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Boniface bei Werder: Bloß kein zweiter Keita

Bloß kein zweiter Keita

Wie klug war Bremens Entscheidung, Victor Boniface zu verpflichten? SPORT1-Kolumnist Tobias Holtkamp beleuchtet den Deal von verschiedenen Seiten.
Victor Boniface ist für seinen schrägen Social-Media-Auftritt bereits bekannt. Jetzt zeigt sich der gut gelaunte Werder-Stürmer beim Tanzen und Singen - mit einer Zahnbürste.
Wie klug war Bremens Entscheidung, Victor Boniface zu verpflichten? SPORT1-Kolumnist Tobias Holtkamp beleuchtet den Deal von verschiedenen Seiten.

Die Personalie Victor Boniface ist so spannend, weil sie für Werder Bremen-Verhältnisse einfach riesengroß ist. Im Grunde zu groß.

Nur weil der Topstürmer und Deutsche Meister von 2024 in diesem Jahr bei zwei interessierten Top-Klubs - Al-Nassr (Saudi-Arabien) und AC Milan (Italien) - durch den Medizincheck gefallen war und daraufhin bis zum letzten Tag der Sommer-Transferphase ohne passendes Angebot dastand, konnte Bremen ihn bekommen. Per Leihe, abgestimmt auf kurzem Dienstweg zwischen den befreundeten Sportchefs Simon Rolfes (Leverkusen) und Clemens Fritz (Werder), die beide eine Bremer Vergangenheit haben.

Kaum zu glauben mittlerweile: Cristiano Ronaldo-Klub Al-Nassr wollte rund 70 Millionen Euro für Boniface zahlen und mit Milan war eine Kaufoption über etwa 30 Millionen Euro vereinbart. Die Realität im Herbst aber heißt Ersatzbank bei Werder.

Boniface-Projekt gestaltet sich schwierig

Dass Boniface ein sehr lebensfroher, aber eben auch spezieller Typ ist, das hatten die Bremer Verantwortlichen im Vorfeld des Deals schon in Erfahrung gebracht. Auch am Tag des Transfers, als der Nigerianer seinen laufenden Twitch-Stream nur für den Medizincheck unterbrach, wurde ihnen das noch einmal deutlich. Doch auch Trainer Horst Steffen hatte nach einem gemeinsamem Videocall den Daumen gehoben und wollte sich die Chance, den kriselnden Super-Torjäger wieder auf Toplevel zu coachen, nicht entgehen lassen.

Fünf Wochen später ist allen in Bremen klar: Die Aufgabe gestaltet sich schwieriger als gedacht. Bonifaces körperlicher Zustand ist vom Niveau eines Spitzensportlers so weit entfernt, dass sich auch in der Mannschaft einige ungläubig die Augen rieben. Dagegen hat er fußballerisch Dinge drauf, die sie regelrecht staunen lassen.

„Das haben wir in der Form hier noch nicht gesehen, das ist wirklich Weltklasse“, sagt einer, der oft mit auf dem Platz steht.

Bremen wartet auf ein Wunder

Das Problem sei die mangelhafte Fitness - und die Einstellung? Auch darüber sprechen sie im Verein. Leverkusen hat Bonifaces Vertrag im vergangenen Winter bis 2029 verlängert, zu fürstlichen Konditionen (angeblich sechs Millionen Euro jährlich). Er wirkt zufrieden, immer gut gelaunt, aber kaum noch hungrig.

„Sagen wir so: Er zählt nicht gerade zu denen, die sich gerne quälen“, formuliert ein Beobachter aus dem Verein.

Dennoch glauben sie in Bremen noch fest daran, Victor Boniface in die Spur zu kriegen. An der Fitness arbeiten sie ständig. Begleitend, in Bereichen wie Ernährung und Erholung, gab es auch schon Gespräche.

Erinnerungen an Keita

Sie glauben an Boniface, ihren 40-Millionen-Euro-Mann, und wollen zeigen, dass die Idee deutlich besser war als die Sache 2023 mit Naby Keita.

Der damals 28 Jahre alte Mittelfeldspieler kam ablösefrei vom FC Liverpool und machte nur fünf Spiele. Bis zum kommenden Sommer zahlt Werder noch für Keita, seine Leihe zu Ferencvaros Budapest endet im Dezember.

Zumindest wirtschaftlich, das ist gut für die Bremer, kann Boniface kein Super-GAU werden. Der Verein zahlte keine Leihgebühr und übernimmt auch vom Gehalt nur einen Teil. Im kommenden Sommer, die Verträge sind klar, ist das Schauspiel wieder vorüber.

Doch wer sagt denn, dass dem enttäuschenden ersten Akt (viermal eingewechselt, null Tore) nicht noch gefeierte Boniface-Aufführungen folgen? Zumindest bei Werder gehen sie da ziemlich fest von aus ...