In eine senegalesische Flagge gehüllt grinst er von einer Backe zur anderen in die Kamera. Der Neuzugang des FC Bayern, der nicht nur die Fans, sondern auch die Führungsetage des FC Bayern, zahlreiche Agenten und mindestens genauso viele Transfer-Journalisten am vergangenen Wochenende in Atem hielt: Nicolas Jackson.
Bayern steuert auf ein Dilemma zu
Bayern steuert auf ein Dilemma zu
Der Stürmer des FC Chelsea war am Samstag schon in München gelandet, der Deal schien glatt zu laufen - bis die Londoner einen Rückzieher machten. Es entwickelte sich eine Transfer-Saga zwischen Zusage, Zerschlagen, Verhandlungen, Gerüchten – und am Ende scheint nicht nur auf den Verkündungs-Posts auf Instagram alles gut: Der FC Bayern bekommt seinen „Wunschstürmer“, der FC Chelsea wiederum mit kolportierten 16,5 Millionen Euro Leihgebühr plus einer Erleichterung von rund acht Millionen Euro auf der Gehaltsliste eine stattliche finanzielle Entlohnung.
Doch dem FC Bayern könnte ein Dilemma drohen. Eines, in dem der sportliche Erfolg mit der finanziellen Potenz konkurriert – und das bereits im kommenden Frühjahr.
Denn im Jackson-Deal ist eine Kaufoption in Höhe von 65 Millionen Euro inkludiert, die im Falle einer gewissen Zahl an Einsätzen verpflichtend werden würde. Und genau hier liegt die Krux.
Option 1: Jackson hilft den Bayern - und kostet ein Vermögen
Dem FC Bayern bieten sich folglich zwei Optionen. Erstere besagt, dass Jackson der Münchner Offensive mit gewinnbringenden Attributen zu sportlichem Erfolg verhilft, ein durchaus vorstellbares Szenario.
Denn der körperlich robuste 1,87-Meter-Stürmer verleiht dem bayerischen Spiel nicht nur Körperlichkeit, Schnelligkeit und Strafraumpräsenz, sondern vor allem Flexibilität. Nach den Abgängen von Leroy Sané, Paul Wanner, Mathys Tel, Thomas Müller, Jonah Kusi-Asare (Leihe) und Kingsley Coman – dessen Rückennummer (11) Jackson übrigens übernehmen wird – ist es um Breite in der der bayerischen Offensive nicht allzu gut bestellt.
Die vier etatmäßigen Stammspieler Serge Gnabry, Luis Díaz, Michael Olise und Harry Kane werden im eng getakteten Saisonkalender immer wieder Verschnaufpausen benötigen, um nicht weitere Verletzungen zu riskieren.
Allein bis zur Weihnachtspause werden die Bayern noch 20 respektive 21 Spiele, je nach Abschneiden im DFB-Pokal absolvieren müssen.
Mit einem verletzten Jamal Musiala und einer jugendgetriebenen Bank bestehend aus Juwel Lennart Karl und Wisdom Mike ist dort ein erfahrener Offensivmann aus der Premier League gerne gesehen. Zumal Jackson auf seiner Stammposition Kane entlasten, jedoch auch die Flügelpositionen bekleiden kann.
„Er hat in seinen jungen Jahren schon viele Erfahrungen auf internationalem Top-Niveau gesammelt und gezeigt, welche Qualitäten er hat. Nicolas passt mit seiner Dynamik und Präsenz sehr gut in unser Anforderungsprofil, ist hungrig, wird unsere Möglichkeiten in der Offensive mit seinen Fähigkeiten erweitern und sofort eine Verstärkung für unsere Mannschaft sein“, lobte auch Sportvorstand Max Eberl den 24-Jährigen in der Pressemitteilung zur Verpflichtung.
Sollte Trainer Vincent Kompany Jackson also tatsächlich umfassend in seine Teamplanung mit einbeziehen, wovon bei über 16 Millionen Euro Leihgebühr durchaus ausgegangen werden darf, könnten für Jackson im kommenden Sommer im Gesamtpaket rund 82 Millionen Euro fällig werden.
82 Millionen Euro? Moment! Mit Nick Woltemade wollte der deutsche Rekordmeister jüngst noch die deutsche Sturm-Hoffnung nach München lotsen, war jedoch nicht bereit, mehr als 60 Millionen Euro hinzulegen.
Letztlich zahlte Newcastle United inklusive Boni die vom VfB Stuttgart aufgerufenen 90 Millionen Euro. Nachdem sich Jackson und Woltemade nun in einer Gehaltsstruktur befinden, hätten die Münchner also eine Ersparnis von sage und schreibe acht Millionen Euro erzielt.
Option 2: Jackson kommt, spielt aber nicht
Will der FC Bayern sich dagegen für den anberaumten Umbruch im kommenden Sommer finanziellen Spielraum sichern, dürfte die Kaufoption bei Jackson nicht greifen. Ergo: Der Senegalese müsste unter einer gewissen Spielgrenze bleiben. Doch das dürfte auch er selbst nicht wollen.
In seinem Auftakt-Statement spricht Jackson von großen Vorhaben: „Der FC Bayern ist einer der besten Vereine der Welt: Jeder kennt die Namen der Legenden, die hier gespielt haben und weiß, dass dieser Klub für die größten Erfolge steht. Ich habe große Ziele und Träume hier und werde alles geben, um mit Bayern weitere Titel zu gewinnen.“
Auch Eberl betonte, Jackson sei „Feuer und Flamme“ für den FC Bayern gewesen. Dessen Agenten Ali Barat und Diomansy Kamara beharrten auf einer Leih-Lösung, charterten am Samstagnachmittag ein Flugzeug nach München und harrten mit ihrem Schützling ganze zwei Tage in einem Münchner Hotel aus, um den Deal auf der Zielgeraden durchzudrücken.
All das klingt kaum nach dem Willen, sich einzuschränken. Eher jedoch nach dem Ergreifen einer Chance nun bei einem der größten Fußball-Klubs der Welt dauerhaft Fuß fassen zu wollen. Und das sieben Jahre nach den ersten Schritten im senegalesischen Vereinsfußball.
Und sollte Jackson tatsächlich noch in diesem Kalenderjahr mit seinen Leistungen überzeugen, ist es kaum vorstellbar, dass Trainer Kompany im kommenden Frühjahr, wenn der FC Bayern in allen drei Wettbewerben um Titel mitspielen will, aufgrund eines finanziellen Umstandes Jacksons Spielzeiten unnatürlich drosseln, ihm Einsätze verwehren und den sportlichen Erfolg in Gefahr bringen würde.
Es bleibt also vorerst abzuwarten, wie der FC Bayern mit seinem neuen Stürmer planen wird. Fakt ist jedoch: Eine finanzielle Beeinflussung der sportlichen Entscheidungen soll tunlichst vermieden werden.