Bittere Niederlage für den FC Bayern! Die Münchener unterlagen im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League mit 1:2 gegen Inter Mailand - dabei waren viele Augen auf Thomas Müller gerichtet.
Das Müller-Märchen im Protokoll
Viele Fans hatten nach dem Theater um den nahenden Abschied und der Verletzung von Jamal Musiala fest mit einem Startelf-Einsatz des Urgesteins gerechnet. Doch weit gefehlt! Der Champions-League-Abend begann für die Anhänger anders als gedacht und hatte späte emotionale Entwicklungen parat.
SPORT1 war bei diesem ganz besonderen Müller-Tag dabei und hat den 35-Jährigen ganz genau beobachtet. Das Protokoll eines speziellen Abends, an dem Müller auch einen Mitspieler beruhigen muss.
Champions League: Müller fehlte überraschend in der Startelf
19.47 Uhr – Die Schocknachricht für alle Bayern-Fans: Thomas Müller ist auf dem offiziellen Spielberichtsbogen der UEFA nur auf der Ersatzbank gelistet! Im Vergleich zum Bundesliga-Spiel gegen den FC Augsburg am Freitag rücken Raphael Guerreiro und Leon Goretzka in die Startelf, Joao Palhinha rotiert ebenfalls raus. Es ist Guerreiro, der die Position hinter Kane einnehmen wird.
20.02 Uhr – Christoph Kramer hält am Mikrofon von Prime ein Plädoyer für seinen ehemaligen Mannschaftskameraden in der Nationalelf – und kann die Aufstellungsentscheidung von Vincent Kompany nicht nachvollziehen: „Heute - für dieses Spiel - hätte ich ihn ganz sicher gebracht. Heimspiel. Jeder, der es mit dem FC Bayern hält, hätte ihn bestimmt gerne gesehen. Thomas Müller hat einfach etwas, was ganz wenige haben. Er hat diesen ganz brutalen ‚Nochmal-mehr-Ehrgeiz‘ als jeder andere, und dieses ‚Beweisen wollen‘. Ich hätte ihn heute gerne gesehen, weil es für mich einfach total sinnig wäre.“
20.23 Uhr – Die Bayern-Startelf betritt den Rasen zum Aufwärmen, die Südkurve singt „Auf geht’s Bayern, kämpfen und siegen“ und „FC Bayern olé“. Nur die Auswechselspieler fehlen noch – und damit auch Müller.
20.27 Uhr – Gemeinsam mit den anderen Reservisten kommt Thomas Müller in die Arena, und das beinahe inkognito. Die schwarze Mütze tief ins Gesicht gezogen und trotzdem anhand seines Laufstils unverkennbar. Beim lockeren Einlaufen scherzt der Oberbayer vorwiegend mit Serge Gnabry.
So erklärte Kompany das Müller-Fehlen
20.32 Uhr – Vincent Kompany erklärt seine Entscheidung gegen Müller am Mikrofon von Prime: „Was bringt Inter Mailand? Was haben wir? Rapha hat letztes Mal auf dieser Position gespielt und zwei Tore erzielt, ist früher in der Saison auch wichtig gewesen und hat ein paar Tore gemacht. Im Endeffekt ist es eine Position, die er kennt und hoffentlich kann er der Mannschaft defensiv auch noch was extra geben. Es gibt grundsätzlich immer nur ein Grund: Machen, was man glaubt, was am besten für das Spiel ist.“
20:51 Uhr – Stadionsprecher Stephan Lehmann verliest die Aufstellung und die Namen, die auf der Bank sitzen. Er nennt wie immer die Rückennummer und den Vornamen, die Fans brüllen den Nachnamen des jeweiligen Spielers. Und natürlich hallt der von Thomas Müller am lautesten durch die Arena – obwohl Lehmann auf das obligatorische „The one and only“ verzichtet.
21:01 Uhr – Anstoß! Die Partie zwischen den Bayern und Inter läuft.
21:34 Uhr - Müller erhebt sich von der Ersatzbank und geht rechts Richtung Eckfahne, um sich aufzuwärmen. Mit dabei unter anderem Sacha Boey und Serge Gnabry. Die Einheit dauert allerdings nur zehn Minuten. Kurz vor Halbzeitpfiff schickt Kompany alle wieder auf die Bank.
Fans erheben sich vor der Müller-Einwechslung von ihren Plätzen
22:03 Uhr - Die zweite Hälfte läuft. Müller & Co. machen sich wieder warm. Der 35-Jährige ist nicht mehr dick eingepackt, sondern trägt ein kurzärmeliges T-Shirt unter dem Leibchen der UEFA. Ein paar Rufe der Fans finden den Weg zu ihm, doch der Rekordspieler bleibt zurückhaltend.
22:29 Uhr - Es ist so weit! Müller wird zur Einwechslung gerufen. Auf der Haupttribüne erheben sich zahlreiche Fans, Jubel bricht aus.
