Mit Mühe hatte der kleine FC Homburg 1987 die Klasse gehalten, in der Relegation setzte sich der Aufsteiger gegen den FC St. Pauli durch. Zum Leidwesen der Branche, die Saarländer sind nicht gerade eine Attraktion der Liga und kämpfen auch finanziell einen Kampf mit ungleichen Mitteln.
Der Bundesligaskandal von Homburg
In ihre zweite Bundesligasaison gehen sie nach dem Absprung einer Brauerei ohne Trikotwerbung, erst im März (!) finden sie endlich einen Brust-Sponsor. Doch die Freude währt nicht lange: Der DFB verbietet Reklame für die Firma „London“, die außer Schnullern auch Kondome herstellt, was „den Auffassungen von Sitte und Moral zumindest von Teilen der Bevölkerung widerspricht“.
DFB droht Homburg mit Punktabzug
Homburg, bei denen damals übrigens der langjährige Freiburg-Trainer Christian Streich unter Vertrag steht, muss die Trikots vor dem Heimspiel gegen Waldhof Mannheim auf Intervention des Schiedsrichters wieder ausziehen und wie gewohnt mit blanker Brust spielen. Präsident Manfred Ommer geht daraufhin auf Konfrontationskurs und erwirkt am 10. März 1988 die einstweilige Verfügung zur Erlaubnis der brisanten Werbung bis Saisonende.
Auch der DFB hat Anwälte, diese erreichen nach einem Monat die Rücknahme der Verfügung. Die Affäre gerät zur Posse: Bis dahin hat der FCH fünf Mal mit Werbung gespielt, der DFB droht ernsthaft mit Abzug der aus diesen Partien gewonnenen fünf Punkte.
Homburg macht sich über den DFB lustig
Die letzten sechs Spiele der Saison absolvieren die Saarländer daraufhin vorsichtshalber mit schwarzem Balken auf der Brust und machen sich lustig über den Verband. So sagt der Stadionsprecher vor dem Heimspiel gegen Schalke 04: „Unsere Mannschaft spielt heute mit einem schwarzen Balken auf der Brust. Jeder, der die Hauptstadt Englands kennt, weiß, was sich unter diesem Balken verbirgt.“
Ähnlich sah es Streich, wie er später erzählte: „Das war natürlich eine riesige Werbung für die Firma, weil jeder wusste, was druntersteht.“
Fakt ist: Der Werbeeffekt wird durch das Verbot und den Wirbel darum größer als ohne dieses, da drängen sich Parallelen zur Jägermeisteraffäre 1973 mit Eintracht Braunschweig geradezu auf.
Die Eintracht setzte damals die Trikotwerbung in der Bundesliga nach monatelangem juristischen Gezerre überhaupt erst durch. Der Name des Likörs stand zwar zunächst auch nicht auf dem Trikot, war aber täglich in den Nachrichten.
Homburg bezahlt Strafe des DFB nicht
Nur den Abstieg kann auch London nicht verhüten. Der DFB gibt auch nach der Saison keine Ruhe und schickt dem Absteiger eine Rechnung über 100.000 DM als Strafe für die fünf Spiele mit, aus seiner Sicht, illegaler Brustwerbung.
Homburg bezahlt sie nicht, denn die DFB-Moral passt nicht in die Zeit, deren großes globales Aufregerthema Aids ist. Da sogar die Bundesregierung in großen Buchstaben auf Plakaten für den Gebrauch von Kondomen wirbt, kann sich auch der DFB nicht länger hinter verstaubten Moralvorstellungen verschanzen.
„Auf einmal sah ich uns, den kleinen FC Homburg, in der Tagesschau und dass wir keine Werbung für Kondome machen dürfen“, sagte Streich später im AudiStarTalk rückblickend.
„Kurz darauf sind wir wieder in der Tagesschau, dass das Gericht diese Werbung zulässt. Das Urteil war im beginnenden Zeitalter von AIDS eigentlich selbstverständlich“, ergänzte Streich. „Die Firma London ist glaub ich zufrieden gewesen mit der Werbung, schließlich gab es einen riesigen Presserummel.“
In der 2. Liga darf der Klub laut Oberlandesgericht Frankfurt dann ganz offiziell für Englands Hauptstadt werben.