Am 6. Spieltag gelang Mainz 05 vorige Saison mit dem Sieg in Hamburg so etwas wie ein kleiner Befreiungsschlag. Auch da war der Gegner mit dem FC St. Pauli ein Aufsteiger. Davor hatten sich die Rheinhessen schwergetan, zwar in Augsburg den ersten Saisonsieg geholt, aber auch trostlose Heimpleiten gegen Heidenheim und Werder Bremen kassiert. Auf die Euphorie am Millerntor folgte die Niederlage gegen Leipzig, aber dann begann sich das Team endgültig zu befreien. Schon zum Ende der Hinrunde hatte Mainz 05 sich in den Top 6 etabliert.
Bundesliga: Was ist bei Mainz los?
Was ist bei Mainz los?
Ein wenig standen vorm Spiel beim Aufsteiger HSV die Zeichen auf eine Wiederholung der Geschichte, zumal auch diese Saison der erste Sieg auswärts gegen Augsburg geglückt war. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht im Fußball – und so kassierte das Team statt des erhofften zweiten Auswärtssieges eine deutliche 0:4-Niederlage. Stellt sich die Frage: Was ist da los bei Mainz 05?
Henriksen unter heftiger Kritik
Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, was mit sich bringt, dass der vergangene Saison als eine Art Heilsbringer gefeierte Henriksen nun schnell im Zentrum der Kritik steht. Den Mechanismus kennt der Däne bereits, auch nach der spektakulären Rettung in der Saison 2023/24 machte sich letzten Herbst rasch die Überzeugung breit, er tauge wohl lediglich als Feuerwehrmann. Damals konnte Henriksen seine Kritiker vom Gegenteil überzeugen.
Einfache Antworten sind eben nicht unbedingt die richtigen, und wenn ein Verein in eine „kleine Krise“ schlittert, wie die 05er sie sich nun selbst konstatieren, tragen dazu in der Regel mehrere Faktoren bei. Das gilt übrigens genauso für Phasen, in denen alles läuft.
Mainz 05: Wiederkehrende Löcher im Kader
In der Sommerpause wurden die 05-Kaderverantwortlichen mit vielen Offensivspielern in Verbindung gebracht – unter anderem dem Hamburger Doppeltorschützen Rayan Philippe, damals noch in Diensten von Eintracht Braunschweig. Letztlich entschied man sich für eine Verpflichtung von Benedict Hollerbach, der sich im ersten Ligaspiel gegen Köln verletzte.
Wie viel Hollerbach, der im Conference-League-Auswärtsspiel vergangene Woche gegen Omonia Nikosia nach Einwechslung erstmals wieder spielte, dem Kader unverletzt gebracht hätte: spekulativ. Unwahrscheinlich, dass er den zur Eintracht abgewanderten Jonathan Burkardt ersetzen könnte, von dessen Spiel nicht nur die Tiefenläufe schmerzlich vermisst werden.
In der Kaderplanung muss der Weggang eines Spielers wie Burkardt auf die Schultern von mehreren Nachfolgern gelegt werden, nicht umsonst hat Mainz nach Querelen zu Beginn der Saison auch mit Eigengewächs Nelson Weiper verlängert und setzt zudem weiter auf Bayern-Leihgabe Armindo Sieb.
Durch die genannten Unstimmigkeiten ebenso wie den Ausfall Hollerbachs hat der Verein aber Zeit verloren, für den Moment mehr, als bei drei parallelen Wettbewerben mit dieser Kadertiefe zur Verfügung steht. Fünf Tore in sechs Ligaspielen klingen noch nicht dramatisch, vier davon fielen aber gegen Augsburg, das fünfte als Elfmeter in Wolfsburg. Generell ist Mainz in Sachen Torgefahr zu sehr von seinem Mittelfeld abhängig, gerade von Stratege Nadiem Amiri.
Wie harsch der andererseits speziell nach seinen Erfolgen im DFB-Dress öffentlich Kritik äußert, kann den Verantwortlichen kaum recht sein, zumal das absolut unüblich ist in Mainz. Der an sich beliebte Spieler schafft damit einen Unruheherd.
Problematisch sind zudem die vielen Karten und auch, dass Trainer Henriksen hier nicht gerade als Vorbild taugt. Ausfälle wie von Paul Nebel (Rot gegen Köln), Dominik Kohr (Gelb-Rot in Augsburg) und Robin Zentner (Rot gegen Dortmund) sind schwierig zu kompensieren. Besonders, weil Mainz 05 auch mit der Mehrfachbelastung durch die Spiele in Europa an der Philosophie eines möglichst kleinen Kaders festhält, in dem zu allem anderen immer wieder Spieler verletzt oder angeschlagen ausfallen.
Was Mainz 05 jetzt braucht
Hinzu kommt, dass die Gegner inzwischen nur zu gut wissen, was sie von den Nullfünfern zu erwarten haben, es kein Überraschungsmoment mehr gibt. Die Länderspielpause ist da nicht unbedingt eine gute Nachricht, denn zur Wahrheit gehört: Viele Mainzer Spieler sind in ihren Nationalteams im Einsatz. Das bringt im Idealfall positive Erlebnisse, aber auch Belastungen.
Selbst wenn das erstmal abwegig klingt, die beste Nachricht für Mainz 05 ist derzeit, dass der Klub weiterhin im europäischen Wettbewerb steht. Wie sich das Team in diese Spiele wirft, um jeden Meter kämpft, unbedingt weiterkommen und Erfolgserlebnisse schaffen will, kann nach der Pause auch in der Liga der Schlüssel werden.
Solche Spiele sind nicht unbedingt ein Augenschmaus, können aber Erfolg zurückbringen. Das wäre in der Liga bitter nötig, damit aus der kleinen Krise nicht ein größeres Dilemma und eine Saison im Abstiegskampf wird.