Im Trubel um die plötzliche Sofa-Meisterschaft der Bayern ist es ja fast untergegangen: Das größte Armutszeugnis der Saison hat sich einmal mehr der VfL Wolfsburg ausgestellt.
Das größte Armutszeugnis der Liga
Auch Ralph Hasenhüttl, den sie vor einem Jahr unbedingt wollten und der in der Branche nicht nur fachlich, sondern auch menschlich hochgeschätzt wird, war nicht gut genug für sie. Wie davor Mark van Bommel, Florian Kohfeldt und Niko Kovac, die letzten drei Cheftrainer, die der Verein stolz präsentierte. Gut fünf Millionen Euro Abfindung soll Hasenhüttl bekommen, sie hatten ihn mit einem Vertrag bis Juni 2026 ausgestattet.
„Wolfsburg schafft alle!“
Ein ehemals erfolgreicher Bundesliga-Manager formulierte neulich in kleiner Runde, bezogen auf das zu dem Zeitpunkt noch bevorstehende Hasenhüttl-Aus: „Niemand schafft Wolfsburg, aber Wolfsburg schafft alle!“ Schöner Spruch, doch es steckt auch einige Wahrheit darin.
Die VfL-Chefs haben ihren Coach in den letzten Wochen extrem geschwächt, indem sie im Hintergrund bereits einen neuen Trainer für den Sommer suchten. Die Recherchen und Gespräche waren in der Szene ein offenes Geheimnis, das hat natürlich auch Hasenhüttl und vor allem die Mannschaft mitbekommen. Und das trug zum plötzlichen Absturz (acht Spiele ohne Sieg) bei.
Das große Thema - wie geht es weiter in Wolfsburg, wer wird der neue Chef, was bedeutet das für wen - bekam in vielen Spielerköpfen, im ganzen Verein, eine höhere Priorität, als die nächste Aufgabe am Wochenende. Zumal sportlich, wieder mal, die Luft raus war. Verschollen im Niemandsland der Tabelle.
Begeisterung lässt sich nicht kaufen
Das Problem am Bundesliga-Standort Wolfsburg scheint relativ klar und wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nie ändern: Du kannst holen, wen du willst (vor dieser Saison sind wieder über 44 Millionen Euro nur an Ablösen für neue Spieler geflossen), Begeisterung lässt sich nicht kaufen.
Sie haben ja spannende Spieler, doch in Wolfsburg blüht viel zu selten jemand auf.
Da brennt kein Fußball-Feuer. Der Funke, den es braucht, um aus gutem Fußball geile Spiele mit Leidenschaft und bedingungslosem Einsatz zu machen, springt viel zu selten über.
Irgendwie hat die Stadt andere Themen und irgendwie fühlen das auch die Spieler. Hasenhüttl hatte es nach der Heimniederlage gegen Bayern (2:3) ja sogar mal angesprochen. „Es war mir ein bisschen zu ruhig. Als wir das Spiel drehen, war mal kurz Stimmung und nach dem zweiten Tor ist wieder Friedhof, das kann nicht sein.“
Negativrekord für den VfL
Neben Hoffenheim hat der VfL die schwächste Stadion-Auslastung der Bundesliga. In der Zuschauertabelle stehen nur Union, Heidenheim und Kiel hinter den Wolfsburgern, allerdings allein deswegen, weil ihre Stadien kleiner sind. Alle drei waren immer ausverkauft, die Volkswagen Arena nur bei vier von 16 Spielen. Negativrekord.
Mal ehrlich, wer hat es in Wolfsburg in den letzten Jahre alles probiert? Trainer, Manager. Und welche Mittel hatten und haben sie dabei zur Verfügung. Es ist viel zu wenig dabei herausgesprungen.
Im Mai 2021, also genau vor vier Jahren, haben sich die Wölfe das letzte Mal für Spiele in Europa qualifiziert. Und jetzt kommt der nächste Neustart. Der nächste Trainer. Es wirkt ein bisschen wie Lose ziehen. Doch Fußball, und das ist ja auch gut so, geht glücklicherweise anders.