Dietmar Hopp empfängt SPORT1 in seinem Zuhause in Walldorf – an einem Ort, den Medienvertreter seit Jahren nicht mehr betreten haben.
Dietmar Hopp im Interview: "Eine große Schweinerei - ich konnte nichts machen"
Hopp: „Ich wäre fast gestorben“
Im exklusiven Gespräch spricht der 85 Jahre alte Mäzen der TSG Hoffenheim offen über seinen Gesundheitszustand, wirft einen Blick in die Zukunft seines Klubs und teilt persönliche Eindrücke von Uli Hoeneß und Hans-Joachim Watzke. Zudem äußert er sich zu Nick Woltemade.
SPORT1: Herr Hopp, wie geht es Ihnen aktuell?
Hopp: Ganz gut. 2022 ging es mir sehr schlecht, ich wäre fast gestorben. Es gab eine Phase, in der ich gefühlt fast alle Krankheiten hatte, die man sich vorstellen kann. Außerdem musste ich mich einer sechsstündigen Operation unterziehen.
SPORT1: Wollen Sie darüber sprechen?
Hopp: Zu meinem Glück bin ich einen Tag früher in die Klinik gegangen – am Nachmittag erlitt ich dort einen Herzstillstand. Zu Hause wäre das mein Ende gewesen. Ich kam sofort in den Operationssaal und wurde sechs Stunden lang operiert. Es waren zwei sehr schwere Tage, bis ich auf eine andere Station verlegt wurde. Nach einigen Tagen der Genesung erhielt ich einen Herzschrittmacher sowie einen Operationsausweis. Seitdem geht es mir deutlich besser.
Dietmar Hopp: „Treffe immer noch wichtige Entscheidungen“
SPORT1: Sie sind immer noch bei jedem Heimspiel der TSG Hoffenheim. Was treibt Sie an?
Hopp: Ich bin mit dem Verein stark verbunden und es ist für mich spannend zu sehen, wie er sich entwickelt. Über den gelungenen Saisonstart gegen Bayer Leverkusen habe ich mich natürlich sehr gefreut. Der Kontakt zum Klub ist mir wichtig, er ist auch nach wie vor gut. Und ich treffe immer noch wichtige Entscheidungen. Eintracht Frankfurt hat die TSG am vergangenen Spieltag leider geschlagen, aber ich glaube, dass die TSG in dieser Saison besser abschneiden wird als im vergangenen Jahr.
SPORT1: Am Ende der letzten Saison gab es Unruhe um Trainer Christian Ilzer. Nun war der Saisonstart gut. Wie sehen Sie die Situation aktuell?
Hopp: Ich finde es richtig, dass man an Ilzer festgehalten hat. Die neue Mannschaft ist eine ganz andere als die in der vergangenen Saison. Der Sieg in Leverkusen war für mich eigentlich klar – ich habe vorher sogar darauf gewettet. (lacht)
SPORT1: Sie sind fast bei jedem Spiel im Stadion. Was bedeutet Ihnen das? Gibt Ihnen das Kraft für den Alltag?
Hopp: Ja. Es ist nicht anstrengend, im Gegenteil: Ich setze mich hin, schaue zu. Manche Fans schreien „Hopp, du Hure“, aber das ist mir inzwischen egal. Ich muss das über mich ergehen lassen. (Lothar) Matthäus hat gesagt, dass wir absteigen – da sage ich nur: abwarten. Ich erwarte, dass wir am Ende unter die ersten Sechs kommen.
„Ohne mich würde es die TSG heute nicht geben“
SPORT1: Sie haben oft betont, dass Sie kein klassischer Investor, sondern ein Förderer sind. Wo ziehen Sie die Grenze?
Hopp: Nicht beim Investor. Ich sehe mich nach wie vor als Förderer. Ich habe immer gesehen, was nötig ist. Mir ging es nie um Profit, sondern um die nachhaltige Entwicklung des Vereins. Ohne mich würde es die TSG heute nicht geben. Ich zahle die ganze Geschichte.
SPORT1: Was waren für Sie die emotionalsten Momente mit der TSG – positiv wie negativ?
Hopp: Positiv war sicher der Durchmarsch von der dritten Liga in die Bundesliga. Und seit 2008 sind wir erstklassig und haben uns dort etabliert. Es gab aber auch negative Momente, wie die bitteren Fan-Anfeindungen. Doch die habe ich inzwischen abgehakt.
SPORT1: Welche Rolle möchten Sie künftig bei der TSG spielen?
Hopp: Eigentlich will ich keine Rolle mehr spielen, aber ich muss, weil es sonst nicht vorwärts geht. Die Strukturen funktionieren inzwischen sehr gut. Viele arbeiten im Verein wirklich gut, ohne dass ich mich ständig einmischen muss. Nur Geld haben die meisten nicht. Mir fehlte oft der Respekt – nicht in der SAP, aber im Fußball. Da gibt es viele, die alles besser wissen. Das ärgert mich.
