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Bundesliga: Eine brisante Frage wird wieder laut

Ist er wirklich ein Upgrade?

Bayer Leverkusens Torhüter Mark Flekken leistet sich beim Unentschieden gegen Newcastle United einen folgenschweren Fehler. Über die riskante Spielweise des Niederländers wird danach nicht zum ersten Mal gesprochen.
Mark Flekken spricht nach dem Spiel gegen Newcastle United über seinen Fehler zum 1:1 Ausgleich.
Bayer Leverkusens Torhüter Mark Flekken leistet sich beim Unentschieden gegen Newcastle United einen folgenschweren Fehler. Über die riskante Spielweise des Niederländers wird danach nicht zum ersten Mal gesprochen.

Torhüter stehen in einem speziellen Licht. Nirgends liegen die Extreme so dicht beieinander, auf keiner anderen Position ist das Risiko so hoch. Sie können zwar selbst keine Spiele gewinnen, bei gehaltenen Elfmetern und Glanzparaden aber zu Helden werden. Oder werden nach Patzern gleich als Buhmann abgestempelt. Denn jeder Patzer ist quasi gleichbedeutend mit einem Gegentor. Mark Flekken wurde das am Dienstagabend wieder knallhart vor Augen geführt.

„Es ist eine alte, bekannte Geschichte: Wenn du als Keeper einen Fehler machst, dann geht es 19 von 20 Mal schlecht aus“, fasste es der Niederländer zusammen, als er nach dem 2:2 von Bayer Leverkusen gegen Newcastle United mit seinem bösen Aussetzer konfrontiert wurde und machte sich Vorwürfe: „Was soll ich noch sagen? Klarer Elfmeter, klarer Fehler, der geht auf meine Kappe.“ Gemeint war die entscheidende Szene in der 50. Minute, kurz nach dem Seitenwechsel.

Beim Stand von 1:0 für die Werkself hatte Flekken nach einem Rückpass in den eigenen Strafraum alle Zeit der Welt, hielt den Ball aber zu lange am Fuß. Newcastle-Stürmer Nick Woltemade ließ sich nicht lumpen, sprintete dazwischen und profitierte anschließend von der Unachtsamkeit des 32-Jährigen, als dieser ihn von den Beinen holte. „Ich habe am Anfang, wo er Druck ausgeübt hat, den Moment verpasst, den Ball lang zu spielen. Dann stellt er den Fuß clever raus“, schilderte Flekken.

Flekken und die schwierige Grundsatzfrage

Den fälligen Elfmeter verwandelte Anthony Gordon, der Torhüter hatte die bis dahin größtenteils harmlosen Engländer zurück ins Spiel gebracht. Anschließend gingen die Magpies durch Lewis Miley sogar in Führung (74.) und hatten Oberwasser, ehe Alejandro Grimaldo einen Punkt rettete (88.). Doch das Flekken-Thema blieb. Vor allem, weil nicht wenige seine extrem risikoreiche, mitspielende Art schon seit seiner Ankunft bei Bayer kritisieren. Die schwierige Grundsatzfrage: Bis zu welchem Punkt hilft diese Spielweise? Und wann ist das Risiko zu hoch?

Dass ein moderner Torwart heutzutage mehr können muss als nur Bälle halten, ist bekannt. Immer häufiger wird er aktiv in den Spielaufbau eingebunden und bildet mit den Verteidigern eine Linie. Der Sinn dahinter: Wenn der Torwart von den Gegnern aktiv angelaufen wird, wird an anderer Stelle ein Mitspieler frei und es ergeben sich neue Räume im Rücken des anlaufenden Gegenspielers. Durch das Einbeziehen des Keepers sollen die Kontrahenten also besser überspielt werden können.

Gleichzeitig ist damit ein gewisses, mitunter recht hohes Risiko verbunden. Ein Ballverlust des Torwarts führt in der Regel entweder zu einer großen Chance für den Gegner oder direkt zu einem Gegentreffer. Nur wenige werden es in diesen Tagen so schmerzhaft erfahren wie Flekken, der in Leverkusen die explizite Aufgabe hat, Dinge überwiegend spielerisch zu lösen. „Es passiert halt mal. Ihm reißt jetzt keiner den Kopf ab. Wir wollen, dass Mark hinten rausspielt“, verteidigte ihn Kapitän Robert Andrich. Und das nicht ohne Grund.

Bayer: Hjulmands Spielidee immer besser erkennbar

In den vergangenen Wochen kam die Spielidee von Trainer Kasper Hjulmand zunehmend besser zum Tragen. Immer häufiger gelang es der Werkself, sich mit geschickten und schnellen Kombinationen aus der eigenen Defensive zu lösen und gefährliche Umschaltmomente zu kreieren. Auf der anderen Seite weiß Flekken selbst, dass ihm in Leverkusen bislang zu oft Fehler unterlaufen sind, die Folgen hatten. Gerade zu Beginn der Saison waren ihm deutliche Schwankungen und eine Verunsicherung, die generell in der Mannschaft zu beobachten war, anzumerken.

Eine spürbare Wendung stellte sich erst im Laufe der Zeit ein – vor allem in der Champions League. Bei den wichtigen Auswärtssiegen gegen Benfica Lissabon und Manchester City zählte der Routinier mit zahlreichen Paraden zu den entscheidenden Faktoren für den Erfolg. Die anfänglichen Zweifel, ob der Ersatz für den langjährigen Bayer-Torhüter Lukas Hradecky, Flekken, das gewünschte Upgrade sei, verstummten fürs Erste. Ganz ruhig wurde es um seine Person allerdings nicht.

Leverkusen: Ist Flekken ein Upgrade?

Flekken agiert auf der Torlinie zwar ähnlich wie der im Sommer nach Monaco gewechselte Finne, ist im fußballerischen Bereich jedoch eine Weiterentwicklung. Dennoch ist das Vorhaben der Verantwortlichen bisher nicht vollends aufgegangen. Vielmehr erinnert Flekken in einigen Fällen an den spielstarken, aber mit dem Ball am Fuß bisweilen zu riskant agierenden Tschechen Matej Kovar, der an die PSV Eindhoven ausgeliehen wurde. Man könnte meinen, manche warteten nur darauf, dass Flekken für sein Spiel mit dem Feuer zum ersten Mal bestraft wird.

Die Diskussionen darüber, wie viel Risiko vertretbar ist und ob ein offensiver Stil eines Keepers das Team tatsächlich stärker macht, werden so sicherlich weitergehen. Flekken sah in allem Negativen derweil zumindest noch eine positive Tatsache. „Ich bin einfach sehr froh, dass die Jungs vor mir so einen Charakter gezeigt haben und noch ein 2:2 rausgeholt haben“, sagte er. Zu oft sollte er sich allerdings nicht auf derart dünnem Eis bewegen.