58 Kilometer trennen die Allianz Arena und den Tegernsee. Im Münchner Fußballtempel spricht ein Bayern-Boss über ein abgegebenes Angebot für Nick Woltemade, in der beschaulichen See-Idylle halten sich die Verantwortlichen des VfB Stuttgart am Rande des saisonvorbereitenden Trainingslagers bedeckt.
So ist der Stand bei Woltemade
So ist der Stand bei Woltemade
Was jedoch auf beiden Seiten auffällt: Die Chancen einer schnellen Abwicklung des Transfers sinken gen Null.
Bayern-CEO Jan-Christian Dreesen bestätigte am Rande der Eröffnung der Sonderausstellung „20 Jahre Allianz Arena“: „Wir hatten ein Angebot abgegeben, das hat bisher nicht zu einem Gespräch geführt und das ist der Status quo. Ich spreche ungern über Spieler anderer Klubs und aktuell ist Nick Woltemade Spieler des VfB Stuttgart. Wie es weitergeht, wird man sehen.“
Woltemade wirkt wie versteinert
Die Lage ist offensichtlich angespannt und das beschäftigt vor allem: Woltemade selbst. Der Offensivmann des VfB wirkte wie schon am Montag bei seiner Ankunft beim Team der Schwaben nach seinem Sonderurlaub im Anschluss an die U21-EM wie versteinert, kein Lachen, kein Scherzen.
Bei der Vormittagseinheit zeigte sich Woltemade zwar aktiv, wurde jedoch von seinen Teamkameraden kaum eingebunden oder treffend angespielt. Fanwünsche nach Fotos und Autogrammen bediente der 23 Jahre alte Angreifer anstandslos – und verschwand anschließend im Mannschaftsbus, der das Team zum Hotel „Überfahrt“ kutschierte.
Teamkollege Ermedin Demirovic bestätigte in einer Medienrunde auf SPORT1-Nachfrage: „Klar ist das in seinem Kopf, es ist nicht einfach, wenn man jeden Tag aufs Neue sein Gesicht in den Zeitungen sieht. Da ist enormer Druck drauf, das hat bei der EM schon angefangen. Da habe ich auch schon gesagt, man hätte auch paar Tage warten und ihn das EM-Finale spielen lassen können.“
Ausgerechnet U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo übrigens stattete den Schwaben am Mittwoch einen Trainingsbesuch im Stadion am Birkenmoos in Rottach-Egern ab. Ein kleiner Plausch mit Keeper Alexander Nübel, Yannik Keitel und eben Woltemade konnte die Stimmung offensichtlich immerhin ein wenig erhellen.
„Unsere Branche ist so verrückt, dass alles normal ist“
Doch nimmt der Transfer nun Fahrt auf? Oder kommt es immerhin erst einmal zu einem Gespräch zwischen den Klub-Verantwortlichen, nachdem das 50-Millionen-Euro-Angebot ohne ein Wimpernzucken abgelehnt wurde?
So schnell wohl nicht. Auf SPORT1-Nachfrage, ob es denn normal sei, ohne vorheriges Treffen erst eine Ablöse zu fordern, antwortete Dreesen in der Allianz Arena schlicht: „Ich würde gar nicht sagen, ob etwas normal oder unnormal ist. Unsere Branche ist so verrückt, dass alles normal ist und auch manchmal unnormal.“
Und auch die VfB-Spieler ließen sich keine Tendenz entlocken. Abwehrchef Jeff Chabot spielte das Geschehen als Normalität im Fußball herunter, bestätigte aber auch: „Es ist ein Thema, das jeder kennt.“
Causa Woltemade wird zum Geduldsspiel
Woltemades Offensivkollege Demirovic, der im Falle eines Abgangs in puncto Einsatzminuten gar selbst profitieren könnte, pflichtete bei: „Natürlich liest jeder mit. Jetzt ist er noch da und wir freuen uns, weil er gut in die Mannschaft passt, ein guter Charakter ist. Ich habe oft gesagt, dass ich mit Nick sehr gut klarkomme, dass ich mich mit ihm sehr gut verstehe.“
Am Ende bleibt der Spielball jedoch auf Boss-Ebene. Nach SPORT1-Informationen wollen sich die Bayern-Verantwortlichen nicht in kaum stemmbare Ablöse-Sphären drängen lassen, zumal mit Neuzugang Luis Díaz die größte Not im offensiven Mittelfeld vorerst gelindert ist.
Die Causa Woltemade wird also zum Geduldsspiel.