SPORT1: Ralf Rangnick war lange prägend für die TSG. Wie sehen Sie seine Bedeutung rückblickend?
Hopp: Ralf Rangnick war extrem wichtig für den Aufstieg. Er war manchmal schnell beleidigt und wollte alles alleine entscheiden. Aber ich wollte nicht nur Geld investieren, sondern auch, dass es einen Ertrag gibt. Trotzdem: Er war ein richtig guter Trainer für uns, seine Bedeutung für die TSG war enorm. Wir sind freundschaftlich verbunden, auch wenn wir nicht regelmäßig Kontakt haben. Ich freue mich über seinen Erfolg in Österreich. Er wird seit Jahren immer wieder bei Vereinen gehandelt, weil er ein sehr guter Trainer mit tollen Ideen ist.
„Die Bayern können froh sein, dass sie Uli Hoeneß noch haben“
SPORT1: Sie kennen Uli Hoeneß seit vielen Jahren. Was unterscheidet Sie beide – und was verbindet Sie?
Hopp: Uns verbindet eine echte Freundschaft, die Leidenschaft für den Fußball und die enge Bindung an unsere Vereine. Er kam viele Jahre zum Golfen, aber irgendwann spielte er schlechter als ich (lacht) – und hörte dann ganz auf. Die Bayern können froh sein, dass sie Uli noch haben.
SPORT1: Wo unterscheiden Sie beide sich?
Hopp: Unterschiede gibt es im Stil: Uli ist ein Guter, aber ich würde nicht mehr so viel machen wie er. Er kann schwer loslassen. Er ist emotionaler, spontaner – ich dagegen kontrollierter und zurückhaltender. Ich habe die wichtigen Fäden lieber im Hintergrund gezogen. Aber wir respektieren uns. Natürlich ist Bayern etwas anderes als Hoffenheim. Die TSG ist und bleibt mein Baby. Ich bin auch nach wie vor ein Freund der Bayern – Streit gab es zwischen den Vereinen nie.
SPORT1: Lassen Sie uns über die 50+1-Regel sprechen. Wie sehen Sie diese heute?
Hopp: Grundsätzlich halte ich sie für richtig – auch wenn sie mir persönlich Nachteile gebracht hat. Ich finde aber, dass Deutschland dadurch zurückliegt. In keinem anderen Land gibt es etwas Vergleichbares. Nur mit der Aufhebung von 50+1 kann die Bundesliga konkurrenzfähig bleiben. Es gibt kaum jemanden, der so viel investiert wie ich – und das würde sich ändern, wenn die Regel fällt. Ich hätte mir gewünscht, dass Spieler wie Florian Wirtz oder Nick Woltemade hier bleiben. Bis Donnerstag sah es bei Woltemade ja so aus, als ob er tatsächlich in Stuttgart bleibt. Aber die Premier League lockt mit viel Geld – da hat die Bundesliga keine Chance. Das zeigt der Fall Woltemade sehr deutlich. Und das ist wirklich schade. Ohne 50+1 würde die Bundesliga ihr Gesicht verlieren. Im Gegensatz zu Leverkusen und Wolfsburg, die von großen Unternehmen getragen werden, habe ich mein eigenes Unternehmen im Rücken gehabt.
„Watzke hat richtig Stunk gegen mich gemacht“
SPORT1: Das Verhältnis zu Hans-Joachim Watzke und dem BVB war nicht immer einfach. Wie würden Sie es heute beschreiben?
Hopp: Wir hatten nie ein besonders enges Verhältnis. Watzke hat richtig Stunk gegen mich gemacht. Es gab Spannungen, aber auch Gespräche. Heute habe ich nichts mit ihm zu tun.
SPORT1: In der Vergangenheit waren Sie vor allem in Dortmund Anfeindungen mit Fadenkreuzen ausgesetzt. Was hat das mit Ihnen gemacht?
Hopp: Natürlich war das verletzend und weit unter der Gürtellinie. Ich habe mich sehr geärgert, aber heute ist es mir egal. Zum Glück hat es nachgelassen. Meine Lust am Stadionbesuch habe ich mir davon nie nehmen lassen. Solche Chaoten dürfen nicht das letzte Wort haben.
SPORT1: Auch das Stadionverbot für Roger Wittmann hat für Wirbel gesorgt. Wie blicken Sie heute darauf?
Hopp: Das Stadionverbot für Roger Wittmann ist eine große Schweinerei. Aber ich konnte nichts machen. Wir sind eng befreundet und ich helfe ihm auch. Viele dachten, ich hätte das initiiert – dabei war es genau andersrum. Die anderen haben 51 Prozent, ich 49. Deshalb konnte ich mich nicht wehren.
SPORT1: Wenn Sie irgendwann nicht mehr auf dieser Welt sind – was soll dann von Dietmar Hopp bleiben?
Hopp: Es wird vieles bleiben. Man muss sich nur die Klinik in Heidelberg (Hopp unterstützt das Klinikum finanziell über seine Stiftung, Anm. d. Red.) Ich hoffe, die Leute denken dann gerne an mich zurück.