In Jubelstimmung war Luis Díaz nach dem Abpfiff nicht. Der neue Star des FC Bayern nahm das 3:2 gegen Wehen Wiesbaden in der ersten Runde des DFB-Pokals äußerlich regungslos hin. Er klatschte nur kurz mit Harry Kane ab und verzichtete auf weitere Gesten. Zuvor hatte der Kolumbianer großen Chancenwucher betrieben und einige Bayern-Beobachter sogar an Leroy Sané erinnert.
FC Bayern: Ist Luis Díaz gar nicht besser als Sané?
Díaz gar nicht besser als Sané?
Der 70-Millionen-Mann erwischte einen schlechten Tag vor dem Tor und hätte die Partie im Alleingang früh entscheiden müssen.
Díaz betreibt Chancenwucher
Nach wenigen Sekunden vergab er völlig frei vor dem überragenden Keeper Florian Stritzel das schnelle 1:0. Später bekam Díaz von Michael Olise die perfekte Vorlage von rechts. Er hätte Stritzel in dieser Szene auch überwunden, doch die Verteidiger Jordy Gillekens und Justin Janitzek blockten den Ball kurz vor der Linie (27.).
In der 56. Minute hätte der Kolumbianer nach Balleroberung von Aleksander Pavlovic die Entscheidung herbeiführen müssen. Er scheiterte erneut total blank vor dem Tor an Stritzel (56.). Kurz vor dem Comeback von Wehen schoss der Linksaußen noch einmal im Strafraum drüber (61.).
Der Frust über die vergebenen Chancen war dem 28-Jährigen immer mehr anzumerken. Er trat sogar wütend in den Boden und erarbeitete sich eine gute Szene nach der anderen.
Dennoch zogen viele Zuschauer in den Sozialen Medien schnell den Vergleich zu Sané heran, der in der Vergangenheit schon als Chancentod verschrien wurde. Sie sahen sich nach der Kritik direkt nach dem Transfer bestätigt. Kapitän Joshua Kimmich betonte bei Sky: „Glück war es nicht, würde ich mal sagen. Wir müssen das Spiel früher entscheiden. Die Vielzahl an Chancen war extrem.“ Der Kapitän sprach im Zusammenhang mit den Möglichkeiten auch von „sehr viel Unvermögen“.
Díaz? „Was mich bei ihm begeistert“
SPORT1-Chefreporter Stefan Kumberger betonte im Podcast „Die Bayern-Woche“ aber: „Die Abschlussschwäche hat tatsächlich ein wenig an Leroy Sané erinnert. Aber was mich bei ihm begeistert, ist, es sind größtenteils Chancen, die er sich selbst erarbeitet. Er kämpft dafür, er ist ein Initiator der Chancen. Das sind keine Zufallsprodukte. Er arbeitet für diese Möglichkeiten und vergibt sie dann.“
Der Insider bei den Münchnern zeigte sich dennoch von den ersten Auftritten des Südamerikaners begeistert und fügte an: „Das ist noch kein Punkt, der den Bayern Sorgen bereiten müsste. Bei Coman, Gnabry oder Sané war es zuvor ja fast schon chronisch. Da wusste man, dass sie sehr viele Chancen brauchen. Fakt ist, dass er sich eben viel fleißig erarbeitet. Es gibt auch Spieler, die völlig untertauchen. Das ist er nicht.“
Trotz des unglücklichen Auftritts gegen Wehen hat sich der Neuzugang nach seiner Zeit in Liverpool bestens in Deutschland eingefunden und einen Traumstart mit zwei Toren und zwei Vorlagen in den ersten drei Pflichtspielen gefeiert. Schüttelt er die Abschlussschwäche schnell ab, hängt er Sané möglicherweise meilenweit ab.
Dabei zeigt ein Blick auf die Daten, dass sich Díaz eigentlich besonders wohlfühlt, wo viel los ist. Bei Liverpool kam er vergangene Saison auf 17 Tore und fünf Assists. Was heraussticht: Alle Treffer erzielte er im Strafraum! Auch vier der Vorlagen legte er im Sechzehner auf.
Díaz liebt den Strafraum
Dabei hielt sich der Nationalspieler die meiste Zeit außen auf. Aber er klebte schon bei den Reds nicht an der Linie, sondern drang immer wieder nach innen zur Unterstützung der Stürmer. So agierte er auch bisher bei den Bayern und sorgte für Gefahr.
Gegen Leipzig entsprangen beim 6:0-Auftaktsieg auch ein Treffer und ein Assist im Strafraum. Den Treffer im Supercup erzielte er ebenfalls in der gefährlichen Zone.
Zwar hatte Sané in der vergangenen Saison sogar effektiver als Díaz agiert und alle 183 Minuten einen Treffer (Díaz brauchte 196 Minuten) sowie alle 132 Minuten einen Scorerpunkt (Díaz 152 Minuten) geschafft, doch trotzdem bereicherte der neue Mann das Spiel des FC Bayern umgehend.
Bei Liverpool führte keiner mehr Zweikämpfe als der Kolumbianer (487). Niemand war in Dribblings so gut wie er (51 Prozent erfolgreich). In diesen Bereichen übertraf er Sané und brachte diese Stärken nun mit.
Diese Mischung aus Torschütze, Vorlagengeber, erfolgreichem Dribbler und hartem Zweikämpfer brachte Sané nie konstant in München auf den Rasen - der Auftritt von Díaz in Wiesbaden ändert daran (noch) nichts.