Leistungen zu bringen, dann wird die Nominierung von alleine kommen. Aber klar: Eine Berufung wäre eine große Ehre und ich warte sehnsüchtig auf diesen Moment.
SPORT1: Als Markenbotschafter von Under Armour stehen Sie jetzt in einer Liste mit Namen wie Michael Phelps, Stephen Curry oder Tom Brady. Was bedeutet Ihnen das?
Boey: Es bedeutet erst einmal, dass ich jetzt Teil einer sehr großen Familie bin - und dass ich jetzt große Dinge erreichen muss, damit es irgendwann heißt, dass jemand in einer Reihe mit Sacha Boey steht. (lacht) Das wäre top!
„Das war der beste Tipp, den man mir geben konnte“
SPORT1: Wenn man Sie auf dem Rasen sieht, tragen Sie Ihre Hosen immer weit über den Oberschenkeln, fast bis zur Leiste nach oben gezogen. Gibt es dafür einen speziellen Grund?
Boey: Ja, ich bin ein altmodischer Spieler. Ich mag es, gefährlich auszusehen. (lacht)
SPORT1: Ihnen würden also die Fußballerhosen aus den 70er-Jahren gefallen?
Boey: Absolut!
SPORT1: Sie beenden Ihre Instagram-Posts immer mit den Hashtags #pépère und #illefallait. Was hat es damit auf sich?
Boey: Der erste ist für meinen Großvater. Als er gestorben ist, habe ich entschieden, immer den Hashtag #pépère hinzuzufügen. Das ist für ihn. Und der zweite steht dafür, dass ich meine Ziele erreichen und dass ich es schaffen muss, für all die Leute, die mich lieben und die um mich herum sind.
SPORT1: Was ist der beste Ratschlag, den Sie in Ihrem Leben bekommen haben? Und welchen Rat würden Sie jüngeren Leuten mit auf den Weg geben?
Boey: Der beste Rat, den ich bekommen habe, war, immer an seine Träume zu glauben, ganz egal, was sich dir in den Weg stellt. Wenn vor dir eine Mauer ist, versuche nicht, sie hinaufzuklettern, sondern umgehe sie. Das war der beste Tipp, den man mir geben konnte. Und wenn ich jüngeren Menschen etwas mitgeben würde, dann wäre das, viel Kraft und Durchhaltevermögen zu haben. In der Gesellschaft, in der wir leben, wird es einem zunehmend schwer gemacht - und man muss am Ball bleiben, um Erfolg zu haben.