Wieder Real Madrid. Wieder Szymon Marciniak. Und wieder eine Entscheidung, die die Fußballwelt spaltet. Zehn Monate nach dem FC Bayern fühlt sich auch Atlético Madrid von dem Gespann um den polnischen Schiedsrichter ungerecht behandelt und brutal bestraft.
Er reißt die Bayern-Wunden wieder auf
Während die strittigen Szenen auf dem Platz wenig miteinander gemein haben, ähneln sich die Reaktionen nach der Partie umso mehr. Damals war es der aufgebrachte Thomas Tuchel, der auf einer Pressekonferenz tobte. Diesmal war es Diego Simeone.
Es ist eine vermutlich zufällige und doch auffällige Häufung der Vorfälle um Marciniak und die Königlichen. Denn schon 2022 hatte Tuchel als Trainer des FC Chelsea Vorwürfe gegen den Referee erhoben. Diesem habe nicht nur der Mut gefehlt, er habe nach dem Aus der Blues auch unangemessen freundlich mit Real-Coach Carlo Ancelotti geplaudert, echauffierte sich Tuchel.
Ein Kulturbeutel brennt sich im Gedächtnis fest
Und dann war da ja noch die kuriose Enthüllung um einen Kulturbeutel von Marciniak. Nach dem Halbfinale der Bayern in Madrid war ein Video durch die Sozialen Medien gegeistert, das einen Beutel mit dem Madrid-Logo in Marciniaks Umkleide zeigte.
Dazu sei gesagt, dass die Aufnahmen wohl schon Jahre vor dem Aus der Bayern aufgenommen wurden und das Fanutensil dem Schiri nicht eindeutig zugeordnet werden konnte. Festgesetzt haben sich die Bilder dennoch in den Erinnerungen so mancher (Bayern-)Fans. Auch aktuell sind sie wieder überall in den Sozialen Medien zu finden. Alte Wunden werden wieder aufgerissen.
Dazu kommen die Aussagen von Tuchel und Simeone. Beide Trainer wollten die spielentscheidenden Eingriffe von Marciniak schlicht nicht wahrhaben. Wobei am Mittwoch vor allem der VAR Tomasz Kwiatkowski - übrigens assistiert vom deutschen Referee Bastian Dankert - gefordert war.
Dieser hatte im Elfmeterschießen nach dem Treffer von Julián Álvarez eingegriffen, weil eine doppelte und damit verbotene Berührung des Balls vorgelegen haben soll. „Was habt ihr gesehen?“, fragte der emotionale Simeone die Reporter: „Hebt eure Hände, wenn ihr denkt, Julian hat ihn zweimal berührt.“ Mehrfach forderte er die Journalisten zur Abstimmung auf. Diese hielten sich zurück.
Tuchel: Auch die Schiedsrichter müssen liefern
Eine ähnlich betroffene Stille hatte im Pressesaal geherrscht, als Tuchel im Mai 2024 zu Marciniak befragt wurde. Der Pole hatte damals mit einem verfrühten Pfiff ein Tor der Münchner gegen Real verhindert, dass die Verlängerung bedeutet hätte. Der FCB schied aus - und Marciniak musste sich entschuldigen.
Es handelte sich nicht nur um eine banale Fehlentscheidung, wie Tuchel betonte, als er sich geradezu in Rage redete. „Es ist Halbfinale. Es ist nicht der Moment für Entschuldigungen, wirklich nicht. Es ist echt nicht der Moment für zwei so krasse Regelverstöße.“
Tuchel weiter: „Alle müssen liefern. Dann müssen halt die Schiedsrichter das auf diesem Niveau auch tun. Das hilft halt nicht, wenn du nachher ‚Entschuldigung‘ sagst. Dafür stehst du auf dem Feld, dafür bist du der Beste, den es da draußen gibt.“
Als der Weltbeste hatte Marciniak lange gegolten. Nicht zuletzt wegen seiner herausragenden Leistung im WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich 2022.
Dass sich Álvarez gegen Real tatsächlich selbst angeschossen hatte, ließ sich in TV-Zeitlupen der Szene zumindest erahnen. Zweifelsfrei feststellen ließ es sich aber nicht. Einen Chip im Ball, der als Berührungssensor dient, gibt es in der Champions League nicht.
Dass die Entscheidung womöglich korrekt ist, besänftigte die Gemüter ohnehin nicht. Wie also sind die Vorfälle um Marciniak, auf den teilweise auch unfaire Kritik einprasselte, einzuordnen?
Unter dem Strich steht: Eine besonders fatale Fehlentscheidung im Spiel der Bayern, ein seltener, aber vermutlich korrekter Eingriff des VAR im Atlético-Spiel und ein paar extrem unglückliche Umstände. Vor allem aber eine Entscheidung, die die Fußballwelt spaltet.