Es knistert wieder einmal gewaltig: Uli Hoeneß und Lothar Matthäus, die den FC Bayern viele Jahre lang gemeinsam prägten, sind abermals heftig aneinandergeraten. Auslöser waren Matthäus‘ Aussagen zum laufenden Transferpoker um Nick Woltemade, die den Ehrenpräsidenten der Münchner empörten.
Eine ewige Streitgeschichte
„Ich sage es schon seit längerer Zeit: Woltemade ist einer für den FC Bayern. Und ich finde es richtig, dass Bayern sich um ihn bemüht. Wobei ich 60 Millionen Ablöse zu wenig finde. Wären 80 bis 100 Millionen genannt worden, hätte mich das nicht überrascht“, hatte der deutsche Rekordnationalspieler der Bild gesagt - und damit Uli Hoeneß mächtig auf die Palme gebracht.
„Lothar Matthäus hat nicht alle Tassen im Schrank“, echauffierte sich Hoeneß im kicker. Matthäus trage keine operative Verantwortung, werfe aber, ähnlich wie schon im Fall Florian Wirtz, mit astronomischen Zahlen um sich. Mit solchen Aussagen setze Matthäus vor allem den VfB unter Druck, der am Ende bei einer niedrigeren Ablöse öffentlich als Verlierer dastehen würde.
Wenig später konterte Matthäus. „Ich bin die Beleidigungen von Uli Hoeneß gewohnt und nehme sie nicht mehr ernst. Das macht er seit 20, 25 Jahren”, sagte er. „Das lasse ich nicht an mich herankommen, da bekommst du eine dicke Haut. Uli Hoeneß lebt nach wie vor in seiner Welt und hat immer noch nicht verstanden, dass sich nicht nur der Fußball, sondern auch das Business weiterentwickelt hat.“
Hintergrund: Es ist längst nicht das erste Mal, dass die Meinungen der beiden deutschen Fußballgrößen weit auseinandergehen und Matthäus sowie Hoeneß sich ordentlich in die Haare bekommen.
SPORT1 zeichnet die lange Geschichte dieses Streits nach.
Lothar Matthäus und Uli Hoeneß - der Tagebuch-Ärger 1997
Fünf Jahre nach Beginn seines zweiten Engagements beim FC Bayern vollzieht sich ein Eklat um den Mannschaftskapitän, der das Verhältnis zu den Teamkollegen und der Klubführung mit Manager Uli Hoeneß, Präsident Franz Beckenbauer und dessen Vize Karl-Heinz Rummenigge schwer belastet.
Matthäus veröffentlicht ein Buch, in dem er auf die vorige Saison zurückblickt und Einblicke in die Kabine gibt. Hoeneß hat zumindest einen Teil des Manuskripts gelesen und abgesegnet, die Sprengkraft übersteigt jedoch massiv den Effekt, den Matthäus beabsichtigt hat.
Vorabgedrückte Auszüge der Bild rücken sein gestörtes Verhältnis zu dem im Sommer gewechselten Ex-Teamkollegen Jürgen Klinsmann in den Fokus („Werden keine Freunde mehr“), als Brandbeschleuniger wirkt ein Bericht der Abendzeitung, in dem Matthäus zitiert wird, Klinsmann sei „egoistisch, feige und vor allem aufs Geld aus“.
Nicht nur Klinsmann ist stinksauer (“Damit hat er sich disqualifiziert“), noch vor Veröffentlichung des Buchs - und bevor irgendwer es ganz lesen konnte - kommt es zu einem öffentlichen Riesenzoff zwischen Matthäus und seinen verbliebenen Teamkollegen, mit zahlreichen gegenseitigen Beschimpfungen.
Unter anderem wütet der spätere Doppelpass-Moderator Thomas Helmer: „Man sollte kranken Menschen helfen. Wenn sich als Krankheit erweist, sich unbedingt mitteilen zu müssen, dann ...“
Um die Verwerfungen unter Kontrolle zu bringen, wird Matthäus die Kapitänsbinde entzogen. Obwohl er bleibt, ist das schon länger angespannte Verhältnis zu Bayern dauerhaft belastet.
Giftpfeile nach dem FC-Bayern-Abschied 2000
Kurz vor seinem 39. Geburtstag lässt der noch immer aktive Matthäus die Bayern nach insgesamt zwölf Jahren hinter sich und wechselt zum Ausklang seiner Karriere zu den New York Metro Stars in die MLS.
