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"Der beste Spieler, mit dem ich je zusammengespielt habe"

„Dafür bin ich Rangnick sehr dankbar“

Bei RB Leipzig arbeitet sich Christoph Baumgartner zum Führungsspieler hoch. Im Exklusiv-Gespräch mit SPORT1 spricht der Österreicher über seine Rolle bei RB, Trainer Ole Werner - und erklärt, was ihm David Alaba bedeutet.
Christoph Baumgartner scheint bei RB Leipzig endlich angekommen zu sein. Als Ersatz für die Xavi-Rolle spricht der Österreicher im exklusiven SPORT1-Interview über seine neue Rolle und seine Ziele mit RB.
Bei RB Leipzig arbeitet sich Christoph Baumgartner zum Führungsspieler hoch. Im Exklusiv-Gespräch mit SPORT1 spricht der Österreicher über seine Rolle bei RB, Trainer Ole Werner - und erklärt, was ihm David Alaba bedeutet.

Christoph Baumgartner ist in diesem Sommer nach zwei Jahren bei RB Leipzig aus dem Schatten von Xavi Simons getreten.

Seit dem Abgang des Niederländers zu Tottenham Hotspur hat sich der österreichische Nationalspieler zum Leistungsträger entwickelt – torgefährlich, selbstbewusst, meinungsstark.

Zudem gab es im Sommer konkretes Interesse von Crystal Palace und vom FC Villarreal. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der 26-Jährige über seinen Aufstieg, die Rolle von Nationaltrainer Ralf Rangnick und das Comeback seines Teamkollegen Timo Werner.

Keine Champions League? „Das ist bitter“

SPORT1: Herr Baumgartner, wir treffen uns am Dienstag – da wird in der Champions League gespielt. Wie sehr schmerzt es eigentlich, dass Sie in dieser Saison nicht auf internationaler Bühne vertreten sind?

Christoph Baumgartner: Wenn man die Pressekonferenzen sieht und weiß, dass die anderen alle zwei, drei Tage auf der großen Bühne spielen, während man selbst draußen ist – das ist bitter. Alles andere wäre gelogen. Aber wir sind dafür selbst verantwortlich, wir haben es verbockt. Jetzt müssen wir damit umgehen und vielleicht sogar den Vorteil nutzen, dass wir mehr Zeit fürs Training haben als andere.

SPORT1: Sie sind nun im dritten Jahr in Leipzig. Es wirkt so, als wären Sie erst in dieser Saison richtig angekommen. Sehen Sie das selbst auch so?

Baumgartner: Es hat ein bisschen gedauert, und nicht alles ist so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe. Fußball ist manchmal von Kleinigkeiten abhängig. Es gab viel Konkurrenz auf meiner Position, ich habe nicht immer meine Top-Leistungen gebracht. Das war kein leichter Start. Aber ich bin drangeblieben, habe an mich geglaubt – und jetzt fühle ich mich wirklich im Verein und in der Mannschaft angekommen.

SPORT1: Hatten Sie in dieser Zeit auch Momente, in denen Sie an sich gezweifelt haben oder sogar über einen Wechsel nachgedacht haben?

Baumgartner: Im Fußball hängt vieles von kleinen Momenten ab. Vielleicht startest du mal, die Mannschaft spielt aber insgesamt nicht gut, du selbst bringst keine Top-Leistung – und dann fehlt Vertrauen. Das macht es schwerer. Aber das geht vielen Spielern so, gerade Offensiven, die viel über Kreativität kommen. Wichtig ist, dass man dranbleibt und an sich glaubt.

Baumgartner lobt Rangnick

SPORT1: Hat Sie Ralf Rangnick gerade in dieser schweren Phase unterstützt?

Baumgartner: Ralf Rangnick ist für mich ein besonderer Trainer. Auch als es in Leipzig nicht optimal lief, hat er mir im Nationalteam immer sein Vertrauen gegeben. Selbst wenn ich mal schwächere Spiele hatte, wusste ich: Er setzt trotzdem auf mich. Das hat mir durch schwierige Phasen geholfen. Ralf Rangnick hat immer viel in mir gesehen und mir gezeigt, wie wichtig ich für die Nationalmannschaft bin. Er hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

SPORT1: Nach dem Abgang von Xavi Simons sind Sie nun Stammspieler in Leipzig.

