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Plötzlich an der Spitze Europas

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Galatasaray Istanbul mischt nach einem krachenden Fehlstart in Frankfurt die Champions League auf. Nicht zuletzt, weil der türkische Spitzenklub den derzeit besten Torjäger des Wettbewerbs in seinen Reihen hat.
Mit dem 1:0-Sieg gegen Liverpool setzt Galatasaray ein Zeichen. Starstürmer Victor Osimhen spricht von einem Neubeginn – der Erfolg in der Champions League soll erst der Auftakt für eine starke Saison in allen Wettbewerben sein.
Galatasaray Istanbul mischt nach einem krachenden Fehlstart in Frankfurt die Champions League auf. Nicht zuletzt, weil der türkische Spitzenklub den derzeit besten Torjäger des Wettbewerbs in seinen Reihen hat.

Victor Osimhens Wucht war so dermaßen groß, dass am Ende nicht nur die Defensive von Ajax Amsterdam, sondern auch John Heitinga fiel.

Das bittere 0:3 der Niederländer gegen Galatasaray Istanbul brachte das Fass endgültig zum Überlaufen: Der schon seit geraumer Zeit umstrittene Trainer musste gehen – und wurde sozusagen von einem Stürmer aus dem Amt gestoßen, der derzeit unaufhaltsam scheint.

Nachdem der Nigerianer den türkischen Spitzenklub schon beim umjubelten 1:0 gegen den FC Liverpool zum Sieg geschossen und beim 3:1 gegen Bodö/Glimt die ersten beiden Treffer beigesteuert hatte, traf er in Amsterdam gleich drei Mal.

Alle drei Streiche gelangen ihm nach der Pause. Der erste auf Vorlage des wieder für die deutsche Nationalmannschaft nominierten Leroy Sané, die anderen beiden sicher vom Elfmeterpunkt.

Osimhen steht vor Kane, Haaland und Mbappé

Für Osimhen war es nicht nur ein Beitrag zum dritten Sieg in Serie, durch den sich Galatasaray nach der anfänglichen Klatsche in Frankfurt auf Platz neun verbesserte, sondern auch ein weiterer persönlicher Meilenstein.

Der Stürmer traf in nunmehr neun europäischen Spielen in Folge – ein Novum in der Klubhistorie. Dazu steht er mit sechs Toren im laufenden Wettbewerb in der Torjägerliste der Königsklasse mittlerweile ganz oben. Vor Harry Kane, Erling Haaland und Kylian Mbappé.

Eine schöne Momentaufnahme, die die Fans von Galatasaray in regelrechte Ekstase versetzt. Im Netz vergöttern sie ihren Torjäger ohnehin schon lange.

Nach seiner erneut herausragenden Vorstellung in den Niederlanden überschlug sich jedoch selbst die Presse mit Lobeshymnen. „Was hast du getan, Victor Osimhen? In den Niederlanden verstummten alle, nur er sprach. Er hinterließ mit einem Hattrick seinen Stempel“, schrieb das türkische Online-Portal Fanatik.

Und selbst im Land des Gegners kamen sie aus dem Schwärmen kaum mehr heraus. „Der maskierte Osimhen zeigte, warum Galatasaray im vergangenen Sommer 75 Millionen Euro gezahlt hatte“, titelte De Telegraaf.

Die niederländische Tageszeitung AD schrieb: „Er ist einer der besten Stürmer Europas. Ein Stürmer, der sich nicht einmal von einer Doppeldeckung beeindrucken lässt. Mit seiner unerschöpflichen Energie trägt Osimhen Galatasaray nicht nur in der Türkei, sondern auch in Europa.“

Osimhens Weg in die Türkei

Dass Osimhen im besten Fußballeralter mit 26 Jahren in der Türkei und nicht bei einem der absoluten Spitzenvereine Europas kickt, wirkt für viele Außenstehende nach wie vor etwas seltsam.

Besonders nach der grandiosen Saison 2022/23, als der Ex-Wolfsburger der SSC Neapel zum ersten italienischen Meistertitel seit 1990 verhalf. Mit 26 Treffern wurde er damals Torschützenkönig und hatte damit großen Anteil am Erfolg. Seine starke Physis und sein unbändiger Wille machten ihn zu einem der begehrtesten Stürmer der Welt.

Nahezu alle europäischen Topklubs standen Schlange, darunter mit Liverpool, Manchester United und Newcastle gleich drei Vereine aus der Premier League.

Trotzdem überzeugten die Verantwortlichen von Napoli Osimhen von einem Verbleib – in gewisser Weise der Anfang vom Ende für ihn in Italien. Weder er noch der Verein konnten im Folgejahr an die starken Leistungen anknüpfen. Letztlich landete man auf Tabellenplatz zehn und der Angreifer überwarf sich mit seinem Arbeitgeber.

Eine Alternative musste her, nur fand sich zunächst keine. Zumindest nicht dort, wo sie erwartet wurde. Weil das Transferfenster in der Süper Lig aber länger geöffnet war, entpuppte sich der Wechsel zu Galatasaray schließlich als optimale Notlösung für den Nigerianer.

Andernfalls hätte Osimhen mindestens bis zum Winter 2024 auf der Tribüne gesessen. Doch aus der Notlösung und dem kleinen Umweg in seiner Karriere ist mittlerweile eine romantische Liebesbeziehung geworden. Im Sommer zahlte Galatasaray 75 Millionen Euro nach Italien, um Osimhen dauerhaft zu verpflichten.

„Liebe erfahren, wie ich sie noch nicht erlebt habe“

In einem Interview mit der UEFA beschrieb Osimhen schon seine Ankunft in der Türkei als prägenden Moment. „Als ich in Istanbul ankam, habe ich eine Liebe erfahren, wie ich sie in meinem Leben noch nicht erlebt habe“, sagte er. „Es war zwei oder drei Uhr nachts, und Tausende Menschen waren am Flughafen. Sie hätten zu Hause bei ihren Familien sein sollen, aber sie warteten auf mich.“

Diese Herzlichkeit gefiel Osimhen auf Anhieb: „Ich liebe diesen Verein wirklich. Ich werde in guten wie in schlechten Tagen für Galatasaray kämpfen.“

Diese Einstellung ist inzwischen fast wöchentlich zu spüren. Bereits in der vergangenen Saison erzielte Osimhen 26 Tore in der Süper Lig und wurde Torschützenkönig. In allen Wettbewerben zusammen kam er sogar auf 37 Treffer. Und auch in der laufenden Spielzeit steht er nach elf Einsätzen schon wieder bei herausragenden neun Toren.

„Ich glaube, dass ich Qualität habe, aber mit der Unterstützung meiner Teamkollegen werde ich kämpfen, um mein Bestes zu geben”, gab sich Osimhen demütig, als er in Amsterdam auf seine Klasse angesprochen wurde.

„Ich bin glücklich über meine Torbeiträge und danke meinen Teamkollegen. Ich denke, dass wir in der Champions League weiterhin erfolgreich sein werden“, fügte der Torjäger hinzu.

Um die Ziele zu erreichen, kommt es natürlich einerseits auf eine funktionierende Mannschaftsstruktur an. Aber eben auch darauf, dass sich Osimhen weiterhin von seiner besten Seite präsentiert. Denn der Nigerianer ist und bleibt der große Star bei Galatasaray. Derjenige, mit dem vieles steht und fällt.