Frankfurt ist kein leichtes Pflaster - auch nicht für den großen FC Bayern.
Die böse Bruchlandung eines FC-Bayern-Juwels
Ein Tag, der Alaba weit zurückwarf
Von 54 Gastspielen in der Main-Metropole hat der Rekordmeister vor dem heutigen Duell mit den Hessen (ab 18.30 Uhr LIVETICKER) mehr verloren (21) als gewonnen (16). Ein missglückter Ausflug nach Frankfurt vor 15 Jahren ist vor allem einem in schlechter Erinnerung: dem jungen David Alaba.
In der ersten Saison unter Trainer Louis van Gaal tanzten die Bayern bis zuletzt auf drei Hochzeiten, erreichten das DFB-Pokal- und das Champions-League-Finale. Der Weg dahin war mühsam und kostete Kräfte.
In der Abwehr fiel Ende März Innenverteidiger Martin Demichelis aus, den Brasilianer Breno hatten sie gerade erst an Nürnberg verliehen. Die Alternativen gingen van Gaal aus und so sah er sich wieder beim Nachwuchs des FC Bayern um - aus der er gleich zu Beginn seiner Amtszeit Thomas Müller und Holger Badstuber hochgezogen hatte.
Waren diese immerhin schon volljährig und während ihrer ersten Profisaison sogar Nationalspieler geworden, durfte seine jüngste Entdeckung noch nicht mal Auto fahren.
Alaba war noch nicht volljährig
David Alaba wurde erst im Juni 2010 volljährig – war allerdings auch schon Nationalspieler, der jüngste in der Geschichte Österreichs, als ihm van Gaal zu Bundesliga-Ehren verhalf.
Nach einer Einwechslung gegen Köln und einem Startelfdebüt gegen Freiburg vertraute er dem 17-jährigen Linksfuß auch beim Gastspiel in Florenz (2:3) in der Champions League, bei dem die Bayern aufgrund des gewonnenen Hinspiels ins Viertelfinale einzogen.
Er bestand die Feuerprobe und rückte in den Mittelpunkt des Interesses. SPORT1 nannte Alaba damals „Bayerns Goldstück“ und „Van Gaals neuer Wahnsinnsjunge“. Van Gaal selbst sagte nach Florenz: „Er hat mein Vertrauen nicht enttäuscht.“ Der Gepriesene seufzte: „Von so einem Abend träumt jeder Junge.“ Und er bedankte sich für „viel gute Hilfe“ seiner Teamkollegen, allen voran von Flügelpartner Franck Ribéry.
„Das Verhalten eines A-Jugendspielers“
Es schien also keinen Grund zu geben, Alaba vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt aus der Elf zu nehmen. Dass es doch einen gegeben hätte, wurde Bayern erst klar, als es zu spät war: Alabas Höhenflug endete in Frankfurt mit einer bösen Bruchlandung - nach der der Hype um ihn für Weile vorbei war.
Alaba agierte auf seiner linken Seite hypernervös und bekam nichts in den Griff. „David Alaba konnte einem Leid tun“, schrieb SPORT1: „87 Minuten lang sah der 17 Jahre alte Bayern-Linksverteidiger gegen Frankfurt schlecht aus.“
Andere Medien urteilten noch härter: Alaba habe „im Dutzend billiger“ Flanken zugelassen, „das Verhalten eines A-Jugendspielers“ offenbart, notierte die Welt. Sowohl von SPORT1 als auch vom Kicker gab es in der Einzelkritik die Note 6.
Für Alaba wurde der Druck zu groß
Auf das Ergebnis hatten die Aussetzer des Hochbegabten lange keinen Einfluss. Seit der 7. Minute verteidigte der Tabellenführer den Treffer von Miroslav Klose, der ihnen scheinbar drei Punkte bringen würde. Zehn Minuten vor Schluss führten sie immer noch, da musste van Gaal Routinier Daniel van Buyten (Jochbeinbruch) rausnehmen. Nun standen mit Alaba und Badstuber zwei Anfänger und mit Anatoli Tymoshchuk als Notbehelf ein Mittelfeldspieler in der von Philipp Lahm komplettierten Viererkette. Keine Situation, in der ein junger Spieler, der einen schwachen Tag hatte, Halt finden konnte.
Der Druck der Frankfurter wurde immer größer – für Alaba wurde er zu groß. In der 87. Minute spielte er dem Eintracht-Joker Juvel Tsoumou mit einem missglückten Rückpass den Ball in die Füße und prompt fiel der Ausgleich. Zwei Minuten später stach auch der andere Joker Martin Fenin nach „geradezu höflicher Zurückhaltung“ Alabas, wie die Welt spottete.
Binnen 104 Sekunden hatten die Bayern das Spiel verloren, das erinnerte manchen an das Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United, als zwei späte Tore binnen 102 Sekunden das Spiel drehten. Und das ausgerechnet vor dem Champions-League-Halbfinalhinspiel - gegen United.
Der Welpenschutz funktionierte
Die Niederlage in Frankfurt kostete keine Titel, am Ende wurden die Bayern doch Meister, überstanden auch das Königsklassen-Halbfinale (und verloren dann das Endspiel gegen Inter Mailand).
Alabas Anteil daran wuchs nicht weiter an, van Gaal setzte ihn bis Saisonende nicht mehr ein, so milde die Verantwortlichen auch über ihn richteten. Van Gaal knurrte einen Journalisten an, der wissen wollte, warum er seinen offensichtlichen Schwachpunkt nicht runter genommen habe: „Das ist Ihre Meinung. Das können Sie sagen, aber ich bin damit nicht einverstanden.“
Zum Ausgleichstor befragt, sagte er: „Zehn Meter vor dem Tor können meine Spieler zum Torwart zurückspielen“ und dass „die großen Fehler im Mittelfeld“ gemacht worden seien.
Der Welpenschutz funktionierte beim FC Bayern, was sich bezahlt machen sollte. Alaba ließ sich nicht unterkriegen, verkraftete - nachdem er eine Weile aus der Schusslinie genommen wurde - die Lektion von Frankfurt. Er war nach seiner Leihe an die TSG Hoffenheim 2010/11 zehn Jahre Leistungsträger bei Bayern, bis er 2021 zu Real Madrid weiterzog.