Im Fußball schließen sich sprichwörtlich gerne mal Kreise. Auch bei Florian Neuhaus ist das jetzt wieder so. 176 Tage stand der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach nicht in der Startelf. Letztmals war dies Mitte April der Fall, als der SC Freiburg in der Rückrunde der Vorsaison am Niederrhein zu Gast war. Das Ende dieser Negativserie? Natürlich wieder bei einem Heimspiel, wieder gegen die Freiburger.
Wer hätte das gedacht?
Wer hätte das gedacht?
Der neue Trainer Eugen Polanski wechselte Neuhaus schon beim überraschenden 1:1 in Leverkusen rund eine Viertelstunde vor Schluss ein. Beim desaströsen 4:6 gegen Frankfurt durfte er dann sogar die gesamte zweite Halbzeit spielen und hat sich dabei offensichtlich weiter empfohlen. Denn am späten Sonntagabend tauchte sein Name nach langer Durststrecke wieder im Aufstellungsbogen der Fohlen auf.
Und bei seinem persönlichen Comeback hatte sich Neuhaus offenbar eine ganze Menge vorgenommen. Der 28-Jährige stach gegen die Breisgauer positiv hervor und half tatkräftig mit, sodass die Fohlen inmitten der aktuellen Krise zumindest ein kleines Erfolgserlebnis feiern durften und sich vor der Länderspielpause einen wichtigen Punkt erarbeiteten. „Neuhaus plötzlich bester Gladbacher“, lobte die Bild den zuletzt so viel gescholtenen Mann nach dem 0:0 gegen Freiburg.
Neuhaus fiel gegen Freiburg positiv auf
Immer wieder fiel der frühere Nationalspieler bei den insgesamt eher behäbigen Offensivaktionen durch kreative Ideen auf und brachte zumindest etwas Zug ins Spiel. Beinahe gelang ihm gar die Krönung. Nach 37 absolvierten Minuten tauchte Neuhaus nahezu allein vor Freiburgs Torhüter Noah Atubolu auf. Womöglich verhinderte nur die wahnsinnige Rettungsaktion von Philipp Lienhart seinen ersten Saisontreffer.
Dennoch bleibt festzuhalten: Neuhaus könnte einer der großen Gewinner des Trainerwechsels von Gerardo Seoane zu Polanski sein. Schließlich glich das Verhältnis zwischen dem Spieler und dem Verein in den vergangenen Monaten einer anstrengenden On-Off-Beziehung. Mal gab es Hoffnung, dann aber doch wieder nur Frust und Enttäuschungen auf beiden Seiten.
Bereits während der vergangenen Saison waren Neuhaus‘ Rolle und sein sportlicher Wert unklar. Einen Stammplatz hatte der einst so hochgelobte Stratege längst nicht mehr inne. Stattdessen gab es um seine Person oftmals mehr Fragezeichen als alles andere. Das im Sommer aufgetauchte und geleakte Mallorca-Video machte die Situation natürlich nicht besser. Ganz im Gegenteil.
Ist Neuhaus der Gewinner des Trainerwechsels?
Zur Erinnerung: In dem Clip war Neuhaus im Gespräch mit Gladbach-Fans zu sehen und wurde dabei gefilmt, wie er sich über den damaligen Sport-Geschäftsführer Roland Virkus lustig machte. Sätze wie „er ist der schlechteste Manager der Welt“ und „Don Rollo gibt Florian Neuhaus eins, zwei, drei, vier Millionen“ gingen viral. Der Profi wurde daraufhin für vier Wochen vom Training ausgeschlossen. Eine Zukunft im Klub schien er nicht mehr zu haben, das Tischtuch war zu zerschnitten.
Neuhaus zählte ohnehin schon zu den heißen Abgangskandidaten, plötzlich war sogar eine Vertragsauflösung Thema – bis abermals alles anders kam. Über das Straftraining bei der U23 kämpfte er sich zurück zu den Profis und galt zu Saisonbeginn als erster Joker von Seoane. Allerdings nicht lange. Nach einigen Einwechslungen stand er beim schmerzhaften 0:4 gegen Bremen nicht einmal mehr im Spieltagskader.
Die Gründe dafür? Einigermaßen undurchsichtig. Verletzungen oder Blessuren waren es jedenfalls nicht, wie Seoane im Nachgang verlauten ließ. Keine Frage. Was die vergangenen Monate angeht, muss sich Neuhaus allerdings auch an die eigene Nase fassen. Die fehlende Rückendeckung des Schweizers tat jedoch ihr Übriges. Doch jetzt - nach Seoanes Demission - stehen die Chancen gut, dass Neuhaus wieder viel mehr in den Fokus rückt.
Neuhaus ist plötzlich der Hoffnungsträger
Immerhin ist der Coach, der Gladbach jetzt wieder in die Spur bringen soll, derjenige, der Neuhaus im Sommer bei der U23 empfing. „Flo weiß, dass er einen Riesenfehler gemacht hat. Wir nehmen ihn wie jeden anderen Kaderspieler auf, er fügt sich nahtlos ein. Wir versuchen, das Ganze gar nicht so groß zu machen. Ich kann nur sagen, dass Flo sich bei uns vernünftig benimmt, voll mitzieht und auch in der Gruppe gut angekommen ist“, kommentierte Polanski den Fall vor einigen Wochen.
Nun könnte es Polanski auch bei den Profis sein, der Neuhaus die wohl letzte Chance in Gladbach gibt. „Wenn er gewisse Dinge einfach umsetzt, so wie jeder andere auch, hat er Stärken, die wir definitiv brauchen werden“, ließ er seinem Schützling schon vor dem Spiel gegen Freiburg alle Türen offen. „Man hat sehr schnell gesehen, dass er ein sehr guter Fußballer ist, der vielleicht auch ein paar Freiheiten braucht, um sein ganzes Potenzial im Spiel abzurufen.“
Ein Anfang ist tatsächlich gemacht. Jetzt gilt es allerdings, die eingeschlagene Richtung mal langfristig beizubehalten und nicht gleich wieder vom Kurs abzukommen. Das wäre für Neuhaus wichtig – und für den Verein inzwischen sogar noch bedeutsamer. Der erste Sieg soll nach der Länderspielpause so schnell wie möglich her. Mit einem neuen Hoffnungsträger, der eigentlich längst abgeschrieben war.