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Bundesliga: "Das ist ein anderes Brett" - Ex-Schützling spricht über Sandro Wagner

Wagner? „Das ist ein anderes Brett“

Sandro Wagner ist seit Saisonbeginn Trainer des FC Augsburg. Die Euphorie ist nach einem Fehlstart in der Bundesliga abgeebbt. Im SPORT1-Interview gibt Ex-Profi Stephan Hain Einblicke über seinen ehemaligen Trainer und reagiert auf die Kritik an ihm.
Ist der Sandro-Wagner-Effekt beim FC Augsburg schon verpufft? Die Doppelpass-Runde diskutiert intensiv über die Rolle des Ex-Nationalspielers - und insbesondere Mario Basler findet deutliche Worte.
Sandro Wagner ist seit Saisonbeginn Trainer des FC Augsburg. Die Euphorie ist nach einem Fehlstart in der Bundesliga abgeebbt. Im SPORT1-Interview gibt Ex-Profi Stephan Hain Einblicke über seinen ehemaligen Trainer und reagiert auf die Kritik an ihm.

Sandro Wagner ist seit Saisonbeginn Chef-Trainer beim FC Augsburg. Doch von den ersten vier Spielen konnte nur das erste gewonnen werden. Danach folgten drei Niederlagen. Es gibt bereits kritische Stimmen. SPORT1-Experte Mario Basler rechnete zuletzt im Doppelpass mit dem FCA-Coach ab, bezeichnete ihn als „arrogant“ und „überheblich“.

Ex-Profi Stephan Hain (u. a. FCA & 1860 München) spielte einst unter Wagner bei der SpVgg Unterhaching – und spricht im SPORT1-Interview über seinen früheren Trainer.

SPORT1: Herr Hain, Sie hatten Sandro Wagner in Unterhaching als Trainer. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Stephan Hain: Natürlich war er am Anfang noch ein junger Trainer – und ist es ja im Grunde immer noch. Er ist extrem ehrgeizig und wissbegierig, strebt nach maximalem Erfolg und tut auch viel dafür. Das überträgt er auf die Mannschaft. Er weiß, wie man Spieler packt, wie man sie in seinen Bann zieht. Das ist eine große Qualität von Sandro.

Wagner als Aufstiegstrainer: „Er weiß, was er kann“

SPORT1: Was hat ihn besonders ausgezeichnet, auch menschlich?

Hain: Vor allem seine Art, mit der er einen packt. Sandro ist sehr selbstbewusst, weiß, was er kann. Das hat sich auf die Mannschaft übertragen. Wir haben in Haching als Team funktioniert, und das war seine große Stärke: aus einer Gruppe eine Einheit zu machen. Am Ende sind wir so aufgestiegen.

SPORT1: Wie war der Umgang mit den Spielern – kumpelhaft oder distanziert?

Hain: Es war eine Mischung, und er wusste beides geschickt einzusetzen. Er hat natürlich viel verlangt, aber man konnte immer mit ihm reden. Sandro ist kein distanzierter Trainer, sondern eher kumpelhaft. Natürlich hatte er seine Sprüche drauf, das gehört bei ihm dazu. Er ist sehr nahbar.

Nutzen sich Wagners Sprüche ab?

SPORT1: Wagner polarisiert. Ist das Teil seiner Persönlichkeit?

Hain: Als Spieler war er sehr eklig. Wenn du ihn in der Mannschaft hattest, konnte dir nichts Besseres passieren. Er hat halt einen starken Charakter, das merkte man schon auf dem Platz.

SPORT1: Haben sich seine Sprüche mit der Zeit abgenutzt?

Hain: Ich kannte ihn ja schon als Spieler. Er ist jemand, der sagt, was er denkt – manchmal auch Sprüche bringt, die nicht jedermanns Geschmack sind. Aber er verstellt sich nicht, das ist einfach seine Art. Bei Sandro wirkte nie etwas aufgesetzt. Natürlich verkauft er sich gut, aber das gehört einfach zu ihm.

SPORT1: Mario Basler hat ihn zuletzt im SPORT1 Doppelpass als „arrogant“ und „überheblich“ bezeichnet. Wie sehen Sie das?

Hain: Nein, das ist Sandro nicht. Ich fand Baslers Worte überzogen. Sandro ist sehr selbstbewusst, ja. Es ist immer ein schmaler Grat, aber arrogant habe ich ihn nie erlebt – im Gegenteil. Wir Spieler haben sein Selbstbewusstsein positiv aufgenommen, weil es sich auf uns übertragen hat. Klar, die eine oder andere Aussage war nicht so glücklich, aber grundsätzlich ist Sandro kein arroganter Mensch.

