Als am Freitagmittag endlich weißer Rauch aus der Bayern-Zentrale an der Säbener Straße emporstieg, schien das Skript für das Wochenende schon geschrieben.
Musialas Magie auf dem Prüfstand
Die Vertragsverlängerung von Jamal Musiala - einer der kostspieligsten Deals der deutschen Sportgeschichte - schien dafür gemacht, dem Nationalspieler im Duell gegen Meister Leverkusen gleichermaßen Flügel zu verleihen wie dem Rekordmeister.
Was folgte, war eine einzige Abwehrschlacht der Münchner, die von der Alonso-Truppe am eigenen Sechzehner eingeschnürt wurden und sich das 0:0 buchstäblich ermauerten.
Musiala muss einstecken
Musiala selbst wirkte in Bayerns Offensive auf verlorenem Posten: Wenn er mal an den Ball kam, dann in der eigenen Hälfte, wo ihm direkt zwei, drei Gegenspieler auf den Füßen standen - nicht immer mit fairen Mitteln.
Laut des Datendienstleisters Sportec Solutions wurde der 21-Jährige in rund 86 Minuten ganze siebenmal gefoult, so häufig wie in seiner bisherigen Bundesliga-Karriere nicht. In der Offensive trat Musiala so gut wie gar nicht in Erscheinung, erstmals in dieser Saison war er in einem Bundesliga-Spiel an keinem einzigen Torschuss beteiligt.
Während sein kongenialer DFB-Partner Florian Wirtz das Spiel an sich riss und vor Spielfreude nur so sprühte, blieb Musiala blass, genauso wie die gesamte Bayern-Mannschaft. Die einzigen beiden Torschüsse, die der FC Bayern während des Spiels abgab, bedeuten einen Minusrekord seit Datenerfassung 1992. Der xGoals-Wert von 0,14 sprach Bände.
Musiala: „Bin immer selbstkritisch“
Der Rucksack der Erwartungen für den jungen Ausnahmespieler wird durch den neuen Vertrag größer und schwerer. Dass er als zu große Last auf Musialas schmächtigen Schultern liegen könnte - dafür darf ein einzelner seltsam unterwürfiger Bayern-Auftritt in Leverkusen nun aber natürlich nicht gleich als Erklärung herhalten.
„Ich bin immer sehr selbstkritisch. Schon seit ich jung bin, schaue ich immer, was ich besser machen kann“, sagte Musiala am Montagmittag auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Celtic Glasgow.
Den Druck mache er sich schon selbst, gab er auf SPORT1-Nachfrage zu, dafür brauche er keinen von außerhalb. „Den Push für mich selbst habe ich schon immer, dann muss ich nicht immer lesen, was auf Social Media gesagt wird.“
Dass der Youngster seit Beginn der Rückrunde in einer kleinen Durststrecke steckt, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen - auch wenn nach fünf Bundesliga-Spielen sicherlich keine belastbaren Aussagen zu treffen sind.
Musialas leichte Formdelle
In 363 Einsatzminuten war Musiala laut Sportec Solutions nur an einem der zwölf Bayern-Treffer direkt beteiligt, als er am 20. Spieltag beim 4:3-Heimsieg gegen Holstein Kiel die 1:0-Führung erzielte.
In der Hinrunde hatte er bei seinen 14 Einsätzen noch starke elf Scorer-Punkte gesammelt (neun Treffer, zwei Torvorlagen) – im Schnitt war er also alle 93 Minuten an einem Tor direkt beteiligt.
Musiala, der in der zweiten Saisonhälfte mit durchschnittlich 2,2 deutlich seltener an Torschüssen beteiligt war als an den ersten 17 Spieltagen (3,9), erspielte sich in der bisherigen der Rückrunde zudem noch keine einzige Großchance.
Mangelnden Einsatz kann ihm aber niemand vorwerfen, schließlich bestritt er in der Rückrunde sogar mehr Zweikämpfe (im Schnitt 30 zu 25), war hier auch durchsetzungsstärker (52 zu 50 Prozent gewonnen) und lief im Schnitt auch etwas mehr als in der Hinrunde (11,0 zu 10,8 Kilometer).
Pause für Musiala?
Doch auch wenn die magischen Musiala-Momente zuletzt etwas weniger wurden, Geraune über eine größere Schaffenskrise kommt zu früh. Auch wenn sich einige Experten zuletzt bei der Frage, wer von Musiala und Wirtz denn der Bessere sei, für den Leverkusener aussprachen. „Ich glaube nicht, dass Musiala viele Spieler besser macht”, betonte Dietmar Hamann gar bei Sky90. Musiala muss also nicht nur auf dem Platz einstecken.
Es bleibt festzuhalten: Der gebürtige Stuttgarter besitzt eine überragende Technik, die es ihm ermöglicht, sich auch unter Bedrängnis behaupten. Sein Spielverständnis ist enorm, er ist kreativ und beidfüßig schussstark, hat ein gutes Gespür für die richtigen Laufwege.
Musiala geriet ligaweit am vierthäufigsten in eine Drucksituation und konnte sich aus 55 Prozent dieser Situationen erfolgreich befreien. Zudem dribbelte er in dieser Saison 62-mal (nur Jamie Gittens und Florian Wirtz öfter) und hat hier eine starke Erfolgsquote von 58 Prozent.
Ob Musiala, der beim ersten Spiel nach der Winterpause (1:0 in Gladbach) wegen eines grippalen Infektes gefehlt hatte und die vergangenen vier Partien mehr oder weniger durchspielte, dennoch eine kurze Verschnaufpause guttun würde? Trainer Vincent Kompany wollte sich auf SPORT1-Nachfrage nicht festlegen.
Dazu könne er noch nichts sagen, antwortete der belgische Coach. „Ich habe ganz oft gesagt, dass wir unserer Mannschaft und unserem Kader vertrauen. Ich will eigentlich nicht viel weiter schauen als bis zum Spiel gegen Celtic.“
Vielleicht ist also schon gegen die Schotten wieder viel von Musialas Magie zu sehen.