In einem Moment legte Uli Hoeneß ein entlarvendes Geständnis über sich selbst ab, zumindest hatte es den Anschein an diesem frühen Nachmittag, an dem jeder Satz eine ganz eigene Sprengkraft entwickelte.
Ein entlarvender Satz verdeutlicht, was Hoeneß im Dopa bezweckt hat
Der entlarvende Hoeneß-Satz
„Das ist ein Mittel, die Medien zu benutzen, um Botschaften weiterzugeben“, sagte der 73-Jährige am Sonntag im SPORT1-Doppelpass. Es ging an dieser Stelle eigentlich um Florian Wirtz, um dessen Gunst der FC Bayern so lange erfolglos geworben hatte - mit warmen schmeichelnden Worten, die allesamt in den Medien platziert worden waren, von Karl-Heinz Rummenigge und eben - vor allem - von Uli Hoeneß.
Wer aber die Minuten zuvor aufmerksam verfolgt hatte, kam nicht umhin zu bemerken, dass Hoeneß dieselbe Taktik - die Medien benutzen, um eine Botschaft anzubringen – auch in Bezug auf seinen Sportvorstand Max Eberl angewandt hatte.
Turbulentes Transferfenster beim FC Bayern
„Wir sind ein Milliarden-Laden. Und es wäre auch für Max gut, wenn er endlich begreift, dass man solche Dinge auf mehrere Schultern verteilt“, sagte Hoeneß zum Beispiel und nannte Eberl „ziemlich empfindlich“, was Kontroversen im Hintergrund betreffe - während er und Rummenigge bei internen Streitigkeiten früher ein dickes Fell gehabt hätten.
Bemerkenswert deutliche öffentliche Kritik an einer Führungskraft im eigenen Betrieb.
Hintergrund ist das turbulente Transfergeschehen des vergangenen Sommers, in dem vieles so wirkte, als würden die Pläne der Bayern nicht aufgehen - oder als gäbe es eigentlich gar keinen richtigen Plan.
Nach den gescheiterten Transfers von Florian Wirtz und Nick Woltemade wollte Sportvorstand Eberl spät noch einen anderen Spieler kaufen. Hoeneß grätschte jedoch dazwischen und plädierte „sehr“ für einen Leihspieler - und der kam in Nicholas Jackson schließlich auch. Im Dopa ließ Hoeneß nun den Ratschlag an Eberl folgen, künftig doch bitte mehr Transfers schon „im Juni und Juli“ einzutüten.
Hoeneß weist Eberl-Gerüchte zurück
Was veranlasst Hoeneß, so offen und kritisch über den Mann zu sprechen, der einst als absoluter Wunschkandidat des Bayern-Patrons galt - und was sagt das über die Beziehung der beiden aus? Immerhin waren nach Hoeneß‘ Leihspieler-Ansage Gerüchte aufgekommen, wonach Eberl erwäge, beim Rekordmeister hinzuwerfen.
„Alle diese Ausführungen waren spekulativ und waren Gerüchte - und damit kann ich nichts anfangen. Tatsache ist, dass es bei uns im Aufsichtsrat überhaupt keine Probleme mit Max Eberl gab“, ordnete Hoeneß die Berichte am Sonntag ein - womit sie trotzdem nicht ganz verschwinden werden.
Zumal entscheidend sein wird, wie Eberl selbst die öffentlich vorgetragene Kritik des Ehrenpräsidenten auffasst: als väterliche Botschaft zur richtigen Zeit? Als vernichtende Abrechnung? Oder als etwas dazwischen, eine dringende Mahnung, ein informelles Ultimatum? Tenor: Verstehe und akzeptiere endlich, wie der Laden hier läuft - oder lass es.
„Knirscht nicht zwischen mir und Hoeneß“
Wie kompliziert das Verhältnis zwischen Hoeneß und Eberl werden würde, war nicht zu erahnen, als Eberl im Februar 2024 seine Arbeit aufgenommen hatte. Damals hatte er von Hoeneß‘ Erbe geschwärmt und den früheren Manager als seinen „Mentor“ bezeichnet.
„Ich freue mich extrem drauf und bin um jede Hilfe dankbar, die ich bekomme, um diesen Klub weiter erfolgreich zu halten“, sagte Eberl bei seiner Vorstellungs-PK im vergangenen Jahr. Nach dem Missverständnis der Ära Kahn-Salihamidzic bei Bayern und dem Missverständnis Max Eberl bei RB Leipzig kam zusammen, was zusammengehört - so schien es.
Seitdem ist viel passiert: von der holprigen Trainersuche im Frühjahr 2024 über die missglückte Kommunikation im Fall Thomas Müller bis hin zum zerfahrenen Transfersommer 2025.
„Es knirscht, wenn wir die Dinge besprechen. Es knirscht aber nicht zwischen mir und Uli Hoeneß oder anderen in diesem Konstrukt. Es gibt eine ganz normale, konstruktive Diskussion beim FC Bayern über die Entscheidungen“, sagte Eberl im vergangenen April im SPORT1-Doppelpass, nachdem offiziell bekannt geworden war, dass die Bayern nicht mit Urgestein Müller verlängern - obwohl Eberl das zuvor scheinbar sicher in Aussicht gestellt hatte.
Problem: Der Aufsichtsrat um Hoeneß legte sein Veto ein. Es sollte nicht das letzte Mal sein.
Hoeneß vermeidet Eberl-Bekenntnis
„Es muss alles so bleiben, wie es ist. Das tut dem FC Bayern gut. In dem Moment, wo wir die richtigen Leute am richtigen Posten haben, werden wir uns zurückziehen, der Karl-Heinz und ich“, sagte Hoeneß am Sonntag und ließ damit auch Raum für Spekulation, ob Eberl zu diesen „richtigen Leuten“ zählt – oder eben nicht.
Ein klares Bekenntnis zumindest wollte Hoeneß im Doppelpass vermeiden, obwohl ihm Moderator Florian König die Chance dazu ließ.
„Ich halte nichts von Lippenbekenntnissen. Entscheidend ist, wie wir zusammenarbeiten, und die Zusammenarbeit ist gut“, sagte Hoeneß, der seine Botschaft damit abgeschickt zu haben scheint.
Bleibt die Frage: Ist sie angekommen?