Es waren keine einfachen Monate für Leon Goretzka. Im Sommer wurde der Mittelfeldspieler beim FC Bayern quasi aussortiert, Startelfeinsätze unter dem neuen Trainer Vincent Kompany schienen nahezu ausgeschlossen.
Schlägt jetzt Goretzkas Stunde?
Doch der 29-Jährige beschäftigte sich nicht mit einem Abschied aus München, stellte sich den Herausforderungen und kämpfte um jede Einsatzminute. Nun könnte für Goretzka tatsächlich eine Tür aufgehen, die eigentlich längst verschlossen zu sein schien.
Am zehnten Bundesliga-Spieltag stand der langjährige Nationalspieler beim 1:0-Sieg gegen den FC St. Pauli erstmals in dieser Saison in der Startelf des Rekordmeisters. Auch wenn der Aufsteiger kein wirklicher Gradmesser war, war es für Goretzka ein enorm wichtiger Moment: Er nutzte diese Gelegenheit, um nach Wochen der Unsicherheit neues Selbstvertrauen zu tanken.
Lob für Goretzka: „Diese Chance auch verdient“
„Im Sommer war es nicht einfach für Leon, da müssen wir nicht drum herumreden, es war einfach so“, betonte Trainer Kompany: „Aber danach haben wir immer gesehen, dass er weitergearbeitet und sich diese Chance auch verdient hat.“
Zwar hatte Goretzka beim Blick auf die nackten Zahlen noch Luft nach oben, doch er machte seine Sache gegen St. Pauli ordentlich. Im zentralen Mittelfeld übernahm er neben Joshua Kimmich den offensiveren Part und schaltete sich immer wieder in den Spielaufbau ein.
Nach dem Spiel gab es viele warme Worte für den Mittelfeldspieler, der ohne öffentliches Murren auf seine Chance wartete. Man habe ihm im Sommer mitgeteilt, „dass es schwierig werden wird, weil der Kader so ist, wie er ist“, erklärte Bayerns Sportdirektor Christoph Freund. „Er hat gesagt, er will sich der Konkurrenz stellen. Er hat eine gute Leistung gebracht. Das sagt natürlich viel aus über einen Menschen, einen Charakter.“
Palhinha-Ausfall könnte Goretzka in die Karten spielen
Und in den kommenden Wochen dürften die Münchner weitere gute Leistungen von Goretzka dringend gebrauchen. Wie die Bayern am Donnerstag bekanntgaben, zog sich Mittelfeldspieler Joao Palhinha eine Adduktorenverletzung zu.
Der portugiesische Nationalspieler musste seine Teilnahme an den Länderspielen seiner Nationalmannschaft in der Nations League absagen. Medienberichten zufolge soll Palhinha bis zu drei Wochen ausfallen.
Der 29-Jährige, der im Sommer unter großen Erwartungen vom FC Fulham verpflichtet wurde, wird demnach unter anderem das Champions-League-Spiel gegen Paris Saint-Germain sowie den Liga-Kracher bei Borussia Dortmund verpassen. Womöglich kommt auch das DFB-Pokal-Achtelfinale Anfang Dezember gegen Bayer Leverkusen noch zu früh für ihn.
Auch Kimmich angeschlagen
Am Samstag kam dann aus Bayern-Sicht auch noch bei Joshua Kimmich eine Schrecksekunde hinzu: Der Kapitän knickte beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Bosnien um und wurde nach 73 Minuten ausgewechselt.
Er selbst gab hinterher aber direkt Entwarnung. „Wenn es jetzt nicht 6:0 gestanden hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht raus. Es war eher eine Vorsichtsmaßnahme. Das Ungarn-Spiel ist nicht in Gefahr“, betonte Kimmich. Von einer leichten Kapselverletzung war die Rede. Auch am Sonntag sei „nichts Größeres“ festzustellen gewesen, teilte der DFB mit.
So oder so könnte jetzt gerade in den wichtigen anstehenden Spielen bei den Bayern Goretzkas große Erfahrung auf Top-Niveau noch mehr zum Faktor werden. Bekanntlich wird der verletzte Aleksandar Pavlovic, der sich Mitte Oktober das Schlüsselbein gebrochen hatte, wohl erst Anfang 2025 zurückkehren.
Kompany stehen neben dem ehemaligen Schalker mit Konrad Laimer und Raphael Guerreiro nur noch zwei weitere Optionen für die Zentrale zur Verfügung, doch Letztgenannter ist derzeit als Außenverteidiger gefragt. Zudem spielt Laimer mit bislang nur 244 Spielminuten in der Bundesliga keine große Rolle unter dem belgischen Coach - und wird bisweilen auch in der Verteidigung rechts hinten gebraucht.
Ist Kimmich fit, bleibt Kompany wohl kaum etwas anderes übrig, als Goretzka erneut auf der Doppelsechs neben seinem einstigen Partner aufzubieten. Dieses Duo hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach bewährt.
Beraterwechsel mit Folgen?
Spannend bleibt die Situation von Goretzka aber auch deshalb, da der Mittelfeldspieler erst am Freitag den Wechsel seiner Beraterfirma verkündete. Künftig wird er von der Agentur ROOF vertreten, die unter anderem Kai Havertz (FC Arsenal) und den früheren Bayern-Star Sadio Mané berät.
Ob dieser Schritt ein Zeichen für eine Veränderung von Goretzkas Situation beim FC Bayern oder gar einen Wechsel ist, bleibt abzuwarten.
Jüngst sorgte Horst Heldt, Geschäftsführer Profifußball bei Union Berlin, für Aufsehen, als er sich bei der Bild-Zeitung zur Zukunft des Bayern-Profis äußerte: „Jeder Verein kann sich Leon Goretzka gut vorstellen. Auch wir können uns ihn sehr gut vorstellen.“ Es sei klar, dass sich Goretzka Gedanken mache, wie es für ihn weitergehe.
Die kommenden Wochen könnten also richtungsweisend für Goretzka werden. Wenn er nun häufiger in der Startelf der Bayern steht und gute Leistungen zeigt, hat er vielleicht auch langfristig bessere Karten.
Kimmich macht Goretzka Hoffnung
Schließlich wurde der Mittelfeldmann bereits in der vergangenen Spielzeit von Ex-Coach Thomas Tuchel auf die Bank degradiert. Schon damals verhalfen ihm Personalprobleme zu Einsätzen, bei denen er zu überzeugen wusste und in der Folge wieder häufiger berücksichtigt wurde.
Auch DFB-Kapitän und Bayern-Mitspieler Kimmich machte Goretzka kürzlich Hoffnung, dass sich dessen sportliche Situation wieder verbessern könne und auch die Tür in der Nationalmannschaft weiter offen sei: „Ich glaube nicht, dass irgendwem hier die Tür zugemacht wird. Das haben Robin Gosens und Jule Brandt gezeigt. Wenn man dann im Verein kontinuierlich gute Leistungen zeigt, kann man hier auch wieder dabei sein.“
So könnte Goretzkas Weg ganz schnell vom Aussortieren wieder zu einer wichtigen Stütze des FC Bayern führen - ein Paradebeispiel für die Aufs und Abs im schnelllebigen Fußballgeschäft.