War es sein letzter Geniestreich vor heimischer Kulisse im Trikot von Bayer Leverkusen? Mit einer sehenswerten Außenristflanke servierte Florian Wirtz in der Nachspielzeit mustergültig für Jonas Hofmann, der per Flugkopfball zum 2:4-Endstand gegen Borussia Dortmund vollendete.
Zweifel an Wirtz und Bayern
Der aus Bayer-Sicht sportlich enttäuschende Nachmittag stand ganz im Zeichen des Abschieds: Während Jonathan Tah und Erfolgscoach Xabi Alonso im Anschluss an ihre letzten Heimspiele vor der Fankurve emotional verabschiedet wurden, klatschte Wirtz zusammen mit dem Team auf dem Rasen Beifall.
Äußerlich ließ er sich nichts anmerken. Zwar läuft sein Vertrag noch bis 2027, doch es könnte auch sein letzter Auftritt für die Werkself in der BayArena gewesen sein. Wirtz‘ Zukunft ist seit Wochen ein heißes Thema.
Was wird aus Wirtz?
Sein Bauchgefühl sei „50:50“, sagte Geschäftsführer Fernando Carro vor Anpfiff bei DAZN bezüglich der Chancen auf einen Verbleib des Offensivkünstlers.
Das Wichtige sei, dass es eine Lösung gebe, mit der sich alle Parteien - Wirtz selbst, dessen Familie und der Verein - wohlfühlen, betonte Carro und ergänzte: Am Ende müsse Wirtz selbst entscheiden, „was will er, wann will er den nächsten Schritt machen“.
Und wohin? Zum FC Bayern? Oder folgt er womöglich seinem Förderer Alonso, der als designierte Nachfolger von Carlo Ancelotti bei Real Madrid gilt. Oder führt sein Weg doch auf die Insel zu Pep Guardiola oder Manchester City?
„Das kann nur er selbst für sich beantworten“, sagte der frühere Leverkusener Michael Ballack bei DAZN. „Er wird selbst entscheiden, was die Zukunft bringt. Zusammen mit seinem Verein.“
Leverkusen weiter „der richtige Platz“ für Wirtz?
Die Verantwortlichen in Leverkusen wissen um das Interesse anderer Topklubs, sehen ihren Verein aber selbst auch in einer guten Position. „Neben einem Vertrag ist es wichtig, dass du Florian überzeugst, dass es der richtige Platz ist“, betonte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes.
Andere Angebote habe er fast die ganzen Jahre gehabt, ergänzte Rolfes. „Er hat immer das Gefühl gehabt, das ist der richtige Platz für ihn. Sein Verein. Das ist unser Anspruch - ihn damit zu überzeugen.“
Doch die Abgänge von Alonso und Tah stellen eine Zäsur dar. Die spannende Frage ist, ob der neue Trainer die erfolgreiche Arbeit Alonsos fortführen kann. Und ob auch der Kader weiterhin das Potenzial hat, um Titel mitzuspielen.
Wirtz-Abgang könnte Leverkusener Kasse füllen
„Ich würde hier wirklich den Worten von Fernando Carro im Doppelpass vertrauen, der gesagt hat, wir sind kein One-Hit-Wonder und wir wollen auch die nächsten fünf oder zehn Jahre um die Meisterschaft mitspielen“, hielt SPORT1-Experte Stefan Effenberg im STAHLWERK Doppelpass fest. „Verkaufst du Wirtz ist das sportlich gesehen ein herber Verlust. Aber du bekommst Geld, mit dem du arbeiten kannst.“
Da setzt Effenberg ferner auf das in jüngerer Vergangenheit gute Leverkusener Scouting. Die für Wirtz gehandelten Transfersummen liegen zwischen 120 und 150 Millionen Euro. Nach SPORT1-Informationen sucht der Rekordmeister schon seit geraumer Zeit nach alternativen Finanzierungslösungen, um einen Transfer Wirtz‘ zur kommenden Saison zu stemmen.
Die Bild berichtete am Freitag von einer angeblichen Einigung zwischen Wirtz und Bayern. Offen sei demnach nur noch der genaue Zeitpunkt des Wechsels. Sollte es in diesem Sommer nicht klappen, soll Wirtz auch für einen Transfer nach München im nächsten Jahr sein Wort gegeben haben.
Basler legt sich auf Bayern fest – aber äußert Skepsis
„Er wird zu Bayern gehen, da bin ich fest davon überzeugt. Was soll da noch scheitern?“, meinte SPORT1-Experte Mario Basler im Doppelpass. „Wenn sich Bayern mit Wirtz schon einig ist, dann kommt es auf 30 Millionen mehr oder weniger am Schluss auch nicht an. Sie wollen diesen Spieler unbedingt und wenn es am Ende 150 Millionen sind, werden sie es bezahlen.“
Eine andere Frage treibt den Ex-Nationalspieler allerdings noch mehr um: Passt Wirtz überhaupt zu Bayern? Zwar versteht sich der 22-Jährige bekanntlich bestens mit Jamal Musiala, beim DFB-Team wurde das Duo „Wusiala“ bereits gefeiert. Aber lässt sich das auch auf die Bayern übertragen?
„Ich bin immer noch skeptisch bei der Geschichte“, räumte Basler ein. „Ich finde keine zwei überragenden Spiele, die sie zusammen gemacht haben. Ich glaube, das System beim FC Bayern ist nicht darauf ausgelegt, beide spielen auf der gleichen Position. Du musst das System komplett umstellen und dann ist die große Frage, ob das am Ende funktioniert.“
„Wusiala“ bei Bayern? Auch Effenberg zweifelt
Auch Effenberg äußerte beim Blick auf die unter Vincent Kompany praktizierte typische Bayern-Grundordnung Bedenken. „Das 4-2-3-1 ist das Bayern-System. Und wenn du dann zwei Außenspieler hast, Harry Kane vorne und Wirtz und Musiala hast du fünf komplett offensiv ausgerichtete Spieler.“
Da müsse man die richtige Balance finden, mahnte Effenberg, „oder du opferst eine Außenposition für Wirtz oder Musiala, die ich aber beide im Zentrum sehe.“
Rückblickend sei bei der vergangenen EM „einer der beiden immer abgetaucht. Das war in der Regel Wirtz“, ergänzte Effenberg. Er riet Wirtz daher, „zu Real Madrid oder zu Manchester City zu gehen“.
Söder wünscht sich Wirtz in München
Das wäre allerdings weniger im Sinne des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Er würde es befürworten, wenn Wirtz nach München wechseln würde, weil dann auch die Bayern den Kern der Nationalmannschaft bilden würde.
„Wir hatten in Deutschland immer Erfolg, wenn der FC Bayern diesen Block stellt“, sagte Söder im Doppelpass. Wenn Wirtz zu Bayern käme, ein gutes Team mit Musiala bilde und sich ein Jahr mit ihm einspiele, wäre das für Söder auch im Hinblick auf die WM 2026 positiv. „Dieses Duo wäre super für Deutschland.“