Bundesliga>

"Das war Quatsch, weil er geraucht hat wie ein Schlot"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

„Ich werde Werner vermissen“

Im exklusiven SPORT1-Interview spricht 1860-Legende Bernhard Winkler am Grünwalder Stadion über seinen langjährigen Weggefährten Werner Lorant kurz nach dessen Tod. Winkler erinnert sich an große gemeinsame Erfolge, persönliche Momente und den Menschen hinter dem harten Trainer-Image.
SPORT1 hat die 1860-Legende Bernhard Winkler im Exklusiv-Interview getroffen. Der 58-Jährige äußert sich zum Tod seines ehemaligen Trainers Werner Lorant.
Im exklusiven SPORT1-Interview spricht 1860-Legende Bernhard Winkler am Grünwalder Stadion über seinen langjährigen Weggefährten Werner Lorant kurz nach dessen Tod. Winkler erinnert sich an große gemeinsame Erfolge, persönliche Momente und den Menschen hinter dem harten Trainer-Image.

Das Grünwalder Stadion ist ein Ort voller Erinnerungen. Hier trifft sich SPORT1 zum Exklusiv-Interview mit 1860-Legende Bernhard Winkler - nur wenige Stunden nach der traurigen Nachricht vom Tod seines ehemaligen Trainers Werner Lorant.

{ "placeholderType": "MREC" }

Der 58-Jährige, der mittlerweile als selbstständiger Präventionstrainer in Unternehmen im Auftrag verschiedener gesetzlicher Krankenkassen arbeitet, blickt zurück auf eine außergewöhnliche Zeit, geprägt von Erfolg, Leidenschaft – und einer ganz besonderen Beziehung zu „Werner Beinhart“.

SPORT1: Herr Winkler, wie haben Sie die Nachricht vom Tod von Werner Lorant erfahren - und was war Ihr erster Gedanke?

Bernhard Winkler: Ich habe am Sonntag mit meinen Jungs einen Motorrad-Ausflug gemacht, und es war eigentlich ein schöner Tag. Dann habe ich mittags die Nachricht bekommen, dass Werner verstorben ist. Das hat die Stimmung natürlich nach unten gedrückt.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Werden Sie ihn sehr vermissen? Und sollte es im Grünwalder Stadion eine Trauerfeier für ihn geben?

Winkler: Auf jeden Fall. Wenn man mit einem Menschen sportlich über 40 Jahre zu tun hatte und ihn so gut kannte wie ich, dann kann ich nur sagen: Er wird mir fehlen. Ich werde Werner vermissen. Da bricht auch ein Stück aus dem eigenen Leben weg. Ich habe viele positive Momente mit Werner teilen dürfen - da ist schon eine große Trauer da. Und natürlich muss er eine Trauerfeier im Grünwalder bekommen. Er hat den Löwen hier neues Leben eingehaucht.

„Es ging ihm in den letzten Jahren wirklich schlecht“

SPORT1: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt? Er war in den vergangenen Jahren sehr allein.

Winkler: Ich habe ihn im November immer an seinem Geburtstag besucht - das habe ich in den vergangenen Jahren beibehalten. Zuletzt ging es ihm wieder etwas besser, da war er auch aus dem Krankenhaus raus. Aber er war schon sehr geschwächt. Man hat halt gehofft, dass er irgendwie wieder die Kurve kriegt. Aber man hat in den letzten Jahren gemerkt, dass es Werner wirklich schlecht ging.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Wie ging es Lorant im November? War ein Gespräch mit ihm noch möglich?

Winkler: Richtig unterhalten konnte man sich nicht mehr. Er war schon sehr gezeichnet von der Krankheit und hatte vieles nicht mehr im Gedächtnis. Werner hat mich aber noch begrüßt mit „Winkler, du Urlauber“, also hat er noch gewusst, mit wem er spricht. Man muss die Dinge leider so nehmen, wie sie kommen.

SPORT1: Warum war Werner Lorant in den letzten Jahren so einsam?

{ "placeholderType": "MREC" }

Winkler: Das ist schwer zu sagen. Es ging ihm einfach nicht gut. Werner war natürlich ein Unikat. Er hat sich immer im Vordergrund gesehen und sich schwergetan, etwas für andere zu tun. Aber das war seine Art - und man sollte ihn so in Erinnerung behalten: als jemand, der viel bewegt hat, als Spieler und Trainer, und natürlich mit Sechzig München.

„Ich behalte ihn in guter Erinnerung“

SPORT1: Sie waren unter Lorant Kapitän und haben einige der größten Erfolge von 1860 München mit geprägt. Was bleibt Ihnen aus dieser Zeit am stärksten in Erinnerung?

Winkler: Da muss ich etwas weiter ausholen. Ich kannte ihn, seit ich 18 bin. Seine erste Trainerstation war in Würzburg/Heidingsfeld - dort habe ich ihn kennengelernt. Ich habe Werner über 40 Jahre in irgendeiner Form begleitet, wenn auch in den letzten 20 Jahren nicht mehr so direkt. Er hat mir sehr viel beigebracht: dass man energisch seine Ziele verfolgen und nie aufgeben soll. Werner hat nie nach rechts und links geschaut. Wie man vorankommt, das konnte man sich von ihm abschauen. Seine verbissene Art war manchmal übertrieben, aber ich behalte ihn in guter Erinnerung.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Wie war Lorant als Trainer? Was hat ihn von anderen unterschieden?

Winkler: Er war jemand, der ein klares Konzept hatte - egal, gegen wen gespielt wurde. Er wollte das durchziehen: dass die Mannschaft aktiv ist und selbst Akzente setzt, statt darauf zu warten, dass etwas passiert. Das ist nicht immer gut gegangen, aber jeder von uns konnte seine Stärken einbringen.

