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Grifo stellt klar: "Ich bereue keinen Schritt"

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„Da sind viele Tränen geflossen“

Vincenzo Grifo gehört zu den Routiniers beim SC Freiburg. Im SPORT1-Interview spricht der Mittelfeldspieler über die Ära Streich, das aktuelle Erfolgsgeheimnis und seine Hoffnung, mit dem Sportclub international zu spielen.
Vincenzo Grifo hofft nächste Saison mit dem SC Freiburg international zu spielen
Vincenzo Grifo hofft nächste Saison mit dem SC Freiburg international zu spielen
© IMAGO/Jan Huebner
Vincenzo Grifo gehört zu den Routiniers beim SC Freiburg. Im SPORT1-Interview spricht der Mittelfeldspieler über die Ära Streich, das aktuelle Erfolgsgeheimnis und seine Hoffnung, mit dem Sportclub international zu spielen.

Die Saison beim SC Freiburg begann unter völlig neuen Vorzeichen. Die Ära Christian Streich endete, er übergab das Amt an Julian Schuster, den ehemaligen Kapitän und Verbindungstrainer des Klubs. Mit dem neuen Trainer kamen viele neue Gesichter ins Trainerteam und auch einige neue Spieler stießen zum Verein.

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Einer ist hingegen schon lange da: Vincenzo Grifo spielt seit 2019 zum zweiten Mal für die Breisgauer und ist eines der Gesichter des Sportclubs.

Im Interview mit SPORT1 spricht der Deutsch-Italiener vor dem Duell mit Noch-Meister Bayer Leverkusen (17.30 Uhr im LIVETICKER) über die derzeitigen Erfolge, das Vermächtnis von Christian Streich und seine Träume im Klub und bei der Nationalmannschaft.

SPORT1: Vincenzo Grifo, im April gab es einen besonderen Moment, als Sie Ihr 300. Pflichtspiel absolviert haben. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?

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Vincenzo Grifo: Die Zahl bedeutet mir sehr viel. Ich habe immer mal wieder darüber nachgedacht, dass, wenn ich die Zahl 300 knacke, dann kann ich wirklich stolz auf mich sein. Klar, ich will immer mehr, es ist noch nicht zu Ende und jetzt jage ich die 350. Ich habe mir aber immer gedacht, wenn ich mal die 300 habe, dann hänge ich mir auch so ein schönes Bild zu Hause auf. Nichtsdestotrotz war es dann gegen Union Berlin nicht der beste Zeitpunkt, weil wir verloren haben und auch Punkte liegen lassen haben, aber es war trotzdem schön. Wenn ich jetzt so zurückblicke, ist es eine überragende Zahl, auf die ich sehr stolz bin.

„Ich bereue keinen Schritt in meiner Karriere“

SPORT1: Wenn wir einen Blick zurückwerfen, kann man ja schon einige Jahre Revue passieren lassen, die Sie mittlerweile in der Liga sind. Gibt es eine Entscheidung, über die Sie heute sagen, das war vielleicht der beste Schritt meiner Karriere und auf der anderen Seite eine Entscheidung, über die sie sagen, die bereuen Sie heute?

Grifo: Der beste Schritt war, dass ich den Weg wieder hierhin zurückgefunden habe – zu meinen Jungs und meiner zweiten Heimat. Hier fühle ich mich am geborgensten und hier fühle ich mich von den Fans und von meinen Mannschaftskollegen geschätzt. Hier bin ich ein sehr lebensfroher und witziger Mensch, mit dem man viel lachen und Spaß haben kann. Mit mir kann man aber auch auf dem Platz in den Krieg ziehen und ich kann die Mannschaft anpeitschen. Die Frage, ob ich es bereue, damals nach Gladbach oder Hoffenheim gegangen zu sein und es nicht schöner gewesen wäre, hier geblieben zu sein, habe ich schon öfter gestellt bekommen. Die Zeit hat mich zu dem Spieler und auch zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Ich schätze jetzt alles noch mal anders und sehe es mit anderen Augen. Ich habe sehr viel aus dieser Zeit gelernt und bereue keinen Schritt in meiner Karriere.

„Es sind auch viele Tränen geflossen“

SPORT1: Und mit Freiburg passt es ja wieder, wie man sieht. Wir befinden uns gerade in der entscheidenden Saisonphase und gefühlt ist noch alles möglich, im Guten wie im Schlechten. Vor der Saison hatte man so viele Ungewissheiten, auch der Trainerwechsel ist nicht einfach nach so vielen Jahren mit Christian Streich. Trotzdem, wenn man bis hierhin Bilanz ziehen müsste, wie ist das alles gelungen, dieses Gesamtpaket, das ja mit ein paar Unsicherheiten verbunden war.