Baumgartner: Ich wusste, dass ich das kann, aber ich musste es auf dem Platz zeigen. Der Verein hat mir schon früh signalisiert, dass er mit mir plant – auch in Zeiten, in denen es nicht optimal lief. Man wollte unbedingt mit mir weiterarbeiten, obwohl da noch nicht feststand, wer der neue Trainer sein wird. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben und die Erwartungen erfülle ich bisher ganz gut, glaube ich.

SPORT1: Welche Aspekte Ihres Spiels haben Sie am meisten verbessert?

Baumgartner: Ich habe gerade im Spiel gegen den Ball einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Ich kann eine Mannschaft im Pressing gut führen. Und ich spiele aggressiv und habe wertvolle Ballgewinne. Das zeichnet mich auf meiner Position aus. Der Zehner soll ja das Spiel gestalten. Ich versuche, voranzugehen, will in die Box kommen und bin immer wieder torgefährlich. Auf meiner Position geht es immer wieder um Scorerpunkte.

Baumgartner: „Ich bin sehr glücklich in Leipzig“

SPORT1: Im Sommer gab es Interesse aus England und Spanien. Hatte das für Sie einen Reiz?

Baumgartner: Klar, es ist eine gewisse Bestätigung, wenn sich andere Klubs für dich interessieren – das gibt Selbstvertrauen. Das war immerhin Interesse von Klubs aus der Champions League und der Premier League. Aber für mich war immer klar: Wenn ich in Leipzig eine faire Chance bekomme, will ich bleiben und mich hier durchsetzen. Der Verein hat mir dieses Vertrauen gegeben, deshalb war es am Ende kein Thema.

SPORT1: Wo sehen Sie Ihre Zukunft?

Baumgartner: Ich bin sehr glücklich in Leipzig. Der Verein ist einer der erfolgreichsten in den vergangenen Jahren in Deutschland und es war richtig, in Leipzig zu bleiben. Ich habe keinen starren Karriereplan. Ich möchte einfach weiterarbeiten und besser werden.

Kann Ole Werner RB zurück nach Europa führen?

SPORT1: Wie realistisch ist für RB Leipzig die Rückkehr ins internationale Geschäft?

Baumgartner: Sehr realistisch. Wir haben uns nach einem schwierigen Start mit dem katastrophalen Spiel bei den Bayern stabilisiert, stehen als Einheit da, gewinnen auch enge Spiele. Wir haben ein gemeinsames Ziel und einen klaren Plan mit dem neuen Trainer, der uns sehr gut tut. Da sind wir auf einem guten Weg. Wir haben aber noch viel Potenzial.

SPORT1: Apropos neuer Trainer – wie erleben Sie Ole Werner?

Baumgartner: Vom ersten Moment an sehr positiv. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Er sucht den Austausch mit uns Spielern. Bei unserer ersten Begegnung hat er mich gleich mit einem herzlichen „Servus“ begrüßt. Er hatte ja auch in Bremen einige Österreicher im Team, die eine wichtige Rolle gespielt haben. Ich hatte sofort ein gutes Gefühl zu Ole Werner. Er ist ein richtig guter Trainer. Die Zusammenarbeit macht großen Spaß.

Timo Werner? „Haben ein super Verhältnis“

SPORT1: Timo Werner ist zurück in Leipzig. Wie erleben Sie ihn? Er hatte zuletzt keine so glückliche Zeit.

Baumgartner: Er ist mit Chelsea Champions-League-Sieger geworden und stand im Finale in der Startelf. Er hat viel in seiner Karriere erreicht. Wir sind froh, dass er bei uns ist. Timo trainiert wirklich gut und hat in Wolfsburg ein paar Minuten bekommen. Er hat sicher einiges erlebt, aber er ist unglaublich talentiert und ein toller Spieler. Auch als Mensch kann ich viel von ihm lernen. Wir haben ein super Verhältnis, spielen auch Golf zusammen.

SPORT1: Treffen beim Spiel BVB gegen RB die einzigen Bayern-Verfolger aufeinander?