Hoeneß versteht den Wechsel nicht, attestiert Matthäus den „größten Fehler seines Lebens“. Matthäus kontert: „Hoeneß kann nicht beurteilen, was für mich richtig oder falsch ist. Ich finde es unverschämt, über die Medien einen derartigen Blödsinn in die Welt zu setzen.“
Wenige Wochen später ist der Ärger beiseitegeschoben: Matthäus und Bayern zelebrieren ein emotionales Abschiedsspiel, Hoeneß und Matthäus umarmen sich.
Hoeneß‘ Greenkeeper-Spruch 2002
Nächster großer Knall zwischen Matthäus und den Bayern - der Hintergrund: Eine desaströs verlaufene Champions-League-Gruppenphase im Herbst, an deren Ende Bayern als Letzter ausscheidet.
Im Doppelpass auf SPORT1 (damals DSF) bezieht Hoeneß Stellung und wehrt sich unter anderem gegen Spekulationen, dass die Krise Trainer Ottmar Hitzfeld den Job kosten könnte.
Eher beiläufig nimmt er sich Matthäus vor, der sich - wie viele andere - kritisch zur Lage seines Ex-Teams zu Wort gemeldet hatte. Hoeneß unterstellt einen persönlichen Rachefeldzug des kurz zuvor in seine Trainerkarriere gestarteten Ex-Kapitäns: „Was der losgelassen hat, da hat man den Eindruck, der hat alles gewonnen und nie ein Spiel verloren. Der will ja, der wollte beim FC Bayern was werden. Aber so lange ich und der Kalle Rummenigge etwas zu sagen haben, wird der nicht mal Greenkeeper im neuen Stadion.“
Der zur Legende gewordene Spruch trifft Matthäus ins Mark, er reagiert drastisch, kündigt seine Ehrenmitgliedschaft im Verein, schickt auch die zum Abschied geschenkte Uhr im Wert von 25.000 Euro zurück.
„Ich lasse mich von Uli Hoeneß nicht vor aller Öffentlichkeit beleidigen und mir nicht den Namen kaputtmachen“, schießt Matthäus in der Bild zurück - und wundert sich, „warum auf meine sachliche Kritik am Zustand der Mannschaft eine von Hoeneß mehr als persönlich beleidigende Reaktion vor einem Millionenpublikum erfolgte“.
Matthäus konstatiert außerdem: „Uli war schon zu meiner aktiven Zeit nie mein Freund. Er hat mich weniger geschützt als Mehmet Scholl oder Stefan Effenberg.“
Die von der FAZ spöttisch kommentierte Abrechnung (“Matthäus kündigt Bayern die Freundschaft“) wird nicht ohne versöhnliches Signal serviert. Matthäus stellt klar, zu einem „klärenden Gespräch“ stehe er jederzeit bereit.
Matthäus verklagte den FC Bayern 2003 sogar
Der Zoff zwischen Matthäus und Hoeneß‘ Bayern erreicht einen neuen Höhepunkt: Der Rekordnationalspieler verklagt seinen Ex-Klub, der Vorwurf: Nicht korrekt abgerechnete Einnahmen aus seinem Abschiedsspiel, Matthäus will angeblich 500.000 Euro mehr.
Hoeneß befindet ein weiteres Mal, dass Matthäus „den größten Fehler seines Lebens“ macht: „Wir sind hier alle fassungslos.“
Der von viel Trubel begleitete Prozess endet mit einem Vergleich, Matthäus gibt sich am Ende mit 7500 Euro zufrieden. „Mir ging es nicht ums Geld, sondern allein um Einsicht in die Unterlagen - und die hatte ich seit gestern Abend“, sagt er hinterher.
Versöhnungs-Gipfel bei SPORT1 2009
Sieben Jahre nach dem Greenkeeper-Eklat im Dopa kommt es zur Versöhnung, ebenfalls bei SPORT1/DSF.
Im Audi Star Talk treten Hoeneß und Matthäus erstmals seit Jahren gemeinsam im TV auf. Matthäus entschuldigt sich für seine Klage („Ich wurde falsch beraten“), Hoeneß für seinen Dopa-Auftritt: „Das war überzogen, teilweise ungerecht. Der Ausspruch tut mir heute wirklich leid.“
Hoeneß und Matthäus tauschen sich bei Moderator Klaus Gronewald unter anderem auch über Matthäus‘ durchwachsen laufende Trainerkarriere aus.
