Den Saisonstart hat sich Borussia Mönchengladbach mit Sicherheit anders vorgestellt! Vor allem auch Haris Tabakovic, der erst im Sommer von der TSG Hoffenheim leihweise an den Niederrhein wechselte.
Gladbach-Neuzugang gesteht: "Wir waren alle überrascht"
Gladbach-Krise: „War ein Schock“
Gerade das turbulente 4:6 gegen Eintracht Frankfurt, bei dem die Fohlen schon 0:6 zurücklagen, verschärfte die Situation. Auch wenn die Borussia mit zwei mickrigen Punkten am Tabellenende der Bundesliga steht, zeigt die Formkurve des 31-Jährigen steil nach oben. In den beiden vergangenen Pflichtspielen erzielte er sowohl gegen Bayer 04 Leverkusen (1:1) als auch gegen Eintracht Frankfurt einen Treffer, obwohl er insgesamt nur 62 Minuten auf dem Platz stand.
Mit SPORT1 spricht Tabakovic über den miserablen Saisonstart, den Rücktritt des Sportchefs und den Trainerwechsel von Gerardo Seoane zu Eugen Polanski. Außerdem verrät er, woher sein Spitzname „Fluppe“ kommt und was sein großer Traum ist.
SPORT1: Roland Virkus hat Sie im Sommer nach Mönchengladbach geholt. Nach der turbulenten 4:6-Niederlage gegen Frankfurt ist er zurückgetreten. Wie haben Sie und die Mannschaft das aufgenommen?
Haris Tabakovic: Wir waren alle überrascht. Aber natürlich akzeptieren und respektieren wir seine Entscheidung. Ich wünsche ihm alles Gute.
SPORT1: Stiftet so etwas nicht noch mehr Unruhe in einer ohnehin schon angespannten Situation?
Tabakovic: Es kommt nicht darauf an, was um uns herum passiert. Wir als Mannschaft müssen auf dem Platz wieder Leistung bringen und Ergebnisse einfahren. Nebengeräusche dürfen uns nicht beeinflussen.
Tabakovic: Es hapert „am Gewinnen“
SPORT1: Am Sonntag empfangen Sie als Tabellenletzte den SC Freiburg. Aktuell stehen Sie bei mickrigen zwei Punkten. Woran hapert es aktuell?
Tabakovic: Am Gewinnen! Nur darum geht es aktuell und um nichts anderes. Wir müssen den Matchplan des Trainers umsetzen und mehr Tore als der Gegner schießen.
SPORT1: In den letzten beiden Spielen wurden Sie nur eingewechselt, erzielten dabei aber jeweils einen Treffer. Die Quote liest sich gar nicht mal so schlecht …
Tabakovic: In den letzten beiden Spielen ist mir das ganz gut gelungen. Es geht aber nicht um meine Quote, sondern um die Punktausbeute. Und die ist ausbaufähig.
SPORT1: Beim 4:6 gegen Frankfurt haben Sie schon mit 0:6 zurückgelegen, dann aber noch vier Tore erzielt. Wie haben Sie das Spiel aufgearbeitet?
Tabakovic: Wir hatten eine ausführliche Videoanalyse, haben uns alles nochmal ganz genau angeguckt. Natürlich war das viel zu wenig, gerade zu Beginn. Aber auch wenn Frankfurt einen Gang zurückgeschaltet hat, haben wir es geschafft, vier Tore gegen ein Topteam in der Bundesliga zu erzielen. Jetzt muss das Ganze aber auch abgehakt werden. Wir blicken nach vorne.
„Es geht nicht darum, dass wir den schönsten Fußball spielen“
SPORT1: Sie haben gesagt, Sie müssen als Team wieder „wie Männer“ Fußball spielen. Wie haben Sie das gemeint?
Tabakovic: Es geht nicht darum, dass wir den schönsten Fußball spielen. Es geht darum, dass wir körperlich und mental auf dem Platz sind. Wir müssen Duelle gewinnen, dem Gegenspieler ständig hinterherrennen und die Füße an den Ball bekommen. Über diesen Kampf wollen und müssen wir ins Spiel finden und unsere Qualitäten zeigen.
SPORT1: Ihr Teamkollege Joe Scally sprach davon, dass Sie „zu viele Egos im Team“ hättet. Sind Sie aktuell überhaupt eine Einheit?
Tabakovic: Kurz nach Abpfiff waren da natürlich auch ganz viele Emotionen im Spiel – bei jedem. Aber wenn ich mir die Trainingseinheiten oder die Kabine angucke: Wir sind definitiv eine Einheit. Wir sind davon überzeugt, dass wir da gemeinsam rauskommen.
Tabakovic schätzt Mönchengladbach sehr
SPORT1: Es ist noch unklar, ob Eugen Polanski als Trainer weitermachen darf. Was gibt er Ihnen denn aktuell?