Baumgartner: Nein. Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen werden auch mit dabei sein. Wir wollen so lange wie möglich oben mitmischen und uns für das internationale Geschäft qualifizieren. Die Bayern werden in dieser Saison sehr schwierig zu schlagen sein, weil sie eine unfassbare Qualität haben. Unter Kompany hat sich Bayern richtig gut entwickelt.

Baumgartner vor Kumpel-Duell mit Sabitzer

SPORT1: Gegen Dortmund treffen Sie auf Ihren Kumpel Marcel Sabitzer. Stellen Sie sich auf ein intensives Duell ein?

Baumgartner: (lacht) Auf jeden Fall. Mit „Sabi“ ist es immer intensiv. Er scheut wie ich keinen Zweikampf, gibt alles für den Sieg und ist ein absoluter Mentalitätsspieler. Wie er seine Situation im Sommer gemeistert hat und wie er jetzt wieder liefert und das Gesicht des Teams ist, das zeigt seine Qualität. Er ist wieder voll da. Wir sind enge Freunde, aber auf dem Platz gibt jeder alles. Ich freue mich schon darauf, mit ihm in der Nationalmannschaft wieder zusammenzuspielen. Aber am Samstag will ich ihn erst einmal ärgern. Wir wollen drei Punkte aus Dortmund mitnehmen.

SPORT1: In Österreich läuft es für Sie richtig gut. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Vergleich zu RB Leipzig?

Baumgartner: In den vergangenen Jahren ist bei uns in Österreich viel passiert, und es wurden große Schritte nach vorne gemacht. Speziell bei mir ist es sehr gut gelaufen. Es waren viele tolle Momente dabei. Wir haben ein Gerüst aus erfahrenen Spielern wie Alaba, Sabitzer, Laimer, Arnautovic – und ich zähle mich mittlerweile auch dazu. Dazu kommen junge Spieler, die nachrücken. Die Balance stimmt. Das Vertrauen, das ich in der Nationalmannschaft spüre, tut mir unglaublich gut. Ich spüre das große Vertrauen in Österreich.

So viel bedeutet Alaba Baumgartner

SPORT1: Warum wird Ralf Rangnick immer wieder genannt, wenn irgendwo jemand gesucht wird – egal ob als Trainer oder in einer anderen führenden Position? Können Sie das erklären?

Baumgartner: Das ist relativ einfach. Überall, wo er ist, hat er Erfolg. Egal, ob er Hoffenheim aufgebaut hat, RB Leipzig mit aufgebaut hat oder jetzt unsere Nationalmannschaft nach vorne bringt. Er hat eine Vision, die dann auch umgesetzt wird. Anders: Mich würde es wundern, wenn es nicht so wäre. Er ist im positivsten Sinne fußballverrückt. Rangnick sieht immer das ganz große Ziel.

SPORT1: Lassen Sie uns kurz auch über David Alaba sprechen. Was bedeutet er Ihnen?

Baumgartner: Sehr viel. Er hat mich in der Nationalmannschaft von Anfang an extrem positiv aufgenommen. Er hat früh erkannt, dass ich ihm auch helfen kann, damit wir Spiele gewinnen. Wir haben ein super Verhältnis. Für mich ist er der beste Spieler, mit dem ich je zusammengespielt habe, und mit Abstand der erfolgreichste österreichische Fußballer überhaupt. Er hat unser Land auf die große Fußballlandkarte gebracht. Auch wenn er zuletzt schwierigere Zeiten mit Verletzungen hatte – seine Qualität, seine Führungsstärke und sein Typ sind außergewöhnlich. Ich hoffe, dass er uns noch lange erhalten bleibt.

SPORT1: Gab es eigentlich einen Spieler, an dem Sie sich immer orientiert haben?

Baumgartner: Ja, an Kevin De Bruyne. Wir spielen auf ähnlichen Positionen, und er war in den vergangenen Jahren für mich der Beste dort. Ich versuche mir, Dinge von ihm abzuschauen – Positionierung, Körpersprache, Entscheidungsverhalten. Ein großartiger Spieler, er war bei ManCity einer der besten der Welt.