Die harte Schule in der Jugend des FC Bayern, wertvolle Erfahrungen beim VfB Stuttgart und nun der Sprung in die Stammelf des 1. FC Heidenheim: Frans Krätzig hat in seiner jungen Karriere schon einiges erlebt.
Besonderes Duo: „Gesucht und gefunden“
In Heidenheim stand der 22-Jährige in bisher jedem Spiel in der ersten Elf, bis ihn zuletzt eine Erkrankung ausbremste. In sieben Partien gelangen ihm bisher ein Tor und eine Vorlage.
Der Leihspieler des FC Bayern blickt im Interview mit SPORT1 auf seine schwierigen Anfänge in München zurück, spricht über seine Wünsche und erklärt, was Leon Goretzka und Nick Woltemade so besonders macht.
Krätzig: „Ich bin nicht wegen Paul Wanner hier“
SPORT1: Herr Krätzig, seit Anfang Januar befinden Sie sich hier auf Ihrer zweiten Leihstation in dieser Saison. Warum Heidenheim?
Frans Krätzig: Es war eine coole Chance, Bundesliga zu spielen und Spielpraxis zu sammeln. Ich glaube, dass ich meine Fähigkeiten hier gut einfügen kann, um der Mannschaft zu helfen. Deshalb war es für mich die beste Möglichkeit.
SPORT1: Auch Paul Wanner ist von Bayern an Heidenheim verliehen. Hat das eine Rolle beim Wechsel gespielt?
Krätzig: Ja, ich denke schon. Wenn du jemanden hast, der schon in dem Zyklus drin ist, der weiß, wie die Abläufe sind und den man fragen kann, hilft das, auch wenn es ums Einleben geht. Aber ich bin nicht wegen Paul Wanner hier, sondern für mich.
VfB Stuttgart? „Klar ist es blöd“
SPORT1: Beim VfB Stuttgart lief es im vorigen halben Jahr weniger gut für Sie. Haben Sie trotzdem etwas mitgenommen?
Krätzig: Es geht immer darum, für sich selbst Schlüsse zu ziehen, die einen im Nachhinein weiterbringen. Ich habe sehr viel mitgenommen, egal ob es eher negative Erfahrungen waren oder positive - von denen ich auch viele hatte. Klar ist es blöd, wenn man nicht spielt. Wir sind Fußballer, wir wollen auf dem Platz stehen und der Mannschaft helfen. Das hat nicht so funktioniert, aber das gibt es auch mal im Fußball.
SPORT1: Sie haben in den vergangenen zwölf Monaten bei insgesamt drei Leihstationen gespielt. Wann würden Sie gern sesshaft werden - oder muss man in dieser Phase der Karriere einfach flexibel sein?
Krätzig: Es ist eine Mischung aus beidem. Ich bin eigentlich gar nicht der Typ, der von Verein zu Verein zu gehen will, sondern eher bei einem zu „settlen“. Hier wurde es mir durch den Verein und die Mitspieler bisher in jedem Fall sehr leicht gemacht.
„Mama weckt dich nicht am Morgen“
SPORT1: Wie haben Sie die Zeit am Bayern-Campus erlebt? Sie sind dort schon mit 14 Jahren hingekommen und waren früh auch von Ihrer Familie weg.
Krätzig: Es war auf jeden Fall nicht einfach, aber auch nicht dramatisch. Bayern hat es uns damals sehr einfach gemacht mit dem neuen Campus. Sie haben uns viel an die Hand gegeben, um uns wohlzufühlen. Ich bin damals mit vielen Freunden aus Nürnberg nach München gekommen, was mir den Schritt auch erleichtert hat. Im Nachhinein war es schon eine schwierige Situation damals, mit 14 außer Haus zu sein und nicht mehr bei Mama und Papa zu wohnen, das ist schon eine prägende Zeit. Aber es war eine sehr lehrreiche Zeit, die ich nicht missen will.
SPORT1: Was haben Sie in dieser Zeit gelernt?
Krätzig: Selbständigkeit. Du lebst allein, also nicht ganz allein, aber das sind schon andere Abläufe. Du lernst, Dinge in die Hand zu nehmen, musst selbst deine Sachen planen und schauen, wann du aufstehst, Mama weckt dich nicht am Morgen. Das klingt jetzt nach Kleinigkeiten, aber je früher man da selbstständig wird, desto besser.
