3:1 geführt, trotzdem nicht gewonnen: Borussia Dortmund hat zum Bundesliga-Auftakt gegen den FC St. Pauli einen sicher geglaubten Sieg noch aus der Hand gegeben. Beim wilden 3:3 (1:0) in Hamburg kassierte der BVB in der Schlussphase zwei Gegentore sowie eine Rote Karte für Filippo Mane - und präsentierte sich kaum wie ein ernsthafter Konkurrent für Meister Bayern München.
Wilde Schlussphase nach Mane-Rot! BVB verspielt Sieg bei St. Pauli
Brandt wählt deutliche Worte
Serhou Guirassy traf zunächst für die Dortmunder (35.), scheiterte jedoch auch per Foulelfmeter an Keeper Nikola Vasilj (39.). Nationalspieler Waldemar Anton (67.) und Julian Brandt (74.) besorgten die weiteren BVB-Tore.
St. Paulis Neuzugang Andréas Hountondji bestrafte die Nachlässigkeiten in der Dortmunder Hintermannschaft (50.), nach Manes Platzverweis wegen einer Notbremse (85.) glichen Daniel Sinani (86./Foulelfmeter) und Eric Smith (89.) aus.
Richtungsweisend war für Brandt der Platzverweis: „Am Ende war es der Knackpunkt, wir waren einer weniger“, sagte der Mittelfeldspieler bei Sky. „Wir lassen uns am Ende ein Stück weit den Schneid abkaufen. Das müssen wir besser über die Linie bringen. Es war kein gutes Spiel von uns. Der Rest ist Geschichte. Dass wir uns das aus der Hand nehmen lassen, ist sehr schade.“
„Wir haben schon vergangene Saison sehr viele Rote Karten gesammelt“, fügte Brandt hinzu. „Wir müssen lernen, in den entscheidenden Momenten nicht mit einem Mann weniger zu spielen. Das tut auf Dauer weh.“
Kovac: „Wir haben heute nicht gut gespielt“
BVB-Trainer Niko Kovac sprach von einem „klaren Elfmeter“, Schuldzuweisungen an Mane gab es jedoch keine: „Natürlich ist er geknickt, denn wenn man 3:1 führt und dann eine Rote Karte bekommt, Elfmeter gegen sich, und man spielt 3:3, dann sieht er sich dort in der Mitschuld, aber er allein war es nicht. Wir waren alle nicht so gut, dass wir drei Punkte hätten nehmen können.“
Der BVB-Auftritt erinnerte stark an einen Rückfall in alte Zeiten, als immer wieder über fehlende Mentalität diskutiert wurde, doch davon wollte der BVB-Trainer nichts wissen: „So schnell geht‘s natürlich nicht. Wir haben heute nicht gut gespielt, von daher müssen wir uns das wirklich ankreiden. Aber dass wir jetzt irgendwie von vergangenen Zeiten reden, das ist zu früh.“
BVB-Rekordserie beendet
Der seltsam unstrukturiert auftretende BVB verpasste es durch den Dämpfer auch, seinen eigenen Bundesliga-Rekord weiter auszubauen. Zuvor hatten die Schwarzgelben zehnmal in Folge ihr erstes Saisonspiel gewonnen. Die Hamburger setzten mit ihrem mutigen Auftritt hingegen ein frühes Zeichen im erwarteten Kampf gegen den Abstieg.
Kovac verzichtete in seiner Startelf auf größere Überraschungen - Jobe Bellingham kam im Fünfermittelfeld der Dortmunder zu seinem Bundesliga-Debüt, auch Sorgenkind Yan Couto begann eine Woche nach dem groben Foulspiel gegen ihn im DFB-Pokal. Doch wie schon beim schwer verdaulichen 1:0 gegen Rot-Weiss Essen in der ersten Cup-Runde fehlte es dem BVB zunächst an Präzision und Kreativität.
Während die Fans bei Abendsonne den Neustart der Bundesliga genossen, passierte auf dem Rasen bis zur 18. Minute wenig. Dann unterlief Waldemar Anton einen langen Ball und zwang BVB-Keeper Kobel zu einer Parade gegen Hountondji. Auf der Gegenseite vereitelte Vasilj stark die erste (Pascal) Groß-Chance des BVB (24.). Doch die Gäste nutzten die verpasste Gelegenheit als Weckruf.
Guirassy trifft und vergibt
St. Pauli, ohne den zuletzt verletzten Kapitän Jackson Irvine, dafür mit fünf Neuzugängen in der Startelf, geriet anschließend gehörig ins Schlingern. Guirassys individuelle Klasse brachte dem BVB die Führung - bei seinem Kopfballtreffer stand er mustergültig in der Luft.
Weniger treffsicher aber zeigte sich der Topstürmer kurz darauf, als er aus elf Metern am bockstarken Vasilj scheiterte. Zuvor war Karim Adeyemi bei einem Konter im Strafraum klar gefoult worden.
Die Dortmunder, im Sommer durch die Teilnahme an der Klub-WM um eine längere Pause gebracht, wurden nach der Pause kalt erwischt.
Zunächst sorgte zwar der eingewechselte Julian Brandt mit einem schönen Schlenzer für Gefahr (47.), doch im Gegenzug gelang St. Paulis neuem Stürmer Hountondji per Kopf der Ausgleich.
Wilde Schlussphase lässt BVB verzweifeln
Die Freude darüber hielt nicht lange, der aufgerückte Anton schlenzte direkt vor dem BVB-Fanblock den Ball gekonnt ins lange Eck.
Brandts Treffer wenig später war vor allem wegen der Ballannahme des feinen Technikers sehenswert. Dann aber begann die wilde Schlussphase, in der Dortmund den Sieg noch aus der Hand gab.
-----
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)