Sie sind stolz auf ihren Helden in Barrancas. In der Kleinstadt in der Kohleprovinz La Guajira im Nordosten Kolumbiens haben sie ihm kurz nach dem Wechsel zum großen FC Liverpool sogar ein kleines Denkmal gesetzt. Die Mauer des Hauses, in dem Luis Fernando Díaz Marulanda, wie der Flügelflitzer mit vollem Namen heißt, am 13. Januar 1997 geboren wurde, haben sie mit den Farben der kolumbianischen Nationalmannschaft angestrichen.
Auf den Spuren des neuen Bayern-Stars Luis Díaz
Die Tragödie hinter Luis Diaz
Und dann die Logos seiner bisherigen Vereine aufgepinselt: dem lokalen Verein Cluballer FC, dem FC Barranquilla, dem Traditionsclub Junior, allesamt aus Kolumbien, dem FC Porto und schließlich den FC Liverpool.
Entsetzen über Entführung
Das war noch vor der Zeit als die Familie Díaz unbekümmert durch Kolumbien reisen konnte. Dann folgte 2023 die Entführung seiner Eltern durch bewaffnete Banden. Lösegelderpressungen sind Mittel, mit denen die tief in den Drogenhandel verstrickten linksextremen Guerillabanden und rechtsextremen Paramilitärs ihre Waffenkäufe finanzieren.
Die Entführung sorgte weltweit für Entsetzen, in Liverpool unterstützten damals Trainer Jürgen Klopp und die ganze Mannschaft der Reds ihren wieselflinken Flügelspieler. Weil das Medienecho weltweit so groß war, bekamen auch die Entführer kalte Füße und schließlich gelang es einer Delegation unter der Leitung der katholischen Kirche und einer Uno-Kommission den freigelassenen Vater Luis Manuel Díaz nach gut zwei Wochen wieder in Empfang zu nehmen. Die Mutter war gleich am Anfang befreit worden.
Problemregion im Nordosten
Barrancas ist nicht nur wegen Luis Díaz bekannt. Gleich nebenan liegt die größten offene Kohlemine Lateinamerikas. Die Bewohner haben ihr wegen der Dimension den Namen „das Monster“ gegeben. Umweltschützer vor Ort kritisieren den hohen Wasserverbrauch der Mine, die offiziell „El Cerrejon“ heißt und von einem Schweizer Bergbaukonzern betrieben wird.
Die Kohlelieferungen von dort - zwischenzeitlich auch nach Deutschland - sind deswegen umstritten. Immer wieder blockieren die dort lebenden Wayuu-Indigenen die Eisenbahnlinie, die die Kohle über die Schiene zum Industriehafen an der Küste führt.
Indigene Wurzeln
Díaz selbst sagte einmal: „Ich habe Wurzeln, ich habe entfernte Verwandte, die Wayuu sind, aber ich bin es nicht. Aber ihre Tradition ist göttlich, genau wie ihre Menschen. Wenn man dort hingeht, verliebt man sich. Die Kultur der Wayuu sollte besser bekannt sein.“
Tatsächlich leiden die Wayuu bis heute unter der Vernachlässigung der Regierungen in Kolumbien und Venezuela. Immer wieder gibt es traurige Nachrichten über an Unterernährung gestorbene indigene Kinder. Die Politik verspricht viel, tut aber wenig.
Durchbruch bei der Copa America 2021
Luis Díaz‘ Stern ging bei der Copa America 2021 in Brasilien auf. Das Turnier sollte ursprünglich in Kolumbien und Argentinien gespielt werden, fiel aber wegen der Corona-Pandemie ins Wasser. Brasilien sprang ein. Und in den leeren Stadien fiel dann der kolumbianische Stürmer auf, wie er in atemberaubender Geschwindigkeit die Außenlinie auf und ab sauste. Am Ende teilte er sich mit Lionel Messi die Copa-Torjägerkrone. Allerdings brauchte der Kolumbianer dafür nur 388 Minuten, während Messi 630 Minuten benötigte.
Der Weltstar gewann damals mit seinen Argentiniern bei diesem Turnier den ersten großen Nationentitel seiner Karriere. Die technische Kommission des südamerikanische Verband Conmebol berief Díaz in die „Elf des Turniers“ in einer Sturmreihe mit Messi und Neymar. Der Kolumbianer war damit in die Notizbücher der Sportdirektoren der ganzen Welt gestürmt.
Enorme Entwicklung
„Um ehrlich zu sein, haben wir, die Familie und die ganze Gemeinschaft, immer noch nicht realisiert, wie er sich entwickelt hat“, sagte Ex-Trainer Robert Fernandez damals, als Díaz im Januar 2022 vor dem Sprung nach Liverpool stand. „Es ging alles so schnell: Er spielte eine Saison beim FC Barranquilla, dann zwei Spielzeiten bei Junior als Meister und Vizemeister sogar auf südamerikanischem Niveau. Dann geht er nach Porto und jetzt ist er in Liverpool.“ Und jetzt führt ihn diese atemberaubende Karriere nach München.
In Zukunft werden sie in Barrancas wohl die Spiele des FC Bayern anschauen. Die Bayern mögen sie in Kolumbien, es gibt dort auch Bayern-Fanclubs. War Díaz im Dress des FC Liverpool noch der erste Kolumbianer hat er in Bayern prominente „Vorfahren“. Da sind Adolfo „El Tren“ Valencia (1993 – 1994) und James Rodriguez (2017 – 2019). Jetzt schreibt Díaz die kolumbianische Geschichte des FC Bayern weiter.