22:30 Uhr – Ein Trainer-Assistent gibt Müller diverse Anweisungen. Der nickt und klatscht erstmal mit Gnabry ab, der ebenfalls gleich ins Spiel kommen soll. Müller spricht mit Kompany, beide gestikulieren. Anschließend redet Müller auf Michael Olise ein – dabei wirkt er fast wie ein zweiter Trainer.
22:31 Uhr – Müller kommt in die Partie. Natürlich wird sein Name wieder besonders laut gerufen. Und Stadionsprecher Lehmann spricht auch wieder von „The one and only“.
22:35 Uhr – Die Bayern hätten eigentlich einen Eckball bekommen müssen, doch der Schiedsrichter entscheidet anders. Joshua Kimmich rennt dem Referee wutentbrannt hinterher. Müller muss ihn beruhigen.
Märchenhaft! Ausgerechnet Müller verwandelt Arena in ein Tollhaus
22:39 Uhr – Müller verliert allzu leicht den Ball, doch es ergibt sich trotzdem eine gute Chance für den Mann mit der Nummer 25. Gnabry bedient ihn, aber Müllers Schuss wird von Bastoni abgeblockt.
22.42 Uhr – Die Arena wird zum Tollhaus! Müller trifft zum zwischenzeitlichen 1:1. Er klopft sich auf die Brust, schreit die Freude heraus und verschwindet bald in einer Traube seiner Mitspieler. Kompany reagiert entspannt und freut sich.
22:43 Uhr - Die TV-Weltregie zeigt die Bosse auf den Business Seats. Vor allem Dreesen und Rummenigge scheinen sich besonders zu freuen.
22:44 Uhr – Stadionsprecher Lehmann verkündet den Torschützen. Eigentliches Ritual ist es, dass der Vorname eines bayerischen Torschützen dreimal genannt wird und die Fans entsprechend dreimal mit dem Nachnamen antworten. Doch heute ist es anders: Gleich fünfmal schallt „Thomas – MÜLLER!“ durch die Münchner Arena.
22:45 Uhr – Yann Sommer kann einen Schuss nur noch vorne abprallen lassen, Müller sprintet heran, bereit für den Abstauber – doch Sommer hat den Ball im Nachfassen.
22:46 Uhr – Die Bayern kassieren das zweite Gegentor. Leon Goretzka knöpft sich lautstark Boey vor, der einen völlig falschen Laufweg gewählt hatte. Müller schnappt sich den Ball und wechselt ein paar Worte mit Kimmich. Er trägt die Kugel Richtung Mittelkreis.
22:48 Uhr – Nochmal eine Kopfballgelegenheit für Müller! Der Versuch fällt aber harmlos aus.
22:51 Uhr – Das Spiel ist aus. Die Bayern verlieren gegen Inter Mailand mit 1:2.
Müller zeigt sich im TV-Interview genervt
22:55 Uhr – Die Spieler stehen vor der Südkurve. Zum Feiern ist niemandem zumute, aber noch ist Hoffnung da.
22:56 Uhr – Die Mannschaft begibt sich auf ihre Runde durchs Stadion. An der Spitze: Thomas Müller!
22:57 Uhr – Klubsprecher Dieter Nickles fängt Müller ab und deutet ihm den Weg zu einem ersten TV-Interview. Müller geht in die Richtung des wartenden Reporters nahe dem Mittelkreis.
23:02 Uhr – Im Interview mit Prime wird Müller vor allem zu seiner Person und weniger zum Spiel befragt. Der reagiert genervt: „Habe ich gerade mein Abschiedsspiel oder ein Viertelfinal-Hinspiel? Ich möchte mich übers Spiel unterhalten. Ich bin hier nicht auf einer Farewell-Tour, ich bin gerade Sportler.“
23:04 Uhr – Das Interview geht dem Ende entgegen. Müllers letzte Sätze gegenüber dem Reporter fallen spöttisch aus: „Blöderweise steht es durch den letzten Konter 2:1. Ansonsten hätten wir gesagt: ‚1:1, gut zurückgekommen, Müller ein Tor geschossen‘. Dann hätten wir ein bisschen mehr deine erste angedachte Story spielen können. Eigentlich musst du dich bei Inter beschweren, dass ich ein bisschen angefressen bin.“ Der Torschütze verschwindet anschließend im Kabinengang.
0:15 Uhr – Ungewöhnlich spät kommt Müller in die Mixed Zone – der 35-Jährige war vorher noch zur Dopingprobe bestellt worden. Seine Analyse des Spiels fällt deutlich aus und er ist sogar wieder zu Scherzen aufgelegt. Als SPORT1 ihn fragt, ob er von der Wucht der Reaktionen auf sein Aus beim FC Bayern überrascht worden sei, sagt er: „Nee, das hat mich nicht überrascht. Ich bin Rekordspieler mit 700 Spielen, in der Champions League 170 – oder was weiß ich? Wenn man mal ein bisschen auf den Putz hauen kann, ja dann da. Ich habe ja lange genug die Knochen hingehalten.“ Die Reporterinnen und Reporter lachen mit Müller. Anschließend verlässt er die Arena.