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Grifo: Es ist sehr gut gelungen. Wir haben viele Punkte gesammelt und stehen da, wo wir jetzt stehen, sehr gut. Als die Ära Streich nach über 12 Jahren zu Ende war, sind auch viele Tränen geflossen. Viele kannten ihn im Verein in- und auswendig und vieles war sehr gut eingespielt. Dann noch mal neuen Anlauf zu holen, ist nicht einfach. Ich glaube, mit Julian Schuster haben wir einen sehr guten Trainer, der diesen Verein sehr gut kennt, vielleicht nicht so gut wie Streich, aber er ist auch schon unglaublich lange hier. Er kennt die Philosophie und Werte des Vereins und weiß, worauf es ankommt. Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, haben ein paar Sachen geändert und haben eine sehr gute Mischung. Eine Mannschaft, die sehr erfahren ist, haben wir aber auch viele junge gute Talente, die wir dann natürlich mitziehen wollen und heranführen möchten. Unser Training ist geprägt von sehr viel Intensität, denn wir marschieren und wir liefern das, was das Trainerteam von uns verlangt. Wir sind belastbar und das ist, glaube ich, das Entscheidende, um den Erfolg feiern zu können, den wir gerade erreicht haben und hoffentlich auch in Zukunft haben werden.

SPORT1: Sie haben schon oft über die Umstellung zu Julian Schuster gesprochen, auch jetzt gerade eben. Aber inwiefern hat er sich denn jetzt, nach fast einem Jahr als Trainer, vielleicht auch ein bisschen verändert, weil das natürlich auch eine neue Rolle ist im Unterschied zu früher, als man ihn als Mitspieler, Kumpel und Kollegen kannte.

Grifo: Ja, jetzt ist er mein Trainer und er trifft die Entscheidungen. Wenn er Spielern sagen muss, dass sie nicht von Anfang an kicken, zum Beispiel jetzt auch bei Christian Günter, der dann auf der Bank saß, das sind Momente, die ihm nicht guttun und die ihm vielleicht auch ein Stück weit weh tun. Er weiß, was er an uns erfahrenen Spielern hat, er hat einige Sachen mit uns erlebt, auf und neben dem Platz, und die Jungs dann zu enttäuschen, ist halt nicht so schön. Das ist das Schwierige am Trainersein und das verändert einen dann auch ein Stück weit.

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SPORT1: Sie haben offen zugegeben, dass Sie immer noch Kontakt zu Christian Streich haben. In welchen Momenten holen Sie sich selbst noch mal Rat bei ihm ein?

Grifo: Rat habe ich mir nicht eingeholt, sondern wir haben einfach eher über Gott und die Welt geredet. Wir haben darüber gesprochen, wie es ihm privat geht und wie es meiner Familie geht, weil er mich und auch meine Familie schon seit 10 Jahren kennt. Wir haben uns ein bisschen ausgetauscht, auch über Fußball gequatscht und dass es gut läuft und er uns nur das Beste wünscht. Wir werden uns jetzt, wo es wärmer wird, mal treffen und einen Kaffee zusammen trinken.

„Ich bin sehr hungrig auf Erfolg“

SPORT1: Kommen wir noch mal auf Sie als der Topscorer in dieser Saison zu sprechen. Trifft der Satz zu: „Je älter, desto besser.“ Wie ein guter Wein sozusagen? Wie würden Sie selbst Ihre Leistung beschreiben? Was macht Sie auch mit 32 noch zu einem unersetzbaren Spieler beim Sportclub?

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Grifo: Ich bin sehr hungrig auf Erfolg. Die Ansprüche an mich selbst steigen natürlich auch ein stückweit. Ich möchte mich tagtäglich verbessern. Dieses Jahr hat man noch mal gesehen, dass ich ein paar Sachen dazugelernt habe, die ich davor nie so auf dem Schirm hatte, was natürlich dann auch mit dem neuen Trainerteam zu tun hat, die mir dann ein paar gute Sachen mitgegeben haben. Meine Fitness ist gut, ich bin gesund, ich fühle mich wohl und das ist die Hauptsache. Ich habe den Anspruch an mich selbst, Topscorer zu sein und viele Tore und viele Vorlagen zu machen. Ich habe zehn Vorlagen gemacht und acht Tore geschossen, ich glaube, diese Zahl kann sich sehen lassen. Als Mittelfeldspieler ist es nicht üblich, dass man acht Tore schießt. Dieses Jahr kommt noch hinzu, dass Ritsu Doan gut performt, wir gut harmonieren und zusammenpassen. Es ist vor allem mein Anspruch an mich selbst, gesund zu sein, fit zu bleiben und mich tagtäglich zu verbessern - ich hoffe, dass das auch die nächsten Jahre so bleibt.

