Wenn die Meldung, dass Granit Xhaka zum AFC Sunderland wechselt, auf der Homepage von Bayer Leverkusen genauso kurz ist wie die Nachricht, dass Abdoulaye Faye leihweise beim FC Lorient unterkommt, dann braucht es keine große Fantasie, um zu erahnen, was der Verein von den Vorgängen der vergangenen Wochen und dem finalen Entschluss des Schweizers hält. Nämlich fast gar nichts.
Dieser Transfer muss der Bundesliga zu denken geben
Ein Alarmsignal für die Bundesliga
Xhaka, die letzte Säule aus dem Meisterteam 2023/24, sollte die sich derzeit neu erfindende Werkself anführen. Nur gab es da einen Haken: Er hatte auf einen Umbruch ohne Ex-Coach Xabi Alonso überhaupt keine Lust. Das machte der 32-Jährige intern und öffentlich so lange deutlich, bis die Trennung unausweichlich wurde. Ein unwürdiges Schauspiel, das die Rheinländer in eine bedenkliche Situation befördert – aber auch für die gesamte Bundesliga ein alarmierendes Signal darstellt.
Xhaka ist ein Musterbeispiel des Problems
Einen Schlüsselspieler zu verlieren ist das eine - aber als deutscher Vizemeister an Sunderland, einen Aufsteiger aus der Premier League? Eigentlich nicht vorstellbar und noch viel weniger nachvollziehbar, dass ein derart ehrgeiziger Mann wie Xhaka aus freien Stücken die Champions League gegen eventuellen Abstiegskampf eintauscht. Gäbe es da nicht diese erdrückende finanzielle Überlegenheit und den weitaus größeren sportlichen Reiz, die unwiderstehlichen Lockmittel aller englischen Vereine.
Dass die Bundesliga transfermäßig den Anschluss an andere große europäische Ligen – vor allem an die Premier League – verloren hat und nur noch als Zulieferer dient, ist keine bahnbrechende Erkenntnis mehr. Wie weit die Schere tatsächlich auseinandergegangen ist, lässt sich jedoch am Beispiel von Xhaka gut ablesen. Dieses müsste alle Alarmglocken schrillen lassen. Denn wie bei ihm sieht es zurzeit oft aus: Sobald einer der spendierfreudigen Klubs aus England mit den Fingern schnippt, plant der Spieler auch schon die Flucht und ist so gut wie weg.
Gerade Akteure höchster Güteklasse werden reihenweise abkommandiert. So rückte Eintracht Frankfurt innerhalb eines halben Jahres Omar Marmoush und Hugo Ekitiké raus. Leverkusen wird leergekauft und steht wie RB Leipzig vor einem Neuanfang. Borussia Dortmund holte zwar Jobe Bellingham dazu, mischt bei den ganz großen Namen aber schon seit längerer Zeit nicht mehr mit. Und selbst der FC Bayern hat sichtbare Probleme, seine Wunschspieler zu verpflichten. Nicht zuletzt wegen der englischen Marktdominanz.
Ist die Bundesliga nicht mehr lukrativ genug?
Problematisch aus deutscher Sicht: In England sind nicht allein die Top-Adressen wie Liverpool, Manchester City oder Arsenal weit voraus. Was monetäre Anreize und Sogkraft angeht, gilt das Gleiche inzwischen sogar für die „Kleinen” wie Sunderland, Brentford oder Leeds. Bundesligisten können da bloß neidisch zuschauen und ihre Philosophie entsprechend anpassen. Waren früher Freiburg, Hoffenheim oder Mainz klassische Ausbildungsklubs, findet man diese nun in Leverkusen, Dortmund, Leipzig oder Frankfurt.
Das zeigt sich übrigens nicht nur bei den Protagonisten auf dem Rasen. Die Zeiten, in denen die Bundesliga mit Pep Guardiola, Jürgen Klopp und Thomas Tuchel über die besten Trainer der Welt verfügte, sind ebenso Geschichte. So scheint es derzeit für viele Vereine während der Transferphasen gar nicht mehr primär darum zu gehen, sich zu verbessern, sondern sich erst einmal nicht weiter zu verschlechtern. Ein beunruhigender Zustand, der die Köpfe der obersten Bosse kräftig rauchen lassen dürfte.