Tabakovic: Er hat uns in einer schwierigen Situation übernommen und sprüht vor Leidenschaft, Freude und hat eine klare Idee. Wir dürfen im Training Fehler machen. Das schafft auch eine gewisse Lockerheit. Gegen Leverkusen ist der Matchplan auch gut aufgegangen (1:1; Anm. d. Red.). Der Punkt hat uns enorm gutgetan. Gerade deshalb waren das Spiel und die Leistung gegen Frankfurt für ihn und für uns alle ein Schock. Wir Spieler müssen jetzt Verantwortung übernehmen und auf dem Platz vorangehen.
SPORT1: Soll er Cheftrainer bleiben?
Tabakovic: Das entscheiden andere. Ich habe auf jeden Fall eine sehr hohe Meinung von ihm.
SPORT1: Roland Virkus und Gerardo Seoane haben Sie im Sommer von einem Wechsel überzeugt. Beide sind nun nicht mehr im Verein. Ist diese ständige Anpassung an neue Situationen eine Fähigkeit, die man als Spieler im Profifußball haben muss?
Tabakovic: Die beiden haben mich zwar überzeugt, waren aber nicht der einzige Grund für meinen Wechsel. In allererster Linie bin ich hier, weil ich Bock auf diesen geilen und brutalen Verein habe. Aber klar: Diese ständigen Anpassungen sind definitiv Teil des Jobs. Der Trainer ist meist der erste, der gehen muss, wenn es nicht läuft. Ich bin beiden sehr dankbar und wünsche ihnen alles Gute.
SPORT1: Wie haben Sie sich denn hier eingelebt?
Tabakovic: Ich fühle mich wahnsinnig wohl. Auch wenn die Wohnungssuche etwas gedauert hat (lacht). Aber um ehrlich zu sein: So richtig genießen konnte ich es noch gar nicht. Dafür ist die sportliche Situation aktuell zu angespannt. Deshalb ist es auch gut, dass es am Wochenende direkt weitergeht.
Rückkehr nach Berlin? „Wird immer in meinem Herzen bleiben“
SPORT1: Hertha BSC hat im Sommer auch mit einer Rückkehr von Ihnen nach Berlin geliebäugelt. Wie konkret war das?
Tabakovic: Ich bin jetzt hier und das ist alles, was zählt. Ich wollte unbedingt Bundesliga spielen und dass ich das jetzt bei diesem Klub machen kann, ist einfach geil – trotz allem. Mönchengladbach ist ein super Klub, für den ich alles geben werde. Mal gelingt mir das besser, mal schlechter. Die Hertha wird aber immer in meinem Herzen bleiben.
SPORT1: In Berlin haben Sie auch den Spitznamen „Fluppe“ bekommen. Auch hier im Verein setzt er sich langsam durch. Wer hat Ihnen den überhaupt gegeben?
Tabakovic: Das war die Berliner Kurve. Es fing damit an, dass Fans mich so über die sozialen Netzwerke genannt haben. Anfangs habe ich das gar nicht wirklich verstanden und musste mir das erstmal erklären lassen. Es hat natürlich mit meinem Nachnamen zu tun.
SPORT1: Anfangs mochten Sie ihn nicht besonders. Wie ist es jetzt?
Tabakovic: Wenn man einen Spitznamen von der Berliner Kurve bekommt, bedeutet das, dass man irgendwo beliebt ist. Am Anfang dachte ich mir zwar schon immer: Wieso? Aber irgendwann konnte ich das einordnen und jetzt kann ich damit sehr gut leben.
Tipps von Kleindienst? „Ich bin alt genug“
SPORT1: Sie wurden als Ersatz für den verletzten Tim Kleindienst geholt. Haben Sie einen engen Austausch, holen sich Tipps ab oder ist das Konkurrenzdenken zu groß?
Tabakovic: Ich muss ihn nicht nach meinen Aufgaben oder nach Tipps fragen. Ich weiß, was ich zu tun habe. Ich bin alt genug. Das hat aber nichts mit Konkurrenzdenken zu tun. Im Gegenteil: Wir haben ein super Verhältnis und ich sehe jeden Tag, wie hart er schuftet.
SPORT1: Sie haben bereits fünf A-Länderspiele für Bosnien-Herzegowina absolviert. Zuletzt standen Sie zwar nicht im Kader, für das WM-Qualifikationsspiel gegen Zypern in der kommenden Woche wurden Sie aber wieder nominiert. Was bedeutet Ihnen das?
Tabakovic: Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Allein wenn die Hymne ertönt - das ist unbeschreiblich. In der WM-Quali sind wir aktuell sehr gut dabei (vier Siege, eine Niederlage; Anm. d. Red.). Für mich wäre es ein absoluter Traum, mit Bosnien-Herzegowina zur WM zu fahren.