„Ich würde da Leon Goretzka hervorheben“
SPORT1: Gab es beim FC Bayern einen Spieler, der wie ein Vorbild oder Ansprechpartner war und von dem Sie am meisten lernen konnten?
Krätzig: Vorbilder gibt’s bei den Profis genügend. In der Kindheit fand ich David Alaba immer sehr cool, auch nachdem er weggegangen ist. Als mein Idol würde ich ihn nennen. Der Ansprechpartner, als ich selbst zu Bayern gekommen war: Ich würde da Leon Goretzka hervorheben, der sich sehr um die Jungs gekümmert hat, mir geholfen und geschaut hat, dass wir da alle mit an Bord sind.
SPORT1: Sie haben Hermann Gerland mal als Ihren „Mentor“ bezeichnet. Wie hat er Sie in den Jahren geprägt?
Krätzig: Unsere Geschichte ging schon los, als ich mit 14 zum Campus kam und er dort Chef war. Er hat da über uns gewacht, uns Tipps gegeben, trainiert und seine Erfahrung mit uns geteilt. Das hat uns als jungen Spieler wahnsinnig viel gegeben, von jemandem wie ihm lernen zu können. Er hat mich immer begleitet und jetzt kreuzen sich unsere Wege wieder in der U21 (Gerland ist Co-Trainer der U21-Nationalmannschaft, Anm. d. Red.). Wir haben dazwischen auch immer Kontakt gehalten und ich glaube, dass er mir mit seiner Expertise und seiner speziellen, aber coolen Art sehr viel beigebracht hat.
SPORT1: Gerlands Art ist für einen jungen Spieler sicher gewöhnungsbedürftig…
Krätzig: Ja, mit Sicherheit. Es ist schon eine sehr direkte Art, aber wenn man damit umgehen kann, dann bringt es einem auch sehr viel. Du kannst sehr viel Spaß mit ihm haben.
Woltemade? „Wir haben uns gesucht und gefunden“
SPORT1: Gab es für Sie einen prägendsten Moment in Ihrer Karriere?
Krätzig: Den Anfang meiner Karriere beim FC Bayern und jetzt auch die Zeit hier, weil es die ersten richtigen Schritte in der Bundesliga sind. Das bedeutet mir viel.
SPORT1: Ein anderer Weggefährte ist Nick Woltemade. Sie sind gut befreundet, haben beim VfB Stuttgart und der U21 viel Zeit miteinander verbracht. Warum passt das zwischen Ihnen beiden so gut?
Krätzig: Wir haben uns gesucht und gefunden, würde ich sagen (lacht). Wir sind zusammen nach Stuttgart gekommen und es hat von der ersten Minute gematcht. Wir waren ein halbes Jahr nur zusammen unterwegs, ich habe ihn mehr als meine Freundin oder meine Familie gesehen. Das hat uns zusammengeschweißt. Das hält auch jetzt noch und dafür bin ich sehr dankbar. Vielleicht passt es auch wegen klein und groß.
SPORT1: Was haben Sie privat gemeinsam?
Krätzig: Gleiche Hobbys, gleiche Vorlieben zum Beispiel in Sachen Mode oder wie man das Leben lebt. Wir verstehen uns sehr gut und sind auf einer Wellenlänge.
„Meine Eltern wollten nicht den normalen Franz“
SPORT1: Was macht ihn sportlich aus?
Krätzig: Er hat in diesem halben Jahr einen großen Schritt gemacht. Es ist atemberaubend, wie man mit fast zwei Metern Körpergröße so fein mit dem Ball umgehen kann, das ist wirklich besonders.
SPORT1: Ist er schon einer für Julian Nagelsmann?
Krätzig: Ich traue ihm alles zu. Ich würde ihn aber auch gern noch ein bisschen bei der U21 haben, weil wir im Sommer ein großes Turnier haben. Aber ich würde ihm genauso wünschen, dass er bei der A-Nationalmannschaft dabei ist und da seine ersten Momente kreieren kann.
SPORT1: Nochmal zurück zu Ihnen: Gibt es eigentlich eine Geschichte zu ihrem Namen „Frans“? Üblicherweise wird der Name ja „Franz“ geschrieben.
Krätzig: Meine Eltern wollten nicht den normalen Franz, sondern einen mit s. Das ist schon die Story dahinter – nicht atemberaubend, ich weiß. Meine Eltern wollten einfach was Besonderes haben.