SPORT1: Nicht glücklich war die Aussage von Wagner, dass der FC Augsburg nicht weniger Qualität habe als der FC Bayern, oder?

Hain: Das hätte sich Sandro sparen können. Das weiß er jetzt aber auch. Die Qualität der Bayern ist dann doch eine andere. Er wird seine Schlüsse daraus gezogen haben. Aber das ist typisch Sandro: Vielleicht wollte er einfach provozieren oder seine Mannschaft pushen.

SPORT1: Wie beurteilen Sie seine Kommunikation nach außen?

Hain: Er muss in der Bundesliga vielleicht noch lernen, wie man gewisse Dinge nach außen kommuniziert. Aber er entwickelt sich ständig weiter, ist ja ein Lernender. Das hat man schon in Haching gesehen.

SPORT1: Gibt es auch etwas, was Sie kritisch sehen an Wagner?

Hain: Sandro sagt, was er denkt, was per se gut ist. Es kann aber auch gefährlich sein. Jetzt ist er Bundesligatrainer und nicht mehr Haching-Coach, das ist ein anderes Brett. Er wird sich weiterentwickeln. Er muss vielleicht noch etwas selbstkritischer sein.

„Sandro musste sich auch als Spieler vieles hart erarbeiten“

SPORT1: Warum glauben Sie, dass Wagner ein großer Trainer werden kann?

Hain: Sandro musste sich auch als Spieler vieles hart erarbeiten. Viele hätten ihm früher nicht zugetraut, dass er mal Nationalspieler wird – und trotzdem hat er es geschafft. Er ist sehr klar im Kopf und arbeitet viel für den Erfolg. Das hat er schon in Unterhaching bewiesen und auch in seiner Zeit bei der Nationalmannschaft. Das sind elementare Faktoren, um in der Bundesliga erfolgreich zu sein.

SPORT1: Was hatten Sie beide für ein Verhältnis in Haching?

Hain: Er ist schon das krasse Gegenteil von mir. Ich bin der ruhige Typ, das ist Sandro nicht – sonst würden wir nicht über ihn sprechen. (lacht) Wir haben uns gut verstanden und geschätzt. Es war ein gutes Verhältnis. Ich konnte einiges von ihm lernen, auch was das selbstbewusste Auftreten betrifft. Das hilft mir jetzt auch nach meiner Profikarriere.

SPORT1: Trauen Sie Wagner zu, dass er aus der aktuell schwierigen Situation beim FC Augsburg gestärkt herauskommt?

Hain: Leicht wird es nicht, aber ich traue es ihm zu. Die anfängliche Euphorie ist abgeebbt. Ergebnisse sind im Fußball immer das beste Argument. Aber Sandro hat in seiner Karriere schon viele Widerstände überwunden. Er weiß, wie man Rückschläge einordnet und die richtigen Schlüsse zieht. Er soll bei sich bleiben. Und ich glaube, Augsburg ist auch ein Standort, an dem man als Trainer ein bisschen ruhiger arbeiten kann als in Köln oder Hamburg. Der Verein hat Vertrauen in ihn. Die Bosse wussten, dass es am Anfang zäh werden kann. Sandro wird Zeit bekommen, auch bei einer weiteren Niederlage in Heidenheim.

„Sandro ist ziemlich resistent“

SPORT1: Mario Basler ist einer seiner größten Kritiker und meint, er sei nicht reif für den Bundesliga-Alltag. Was würden Sie Basler gerne sagen?

Hain: Jeder darf seine Meinung äußern, das gehört dazu. Aber ich würde Basler da widersprechen. Sandro wird sich durchsetzen, davon bin ich überzeugt. Ich wünsche ihm, dass er sich mit dem FCA etabliert – oder vielleicht auch mit einem anderen Verein den nächsten Schritt macht.

SPORT1: Wäre es ein cooler Move, wenn Sandro einfach Basler anruft und sagt: „Komm, lass uns mal treffen“?

Hain: Ob er das wirklich machen sollte, weiß ich nicht. Aber ich glaube auch nicht, dass ihn solche Aussagen groß beschäftigen. Sandro ist da ziemlich resistent. Er zieht seine Schlüsse daraus, geht seinen Weg – und das ist wahrscheinlich auch das Beste.