125 Jahre Borussia Mönchengladbach – ein besonderer Verein, der Generationen bewegt und Fußballgeschichte geschrieben hat. Nach einem emotionalen Auftakt am traditionsreichen Bökelberg blicken die Gladbacher Legenden Bernd Krauss, Karlheinz Pflipsen, Uwe Kamps, Patrick Herrmann, Frank Mill und Wolfgang Kleff im zweiten Teil des exklusiven SPORT1-Interviews auf die aktuelle Situation des Klubs und die Zukunft der Borussia.
„Da bekommt man Tränen in die Augen“
Ein Gespräch über Treue, Wandel - und die ewige Seele des Vereins. Hier geht’s zu Teil 1.
Herrmann: „Erstmal raus aus der Fußball-Blase“
SPORT1: Herr Herrmann, Sie erinnern optisch an BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. War ein solcher Job bisher keine Überlegung für Sie wert?
Patrick Herrmann: Natürlich habe ich mir die Frage gestellt, in welche Richtung es für mich gehen soll. Ich habe mich aber bewusst dagegen entschieden, ins Sportmanagement zu gehen, weil ich ein großer Familienmensch bin. Ich muss erstmal raus aus der Fußball-Blase – ganz ohne Borussia geht es zwar nicht, aber ich genieße es gerade sehr, nicht mehr auf dem Platz zu stehen und mehr Zeit für meine Familie zu haben.
SPORT1: Ein Wort, das Borussia Mönchengladbach für Sie beschreibt?
Herrmann: Treue! Es gibt hier eine enorme Fankultur. Die Anhänger waren über all die Jahre hinweg da - auch in schlechten Zeiten. Und ich als ehemaliger Spieler bleibe Borussia ebenfalls treu.
SPORT1: Herr Kleff, womit verbinden Sie Borussia?
Wolfgang Kleff: Mittelmaß. Und darüber können wir froh sein. Warten wir die nächste Saison ab. Ich würde mir wünschen, dass es wieder etwas weiter nach oben geht. Die Fans hätten es einfach verdient.
SPORT1: Ähnlich wie Herr Herrmann sind Sie Borussia treu geblieben, Herr Kamps. Was hat Ihnen der Verein bedeutet - damals wie heute?
Uwe Kamps: Das sind jetzt 43 Jahre – und die enden am 30. Juni. Als ich hier in der Geschäftsstelle hinter uns meinen ersten Vertrag unterschrieben habe, waren meine Eltern noch dabei. Wenn man mir damals gesagt hätte, dass ich mein Berufsleben komplett im Fußball verbringen würde, und das nur bei einem Klub - den hätte ich für verrückt erklärt. Und ich bin immer noch hier. Das ist schon schön. Ich bin stolz auf das, was ich bei Borussia erreicht habe.
SPORT1: Wie sehen Sie die Entwicklung von Borussia?
Frank Mill: Bis kurz vor Saisonende habe ich die Entwicklung sehr positiv gesehen. Das war ein guter Weg. Die letzten Spiele waren leider nicht so erfolgreich. Nach vorne spielen sie gut, hinten haben sie ihre Probleme. Wichtig ist, dass man am Trainer (Gerardo Seoane, d. Red.) festhält. Er macht einen guten Job. Es ist einfach nicht immer der Trainer schuld, wenn es nicht läuft. Man sollte weiterhin auf junge Spieler setzen. Rocco Reitz ist ein guter Junge. Irgendwann wird es auch wieder mit den Europapokal-Plätzen klappen.
SPORT1: Und wie sehen Sie Borussia heute?
Karlheinz „Kalla“ Pflipsen: Der Fußball entwickelt sich weiter. Wir können froh sein, dass wir heute den Borussia-Park mit all seinen Möglichkeiten haben. Das wäre mit dem Bökelberg so nicht mehr möglich gewesen. Aber ein Traditionsverein darf seine Wurzeln nie vergessen. Deshalb erinnern die Gedenkstätte und die Hänge noch heute an früher. Da bekommt man schon mal Tränen in die Augen.
„Der heutige Fußball ist nicht mehr meine Welt“
SPORT1: Was wünschen Sie Borussia?
Pflipsen: Nur das Beste - aber vor allem wünsche ich dem Verein endlich wieder einen Titel. Der DFB-Pokal wäre da der naheliegendste Weg. In der Vergangenheit hat man zwei, drei gute Chancen leider liegen gelassen. Die Meisterschaft ist momentan eher unrealistisch.
SPORT1: Wenn Sie heute den Verein sehen - was hat sich verändert, was ist gleich geblieben?
Bernd Krauss: Vieles hat sich verändert. Der heutige Fußball ist nicht mehr so meine Welt. Deshalb bin ich auch nicht mehr so oft im Stadion. Mir passiert da zu wenig. Es fehlt oft an den letzten Prozentpunkten - ein Tor zu verhindern oder unbedingt eins zu machen. Bei Frank Mill wusstest du früher: Der will das Tor machen. Dieses Gefühl habe ich heute nicht bei jedem Spieler.
SPORT1: Was wünschen Sie Borussia für die nächsten 25 Jahre?
Krauss: Dass der Verein wieder international spielt. Da gehört Borussia mit diesen tollen Fans und den Möglichkeiten auch wieder hin. Ich hätte gerne mal gesehen, wie einer der Jungs von heute bei starkem Regen auf dem Bökelberg gespielt hätte. Da gäbe es keine Ausreden. (lacht)
SPORT1: Wenn Sie heute Borussia sehen – was ist gleich geblieben?
Kleff: Der Vereinsname. Die Einstellung ist eine andere. Ich wurde damals schon zu Hause von meinen Eltern auf Erfolg erzogen. Heute sehe ich oft ängstliche Spieler auf dem Platz. Da hätten wir uns früher schon gegenseitig angemacht. Dieses Gefühl, dass einer dem anderen helfen will, sehe ich heute nicht mehr so.
SPORT1: Was wünschen Sie sich für Borussia in den nächsten 25 Jahren?
Herrmann: Natürlich größtmöglichen Erfolg – wie der genau aussieht, ist schwer zu sagen. Ich wünsche den aktuellen Spielern vor allem auch solche Europapokalnächte, wie ich sie im Borussia-Park erleben durfte. Rom, Manchester City, Glasgow - das war großartig. Ich wünsche den Jungs, dass sie solche Erlebnisse auch noch einmal haben dürfen.