Es ist ein Satz, der so viel aussagt über ein Leben: „Ich war angenommen, da, wo ich gespielt habe“, erzählt Petra Landers in der Erinnerung an ihre Kindheit. Als sie mit Cousin „Bubi“ und dessen Kumpels auf der Blunawiese in Bochum-Harpen zu kicken beginnt, stört sich niemand daran, dass sie als Mädchen unter Jungs spielt. Landers ist neun Jahre alt und verliebt sich in den Fußball. Diese Beziehung soll ihr Leben prägen.
Eine deutsche Pionierin
Zwei Jahre später beginnt die Bochumerin beim FC in einem Jungsteam zu kicken, wechselt später ins Frauenteam des TuS Harpen – altersbedingt mit Sondergenehmigung. Da lernt sie doofe Sprüche kennen und versteht: Ein Mädchen bei den Jungs bringt andere weniger auf als ein Frauenteam. Abhalten lässt sich Landers freilich nicht. Sie spielt weiter und gründet im Verein ein Mädchenteam, damit andere ebenso spielen können.
Derweil bleibt ihr Talent nicht unerkannt: Ein Bekannter regt an, sie solle bei SSG 09 Bergisch Gladbach vorspielen. Die junge Frau ist überrascht. „Zu dieser Zeit war ich überhaupt nicht von mir überzeugt“, erinnert sich Landers. „Aber ich war immer bereit, ‚Ja‘ zu sagen, dass ich es ausprobiere.“ Auch Anne Trabant-Haarbach, damals Trainerin bei der SSG 09, sagt ‚Ja‘ – und so wird Landers Teil des Vereins. Und merkt, das Training ist auf einem ganz anderen Niveau, aber sie beißt sich durch und macht auf sich aufmerksam.
Die Reise ihres Lebens
So sehr, dass sie wenige Monate später mitreisen darf nach Taiwan, wo im Sommer 1981 eine Weltmeisterschaft organisiert wird, zu der Deutschland eine Einladung erhalten hat. Der DFB hat zwar 1970 das Verbot aufgehoben, wonach im Verband organisierte Vereine keine Frauenabteilungen und -teams unterhalten dürfen, es gibt allerdings keine Nationalelf. Also fährt stattdessen das Team der SSG.
- „Flutlicht an. Im Gespräch mit der Wortpiratin“, der Podcast auf SPORT1, in dem Journalistin und Autorin Mara Pfeiffer Menschen in den Mittelpunkt stellt, die im schnelllebigen und lauten Fußballgeschäft oft zu wenig im Rampenlicht stehen.
Landers erinnert sich gut an die Reise, auch die Strapazen. Wenn sie von den ungewohnten klimatischen Bedingungen erzählt, sieht man die Feuchtigkeit in der Luft flirren und spürt die Anstrengung, Spiele zu absolvieren. Am Ende werden es neun Partien in elf Tagen: Das Team gewinnt das inoffizielle Turnier, und sie kehren als Weltmeisterinnen nach Hause zurück.
In Bergisch-Gladbach werden die Frauen gefeiert. Der DFB hüllt sich in Schweigen. Sie habe das nie verstanden, reflektiert Landers. Als sie nach Bochum kam, sei auch da „das Licht aus“ gewesen, erzählt sie lachend. Will heißen, so wild fand es am Ende niemand mit dem Titel. Die Frauen selbst aber spüren, sie haben etwas Besonderes erreicht.
Als im Jahr darauf die DFB-Nationalelf startet, gehört Landers zur ersten Elf. „Ich konnte mir darunter gar nichts vorstellen“, sagt sie heute. Es existierten ja keine Vorbilder: „Diesen Weg gab es nicht.“ Doch die Frauen ihrer Generation sind ihn gegangen. Anerkennung haben sie dabei selten bekommen, bis heute. Dabei haben sie sprichwörtlich die Knochen hingehalten – und zwar ohne die medizinische Versorgung der männlichen Kollegen.
Landers beendet ihre Karriere 1991, nachdem sie aus einer mehrjährigen Verletzung nochmal zurückkommt und zum Team gehört, das 1989 die EM in Deutschland gewinnt. Während der Verletzung hört sie oft, sie solle einfach aufhören, Fußball zu spielen, dann würde es schon werden. An Kreativität, um Frauen aus dem Fußball zu halten, mangelte es nicht. Doch dieser Sport ist bis heute eine der wichtigsten Konstanten ihres Lebens.
Heute im Einsatz für Mädchenfußball
Seit vielen Jahren engagiert sich Landers dafür, Fußball niedrigschwellig in Länder zu bringen, in denen er nicht selbstverständlich ist für Mädchen. Mit ihrem Verein „Faces of Football“ arbeitet sie intensiv in Ghana, wo sie sehr viel Zeit verbringt. Ihr Traum ist es, eine Hälfte des Jahres hier und die andere dort zu leben. Wenn dafür die Rente reiche, lacht die ehemalige Nationalspielerin. Denn Geld war zu ihrer Zeit mit Fußball nicht zu verdienen.