SPORT1: Ein Fan hat interessanterweise zu mir gesagt: „Ist ja klar, er ist halt Italiener. Bonucci, Chiellini und Co. sind alle im Alter immer besser geworden.“

Grifo: Ja, da hat er nicht ganz Unrecht und ich glaube, in Italien fährt man so ein bisschen die Philosophie, je älter, desto besser, weil die Jungs dann einfach auch eine gewisse Erfahrung mitbringen. Ich glaube, mit 32 ist man noch lange nicht am Ende, sondern in Italien spielen sie auch zum Teil mit 35/36 Jahren noch Fußball. Siehe Ronaldo, der das beste Beispiel ist. Er ist knapp 40 und marschiert noch immer wie ein junges Reh. Von daher ja, da kommt alles zusammen: die Ernährung, wie bereitet man sich vor, die Fitness, die Trainingsvorbereitung und so weiter. Ich glaube, mit an oberster Stelle steht einfach die Gesundheit und wenig verletzt zu sein - das ist das Ausschlaggebende.

Traum? „Mit Freiburg international zu spielen“

SPORT1: Aktuell ist Freiburg Tabellenvierter (vor dem 32. Spieltag). Irgendwie scheint in der Tabelle vom 3. bis 11. Platz alles möglich. Welche Platzierung würde Sie denn zufriedenstellen?

Grifo: Ja, am liebsten Zweiter - Bayern kriegen wir ja nicht mehr (lacht). Nein, Spaß. Wir haben gegen Union und Dortmund verloren, da sieht man, wie schnell es gehen kann. Dann gewinnen wir gegen Gladbach und Hoffenheim wieder und sammeln sechs Punkte. Ich meine, du hast es schon angesprochen, es ist alles möglich und das ist uns auch klar. Wir wollen jetzt die letzten Spiele Vollgas gehen, wirklich alles rausholen und wenn es am Ende für was Außergewöhnliches langt, dann unterschreiben wir das. Und wenn es nicht so ist, dann bricht für uns auch keine Welt zusammen.

SPORT1: Außergewöhnliches zu erreichen heißt Champions League oder Europa League?

Grifo: Sowohl als auch, würde ich sagen. Wenn wir es schaffen, international zu spielen nach der Saison, die mit dem Trainerwechsel, neuen Leuten im Trainerteam und vielen neuen Spielern begonnen hat, dann sind wir sehr, sehr glücklich.

SPORT1: Wir haben angefangen mit den Pflichtspielen. Jetzt haben wir Ihre Karriere ein bisschen durchgesprochen. Sie haben als Fußballer viel erreicht, viel erlebt, welchen Traum hat man denn in der Karriere noch mit 32 Jahren?

Grifo: Gesund zu bleiben und so lange wie möglich Fußball zu spielen, weil ich den Fußball einfach liebe. So lange wie möglich auf diesem Niveau zu performen und alles andere, was kommt, nehme ich dankend an und nehme ich mit. Wenn ich einen Wunsch hätte, dann wäre einer meiner Träume, mit Freiburg international zu spielen oder vielleicht international noch mal irgendwie bei der Nationalmannschaft mitzumischen.

SPORT1: Eine kurze Nachfrage, weil Sie bei den letzten Interviews, die wir geführt haben, immer mittendrin waren und auf dem Sprung - es sah gut aus, dass Sie mit Italien das nächste große Turnier spielen. Wie sehr ist dieser Wunsch noch vereinbar mit der aktuellen Realität in der italienischen Nationalmannschaft? Wie ordnen Sie das ein?

Grifo: Ich glaube eher gering. Ich glaube, dass die Zahlen passen und dass ich auch versuche, hier meine Hausaufgaben zu machen, sodass ich mich bei der Nationalmannschaft anbiete. Aber es ist zu akzeptieren, dass der Trainer dann auch andere Spieler möchte, einfach auch Spieler, die ein bisschen jünger sind. Aber wenn dieser Fall noch mal auftreten sollte, würde ich mich natürlich tierisch freuen und ich werde weiter dafür kämpfen, dass vielleicht dieser Tag mal kommt, dass ich eine Chance bekomme.