Knapp eine Woche vor Halloween ist bei Ajax Amsterdam für Gruselstimmung längst gesorgt. Mit 1:5 ging die Mannschaft von Trainer John Heitinga in der Champions League beim FC Chelsea unter.
Ein Traditionsklub versinkt im Chaos
Dieser Absturz kennt keine Grenzen
Im dritten Spiel des laufenden Wettbewerbs musste man bereits die dritte Pleite hinnehmen und konnte dem Schaulaufen der jungen Chelsea-Truppe nur zusehen. Ein weiterer herber Schlag für das Selbstverständnis des viermaligen europäischen Champions, der zuvor bereits gegen Inter Mailand (0:2) und Olympique Marseille (0:4) klar den Kürzeren gezogen hatte.
Die Folge: Platz 36, der letzte im neuen Format der Königsklasse, und ein Torverhältnis von 1:11. Der einzige Treffer? Ein Elfmeter von Wout Weghorst. Aus dem Spiel heraus wartet Ajax weiterhin auf ein Tor.
Selbst der kasachische Champions-League-Neuling FK Qairat Almaty sammelte inzwischen mehr Punkte als Ajax.
Eine desaströse Bilanz, die sich allmählich auch in der Liga abbildet und beim 36-maligen Meister für ordentlich Unruhe sorgt. In der Eredivisie liegt der Hauptstadtklub hinter den größten Rivalen auf Rang vier und hat bereits neun Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Feyenoord.
Nach gutem Start: Platzverweis besiegelt Ajax-Schicksal
Am Mittwochabend kam es schon nach 16 Minuten zu einer Schlüsselszene, die das Schicksal von Ajax erneut besiegelte.
Mittelfeldspieler Kenneth Taylor verlor den Ball in der gefährlichen Zone und unterband eine mögliche Chance des Gegners mit einem Tritt auf den Unterschenkel seines Gegenspielers. Nachdem Taylor erst glimpflich mit einer Gelben Karte davongekommen war, korrigierte der Videobeweis die Entscheidung von Felix Zwayer und der Niederländer musste frühzeitig den Gang in die Kabine antreten.
Nach dem anschließenden Freistoß überrumpelte Chelsea die unsortierte Ajax-Defensive dennoch und erzielte den ersten von fünf Treffern. Heitinga reagierte im Anschluss und brachte mit dem 17-jährigen Jorthy Mokio einen weiteren defensiven Mittelfeldspieler für den offensiveren Oscar Gloukh.
Ajax-Fans verspotten eigenen Trainer
Eine Entscheidung, die bei Fans und Experten auf Unverständnis stieß. „Johnny, verp*ss dich“ skandierten die mitgereisten Fans an der Stamford Bridge nach der Entscheidung des Trainers kurzzeitig.
Auch TV-Experte und Ex-Ajax-Profi Wesley Sneijder erklärte bei Ziggo Sport: „Dieser Wechsel … Ich hätte Weghorst rausgenommen. Schon am Wochenende wurde Gloukh ausgewechselt. Das ganze Stadion stellt sich gegen dich. Derjenige, den du auf keinen Fall rausnehmen darfst, ist Gloukh. Das darfst du nicht machen.“
Heitinga begründete seine Entscheidung nach der Partie mit taktischen Überlegungen, zeigte sich jedoch betroffen von den Rufen der Fans. „Es war nur von kurzer Dauer, aber das ist natürlich etwas, das man nicht hören will“, sagte der Niederländer und führte aus: „Auch die Fans sind enttäuscht von der Roten Karte, und Oscar ist ein Spieler, für den man gerne ins Stadion kommt. Aber wenn wir am Ende zehn Mann haben, dann muss ich Entscheidungen treffen.“
Weghorst? „Ein völlig durchgedrehter Stürmer“
In den Medien standen nach der Partie neben Heitinga allerdings vor allem Taylor und der zur Halbzeit ausgewechselte Weghorst in der Kritik. Entsprechend titelte der Journalist Valentine Driessen in seiner Kolumne für De Telegraaf: „So läuten Kenneth Taylor und Wout Weghorst die Entlassung von Ajax-Trainer John Heitinga ein.“
Während Taylor durch sein stümperhaftes Foulspiel negativ auffiel, verwandelte Weghorst zunächst vom Punkt, ehe er noch vor der Pause selbst einen Elfmeter verschuldete. „Ein völlig durchgedrehter Stürmer, der überall auf dem Platz seine eigenen kleinen Kriege führt, hilft in solchen Momenten nicht“, schrieb Driessen über den ehemaligen Bundesliga-Stürmer. „Von einem so erfahrenen Spieler darf man Reife erwarten, gerade wenn die Mannschaft auseinanderfällt. In solchen Momenten sollte jemand wie er auf dem Platz die Rolle eines Mentors übernehmen – und sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen.“
Rekordnationalspieler Sneijder ging bei seiner Kritik an der Mannschaft hingegen noch weiter und holte zum Rundumschlag aus. Trotz vielversprechender Anfangsphase meinte er: „Wir können uns jetzt zwar an diesen ersten fünfzehn Minuten festklammern, aber wir dürfen nicht vergessen, dass da einfach Spieler auf dem Platz stehen, die nicht das Ajax-Niveau haben. Nicht alle, aber es sind einfach zu viele Spieler mit begrenzten Qualitäten.“
Endspiel für Heitinga?
Bereits nach der vorherigen Pleite gegen Marseille hatten TV-Experten und die niederländische Presse Heitinga infrage gestellt und Ajax schonungslos abgefertigt.
Am Sonntag treffen die Niederländer in der Liga auf Twente Enschede, die mit einem Sieg an Ajax vorbeiziehen könnten. Gut möglich, dass das Duell angesichts der brodelnden Stimmung zum Endspiel für Heitinga wird.
Gegen Chelsea vermied Torhüter Remko Pasveer, der mit 41 Jahren zu seinem ersten Saisoneinsatz kam, bereits ein Bekenntnis zu seinem Trainer. Auf die Frage, ob Heitinga mehr Zeit verdient habe, antworte er nur: „Das ist Sache des Vereins und nicht meine.“