„Werner war kein Unmensch“

SPORT1: Lorant war bekannt für seine Härte, seine Direktheit. Wie haben Sie das erlebt - als Spieler, aber auch als Mensch? Hat er Sie auch mal in den Arm genommen?

Winkler: (lacht) Also, in den Arm nehmen – das war nicht unbedingt Werners größte Stärke. Er hat sehr viel verlangt, und man wusste, was zu tun ist. Es hat sich immer auf das Wesentliche beschränkt - längere Gespräche gab es nie. Eine private Situation gab es mal, als mein Sohn verspätet auf die Welt kam. Da hat Werner zu mir gesagt: „Geh nach Hause und warte dort, bis deine Frau das Kind bekommt. Wenn du wieder klar im Kopf bist, kommst du zurück.“ Werner war kein Unmensch - aber auf dem Platz kannte er keine Freunde und keine Verwandten. Wir sind privat nie essen gegangen oder haben zusammen ein Bier getrunken. Aber meine Fähigkeiten als Stürmer haben in sein Konzept gepasst, und ich konnte mich neun Jahre lang halten - darauf bin ich schon stolz.

SPORT1: Gab es einen besonderen Moment, in dem Sie gespürt haben, wie viel Sie Lorant bedeuteten?

Winkler: Nach einigen Jahren, in denen wir mit Sechzig in der Tabelle immer weiter hochgeklettert sind, hat Werner sicher auch mal fallen lassen: „Du bist ein ganz wichtiger Spieler.“ Deshalb hat er mich auch zum Kapitän gemacht - das hat er damals allein entschieden. Da hätte schon viel passieren müssen, damit ich nicht gespielt hätte. Man hatte bei Werner immer eine gewisse Sicherheit, solange man nicht komplett versagt hat. Ich habe auch nach drei torlosen Spielen noch in der ersten Elf gestanden.

„Einen Kuschelkurs gab es bei Werner nie“

SPORT1: Was war Werner Lorant für ein Mensch - für Sie ganz persönlich?

Winkler: Er hatte eine sehr schroffe Art. Unter vier Augen ging das alles - da konntest du dich mit ihm ganz normal unterhalten. Aber sobald mehrere Menschen am Tisch saßen, musste er zeigen, dass er die meiste Ahnung vom Fußball hat. Da hat er ziemlich ausgeteilt, und das kam auch bei den Spielern nicht immer gut an - vor allem bei denen, die nicht so gespielt haben, wie er sich das vorgestellt hatte. Da war Werner schon sehr grob. Allerdings muss man fairerweise sagen: Die Trainer früher waren alle nicht so wie heute. Einen Kuschelkurs gab es bei Werner nie – aber auch bei den anderen Trainern damals nicht.

„Im Nachhinein hatte er mal wieder recht“

SPORT1: Gibt es eine spezielle Anekdote, die Sie erzählen wollen?

Winkler: (überlegt) Wir hatten mal ein Spiel in Dortmund. Ich lag mit Grippe zu Hause und bin nicht mit ins Trainingslager gefahren. Am Mittwoch sind die Jungs ins Trainingslager in der Nähe von Dortmund gefahren, und Werner rief mich am Donnerstag an. Ich hatte Fieber, aber er sagte: Ich soll mich in den Flieger setzen - und wenn ich nicht komme, spiele ich nie wieder. Da habe ich erstmal geschluckt, die Ärzte angerufen und am Freitag das Abschlusstraining mitgemacht. Wir haben dann gewonnen, ich habe zwei Tore gemacht - und im Nachhinein hatte er mal wieder recht. Das war schon krass.

SPORT1: Was ist der Spruch, der Ihnen von Lorant bis heute am meisten im Gedächtnis geblieben ist?

Winkler: Er hat damals Werbung für Nicotinell (Mittel zur Raucherentwöhnung, Anm. d. Red.) gemacht - was natürlich Quatsch war, weil er geraucht hat wie ein Schlot. In einem Werbeclip sagte er mal: „Das Einzige, was bei mir raucht, sind die Socken meiner Jungs.“ Darüber kann ich immer wieder schmunzeln.

SPORT1: Wenn Sie heute noch einmal mit ihm sprechen könnten - was würden Sie ihm sagen?

Winkler: Dass er ab und zu auch mal mit uns weniger hätte trainieren sollen, damit wir am Spieltag etwas fitter gewesen wären. Dann hätten wir vielleicht noch mehr erreichen können.

SPORT1: Das Team war wegen Lorants Training nicht ganz fit?

Winkler: (lacht) Ja. Die täglichen Kiebitze haben das sicher mitbekommen. Werner war schon extrem. Sein Motto war: „Viel hilft viel!“ Er konnte es einfach nicht langsamer angehen lassen. Das war seine große Schwäche.

„Lorant hat genommen, was er kriegen konnte“

SPORT1: Wie sollte Werner Lorant in Erinnerung behalten werden?

Winkler: Als jemanden, der immer nur den Erfolg der jeweiligen Mannschaft im Sinn hatte, die er gerade trainierte. Er hat sich um nichts anderes gekümmert - immer nur um das Team, bei dem er Trainer war. Werner hat sich auf das konzentriert, was er konnte und geliebt hat - und das war der Fußball.

SPORT1: Hätte sich Lorant seine Odyssee nach der Trennung von seinen Löwen sparen können?

Winkler: Ja. Fenerbahce war natürlich ein toller Klub für ihn, aber was danach kam, das waren alles nur Feuerwehr-Jobs. Das eine oder andere hätte Werner vermeiden sollen, um seinen Ruf zu schützen. Das Engagement in Haching hat dann nicht mehr so ins Bild gepasst. Aber er hat eben genommen, was er kriegen konnte.