Hoeneß‘ Erklärung: Matthäus sei zwar ein „hervorragender Fachmann“, aber es gebe halt „auch den Öffentlichkeitsmenschen Matthäus“. Vor dem hätten Klubchefs, die sich bei ihm nach Matthäus erkundigten, „ein bisschen Schiss“.
Matthäus wird 2021 doch noch Greenkeeper bei Bayern
Der 19 Jahre alte Zoff wird nun auch symbolisch beigelegt: Matthäus wird nun doch zum Greenkeeper bei Bayern - in einem Fotoshooting für das offizielle Bayern-Magazin, das Matthäus‘ 60. Geburtstag würdigt.
Matthäus stellt dabei klar: „Über die Greenkeeper-Aussage können wir nun auch längst beide lachen.“
Auch die Konflikte aus noch früheren Zeiten sieht er nun in milderem Licht: „Wir haben uns zu meiner aktiven Zeit öfter mal angeschrien, aber wir sind beide Menschen mit großem Herz, von daher kam es auch immer wieder schnell zur Versöhnung, weil wir ja wussten, dass wir eigentlich das gleiche Ziel haben.“
Hoeneß weist Matthäus in Transferfragen 2024 zurecht
Nach einer titellosen Bayern-Saison 2023/24 muss sich der FC Bayern neu aufstellen. Das erweist sich allerdings als kompliziert: Ehe ein neuer Trainer vorgestellt wird, vergehen einige Monate. Und auch auf dem Transfermarkt haben die Münchner Schwierigkeiten.
Auf die wiederholte Matthäus‘ Kritik reagiert Hoeneß schließlich im August 2024 deutlich: „Für die Baustellen ist ja bei uns Lothar Matthäus zuständig. Wenn ich den Schmarrn von Lothar Matthäus jeden Tag lesen muss – das geht mir langsam auf den Sack."
Matthäus zweifelt an Hoeneß‘ Auftritten 2025
Anfang April 2025 erklärt Matthäus, dass die ständigen öffentlichen Einmischungen von Hoeneß für den FC Bayern mehr Fluch als Segen seien.
„Ich glaube, dass Uli Hoeneß dem FC Bayern immer geholfen hat und helfen wird, er hat den Verein aufgebaut“, sagt Matthäus der Sportbild. „Was schadet, sind seine Kommentare nach außen: Sie liegen ihm auf der Zunge und Uli kann sich dann einfach nicht zurückhalten.“
Matthäus ergänzt: „Er wollte damit immer das Beste für den Verein, hat dem FC Bayern aber auch häufiger geschadet. Seine Kommentare und die folgenden Schlagzeilen haben oft für Unruhe gesorgt.“
Hintergrund: In der Causa Thomas Müller sorgt Hoeneß für Wirbel, als er am Rande der Premiere der Müller-Doku die zuvor getätigten Aussagen von Sportvorstand Max Eberl bezüglich einer Vertragsverlängerung mit dem Bayern-Urgestein einkassiert.
Matthäus reagiert auf Wirtz-Poker im Sommer 2025
Im Zuge des Pokers um Florian Wirtz, der letztlich nach Liverpool geht, geraten beide Streithähne erneut aneinander. Uli Hoeneß beschwert sich mehrfach öffentlich, da ihm die Berichterstattung über den FC Bayern, insbesondere bei brisanten Transferthemen wie Wirtz, ein Dorn im Auge ist. Das wiederum ruft Lothar Matthäus auf den Plan.
„Uli Hoeneß sollte sich in der Öffentlichkeit etwas mehr zurückziehen oder sich zumindest überlegter äußern. Nicht die Journalisten sind schuld, dass Dinge verbreitet werden – diese kommen aus dem Verein selbst“, sagt der Rekordnationalspieler im Gespräch mit der Sportbild.
Hoeneß habe schließlich vor rund einem Jahr selbst gesagt, dass nichts mehr nach außen kommen werde. Das Gegenteil sei der Fall.
Natürlich müsse man sich dann Nachfragen gefallen lassen, sagt er. In Matthäus‘ Augen seien die Hoeneß-Aussagen überzogen: „Uli Hoeneß kennt das Geschäft seit fast 60 Jahren. Er hat von den Medien profitiert, der Klub wurde auch deswegen so groß, wie er ist.“