Eigentlich ist Vincent Kompany nicht dafür bekannt, einzelnen Spielen eine besondere Bedeutung zu verleihen. In seiner ersten Saison als Bayern-Trainer betonte er immer wieder, wie er sich vorbereitet. Sein Mantra: Wenn man jede Aufgabe wie ein Champions-League-Finale behandelt, muss man sich für große Spiele nicht mehr umstellen. Jede Partie ist wichtig.
FC Bayern: Ein ganz besonderes Duell für Kompany
Ein ganz besonderes Duell für Kompany
Aktuell rückt der 39-Jährige aber von seiner klaren Linie ein wenig ab. Bereits vor dem Spiel gegen den BVB ließ er durchblicken, dass es um mehr gehe als nur um drei Punkte. Gegen den FC Brügge wartet am Mittwochabend das nächste Highlight auf ihn. Erstmals in seiner Zeit als Münchner Coach geht es gegen eine Mannschaft aus seiner Heimat Belgien.
„Brügge ist eine Mannschaft, die immer arbeitet“
„Brügge ist eine Mannschaft, die immer arbeitet – das ist sehr belgisch. Deswegen passt die belgische Kultur gut zur deutschen“, sagte Kompany am Dienstag auf Nachfrage von SPORT1. Damit hätte er sich eigentlich auch selbst beschreiben können. Kompany, der Arbeiter.
Trotz der Tatsache, dass er den Großteil seiner Spielerkarriere im Ausland verbrachte und er kongolesische Wurzeln hat, ist Belgien das Land, das er im Herzen trägt.
Dabei hätte er guten Grund, seine Heimat kritisch zu sehen. Seine Kindheit auf den Straßen Brüssels war nicht einfach – das Thema Rassismus allgegenwärtig.
Kompanys schwere Kindheit in Brüssel
„Meine Mutter hatte blonde Haare und blaue Augen und mein Vater ist ein politischer Flüchtling aus Afrika. Unsere Mutter arbeitete für eine staatliche Organisation, die arbeitslosen Leuten dabei hilft, Jobs zu finden. Und als ich zwölf Jahre alt war, hat sie meinen Geschwistern erzählt, dass wir als Kinder mit einem anderen Hintergrund doppelt so hart arbeiten müssen wie andere, um denselben Job zu bekommen“, erzählte Kompany im März dieses Jahres. Und weiter: „Sie sagte, dass wir im Leben tough sein müssen. Das war meine Realität, als ich jünger war.“
Der heutige Bayern-Trainer fasste danach folgenden Entschluss: „Meine Position ist, nie ein Opfer zu sein. Meine Mentalität war immer, dass ich doppelt so gut sein würde, wenn ich doppelt so viel arbeite.“ Dass sein Vertrag beim FC Bayern am Dienstag bis 2029 verlängert wurde, ist eine Folge dieser Haltung.
Kompany gilt als akribischer Perfektionist, sein Leben dreht sich fast zu 100 Prozent um Fußball. Lediglich in Länderspielperioden und an Weihnachten verwandelt sich der 39-Jährige in einen absoluten Familienmenschen.
Kompany von Brügge-Fans rassistisch beleidigt
An der Säbener Straße ist er stets der Erste, der kommt und der Letzte, der geht. Lange gab es für Spieler, die zu spät kamen, eine besondere Strafe: Der jeweilige Profi musste so lange am Gelände bleiben, bis auch der Trainer die Säbener Straße verlassen hatte – da kann ein Tag schon mal lang werden…
Dass sich Kompany auf die Partie am Mittwoch freut, betonte er bereits kurz nach der Auslosung. Und: Für ihn geht es in der Ligaphase der Champions League nicht nur gegen den FC Brügge, sondern mit der Royale Union Saint-Gilloise gegen ein weiteres Team aus Belgien. Für den Bayern-Trainer sind es zwei Gelegenheiten, es seinen Kritikern in der Heimat erneut zu beweisen.
Schließlich musste er im Winter 2021 als Trainer des RSC Anderlecht auch als Erwachsener rassistische Angriffe erleiden – und zwar ausgerechnet durch Fans des FC Brügge. „Ich habe Respekt für einzelne Personen dort. Aber wenn es nur um mich geht, habe ich nur dieses Gefühl von Rivalität“, erklärte Kompany am Tag vor dem Spiel.
Er, der in Belgien ausschließlich für Anderlecht spielte, hat wohl noch eine Rechnung offen, schränkte aber auch ein: „Damals war ich sprachlos – und das bin ich vier Jahre später auch noch. Ich versuche, das nicht in meine Motivation für das Spiel am Mittwoch mitzunehmen.“
Vielleicht sind es aber auch die Bayern-Stars, die für ihren Trainer nochmals eine Extra-Motivation verspüren.